Kapitel 22

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Am nächsten Morgen wachte ich früh auf und konnte so beobachten wie die Sonne langsam am Himmel stieg. Es war kurz nach 6 Uhr morgens und Sylvain schlief noch tief und fest, eingebettet in die blütenweißen Laken. Seine Brust hob und senkte sich kaum sichtbar und sein Gesicht war so friedlich.

So gefiel er mir am besten mit seinen verstrubbelten Haaren und dem unangespannten Gesichtsausdruck, denn so sah er interessant aus und nicht perfekt.

Mein Handy vibrierte kurz auf dem Nachttisch und ich nahm es in meine Hand, um die Nachricht, die soeben angekommen war, zu lesen. Sie kam von Timothée und lautete :"Je suis désolé de ne pas avoir été plus en contact (Tut mir leid, dass ich mich nicht mehr gemeldet habe)." War das sein Ernst? Genau jetzt als ich angefangen hatte mich auf Sylvain zu fokussieren schrieb er mir?

Ich legte mein Handy zur Seite ohne zu antworten und machte es mir wieder neben Sylvain bequem. Timothée und ich könnten niemals mehr als Freunde sein und das mussten wir akzeptieren. Im Grunde genommen war es mir noch nicht einmal erlaubt mich mit ihm zu treffen, denn wenn meine Eltern davon wüssten dürfte ich vermutlicherweise gar nicht mehr vor die Tür.

Nach einigen Minuten in denen ich nachdachte entschied ich mich dazu noch einmal zu versuchen einzuschlafen. So platzierte ich meinen Kopf auf Sylvains Brust und lauschte seinem gleichmäßigen, ruhigen Herzschlag der mich wieder zurück in den Schlaf transportierte.

Ich träumte einen Alptraum, der drohte niemals zu enden und mich in seine schwarzen Arme zu ziehen und nie wieder loszulassen :

Ich lag im weichen Sand eines Strandes und spürte einen heftigen Schmerz, der sich durch meinen gesamten Körper zog und mich zucken ließ. Der Schmerz stach in meine Lungen und ich musste heftig husten. Blut quoll aus meinen Mundwinkeln und tropfte auf den hellen Sand. Langsam wurde der Fleck immer größer und wuchs mit jedem Tropfen, der aus meinem Mund Tropfte, bis ich in einer Pfütze aus Blut saß. Ich sah mich vorsichtig um und Blickte in Richtung Meer, doch da war kein Meer aus Wasser, da war ein Meer aus Blut das Wellen schlug und immer näher kam. Ich konnte meine Beine nicht bewegen und ich bekam Panik, als das Blut immer näher kam und immer schneller anstieg, bis meine Füße und der Saum meines weißen Kleides überschwemmt waren. Mühsam schaffte ich es mich einige Zentimeter nach hinten zu robben und somit der Flut für kurze Zeit zu entkommen. Erst als ich erneut auf das Meer sah konnte ich erkennen, dass mehrere Dinge an der Wasseroberfläche trieben, die ich versuchte zu identifizieren. Ich kniff meine Augen zusammen und da konnte ich es sehen : Leichen trieben über das Meer aus Blut und kamen schnell näher. So konnte ich schon bald sehen wer da trieb und mir blieb der Atem weg : Timothée, Sylvain und meine Eltern trieben auf mich zu und alle blickten mich mit ihren toten Augen an, die mich schienen zu durchbohren. Mein Inneres wurde kalt, eiskalt, und nun war mein gesamter Körper gelähmt. Die Flut verdoppelte ihre Geschwindigkeit und nach nur wenigen Sekunden war ich komplett unter Wasser. Egal wie sehr ich versuchte mich an die Oberfläche zu kämpfen, ich schaffte es einfach nicht. Über mir trieben immer noch die Leichen meiner Eltern und von Sylvain und Timothée. Ich versuchte zu schreien, um endlich aus dieser schrecklichen Starre zu entfliehen, doch ich brachte keinen Ton hervor. Tränen begannen meine Wangen herunter zu laufen und sie vermischten sich mit dem endlosen Rot das mich umgab. Danach war nur noch Schwärze um mich herum und die schreckliche Welt in der ich soeben noch gewesen war ließ mich endlich los...

C'est la vie : Personne n'a dit que c'était facileWo Geschichten leben. Entdecke jetzt