𝓣𝓮𝓲𝓵 𝟓

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"Dauert wohl noch was", versuchte ich das Thema zu wechseln. Währenddessen war sie ebenfalls aufgestanden und stellte sich neben mich. Ein Geruch, der mich an Kakao und Pergament erinnerte, ging von ihr aus. Kurz hatte ich das Verlangen mich einfach zu ihr umzudrehen und in meine Arme zu ziehen, um meine Nase in ihren Haaren vergraben zu können. Stattdessen atmete ich etwas tiefer als nötig ein.

"Und was ist mit Ihnen?", fragte ich, meine Vorstellung von gerade beiseite schiebend.

"Was?", fragte sie etwas abwesend zurück.

"Wer sind Sie privat? Sie wissen ja jetzt, wer ich bin, also was ist mit Ihnen?", fragte ich ein zweites Mal, ohne darüber nachzudenken. Jetzt, keine Sekunde nachdem ich meinen Mund wieder geschlossen hatte, hätte ich am liebsten die Zeit zurück gedreht und mich selbst daran gehindert, das zu fragen. Es ging mich nichts an. Sie war meine Schülerin, eine der besseren - und damit basta.

"Sie meinen, niemand denkt, dass das, was im Tagesprophet steht, stimmt?"

"Denken können sie viel, wissen ist was anderes. Sie sind die einzige, die es weiß." Kurz sah sie mich nur kommentarlos an, dann wurde sie erneut rot.

"Ich... bin recht vorlaut, faul, irgendwie eigenartig und etwas verrückt. Ich hasse Muggelkunde, Wahrsagen und alte Runen, dafür liebe ich Zaubertränke und Verteidigung gegen die dunklen Künste", antwortete sie dann zögerlich. "Na ja, das war jetzt nichts wirklich privates. Ich, äh, hab eine Zeit lang ebenfalls für den dunklen Lord gedient und, nun ja, war letztes Schuljahr für ein paar Monate mit Sirius zusammen. Noch vor seinem Tod haben wir das beendet." Erzählte sie weiter.

"Sirius?" Ich musst lachen, versuchte mich aber auf ein belustigtes Schnauben zu beschränken.

"Ja..." Es schien ihr peinlich. Sie sah weg und wurde noch roter.

"So, so."

"Eine bessere Reaktion fällt Ihnen da nicht ein?", fragte sie dann ebenfalls belustigt.

"Nicht wirklich", gab ich zu. "Aber warum ausgerechnet dieser Hund?", fragte ich dann schon fast ernst nach. Irgendwie war es doch schon sehr komisch.

"Schlecht sieht er nicht aus", gab sie leise zu. Merlin, sofort sah ich Sirius wie er sie nahm. Ich schüttelte mich heftig.

"So schlimm kann es doch gar nicht sein", beschwerte sie sich mit dem Anflug eines Lachens.

"Na ja, irgendwie schon." Gleichzeitig sah ich, wie sie nach mehr flehte und ihn leidenschaftlich küsste. "'tschuldigung", murmelte ich und verzog gleichzeitig das Gesicht.

"Stolz bin ich da auch nicht drauf." Langsam fing ich mich wieder, sodass ich mich auch wieder zu etwas mehr Ernsthaftigkeit zwingen konnte.

"Wie waren Sie in der Schule?", riss sie mich endgültig von ihr und Tatze weg.

"Annehmbar. Hätte es dunkle Künste gegeben deutlich besser. So verschwendete ich meine Zeit mit Tränken und nebligen Kugeln." Ich musste Grinsen, sie auch. "Zaubertränke schien mir immerhin noch sinnvoll."

"Wahrsagen also so gar nicht?", hackte sie nach.

"Wie sollte es auch? Ich meine, was bringt es mir zu wissen, was in der Zukunft passiert, wenn der Mond, der Mars, die Sonne und die Erde genau so zueinander stehen." Ich machte etwas wirre Handbewegungen. Miss Adams lachte.

"Sorry, aber Sie sind sonst immer so ernst und jetzt", sie lachte erneut. Es hörte sich nicht nach Spott an oder so als würde sie mich auslachen. Es schien ernst gemeint. Ich zuckte nur mit den Schultern.

"Haben Sie echt geglaubt, ich würde immer nur auf Schülern rumhacken, den ganzen Tag?" Sarkasmus. Ohne ihn wäre ich verloren.

"Sie geben es also zu? Sie hacken auf Ihren Schülern rum, manchmal sogar fast grundlos." Auch ihre Stimme schien vor Sarkasmus nur so zu Tropfen.

"Das habe ich nicht gesagt, aber es macht trotzdem Spaß."

"Gut dass das hier niemand sonst erfährt. Ich glaube, sonst hätten ganz schnell um einiges weniger noch Respekt vor Ihnen." Ich winkte ab.

"Sie zweifeln doch auch schon an mir."

"Na ja, ich hätte wenigstens erwartet, dass sie versuchen würden, sich herauszureden!" Ihre Augen blitzen freudig strahlend auf. Wie konnte sie nur so gut gelaunt sein? So gut war ich schon seit Monaten nicht mehr drauf gewesen.

"Wofür denn?"

"Vielleicht um Ihren Ruf zu bewahren."

"Ach, egal", brummte ich.

"Okay." Kurz schwieg sie, dann setzte sie erneut an: "Sie sind generell nicht gerne unter vielen Menschen, oder?"

"Und da bin ich halt eben unhöflich. Dadurch traut sich niemand dir zu widersetzen."

"Und was, wenn ich mich Ihnen widersetze?", fragte sie vorwitzig.

"Das wagen Sie nicht."

"Ach nein?" Sie machte fast zufällig einen weiteren Schritt auf mich zu, sodass sie unmittelbar vor mir stand. Gefangen von ihrem Duft sah ich ihr in die Augen.

"Nein", krächzte ich mehr als dass ich es sagte, schon nicht mehr so ganz von meinen eigenen Worten überzeugt.

"Doch, Sir... hier und jetzt..." Ihr Blick lag ruhig auf meinem und wanderte langsam tiefer, bis er auf meinen Lippen inne hielt. Unkontrolliert atmete ich aus. Sie schien es nicht bemerkt zu haben.

"Darf ich, Professor?", fragte sie leise und so nah bei mir, wie ich noch nie jemanden an mich ran gelassen hatte. Ihr heißer Atem streifte über meine Haut und verursachte eine Gänsehaut. Das Meer in ihren Augen schien an Lebendigkeit zu gewinnen, die Wellen brachen langsam und weiße Gischt spritzte in ihren funkelnden Augen auf. Unmerklich spürte ich den kalten Stoff ihres Umhangs an meiner Hand. Ihre Augen leuchteten so hell und lebendig, wie ich es noch nie zuvor bei jemandem gesehen hatte. Zu überrascht, um zu antworten, sah ich sie einfach nur an und ertrank in dem Meer in ihren Augen. Als ich wieder auftauchte, stand sie immer noch unverändert da. Mit einem entschiedenen Schritt trat ich unmittelbar vor sie.

Der etwas andere 𝓛𝓲𝓮𝓫𝓮𝓼𝓽𝓻𝓪𝓷𝓴Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt