Sie lief enttäuscht durch die Straßen der Stadt. Am liebsten würde sie nun endlich die Tränen loslassen. Aber das konnte sie nicht. Nicht hier vor allen anderen Leuten. Das konnte sie erst, wenn sie alleine war. Ohne irgendjemand, der sie fragen würde, was ihr fehlte. Wieso sie weinte.
Dabei wusste sie doch selbst nicht wieso sie das getan hatte. Sie war verliebt gewesen. Und jetzt hatte sie ihn einfach abgewiesen. Hatte gesagt, dass sie Freunde bleiben sollten. Wieso?
Hätte sie doch nur die Wahrheit gesagt. Hätte sie doch nur gesagt, dass sie in ihn verliebt ist. Aber nein. Sie hatte einfach nur gesagt, dass sie nicht genug für ihn fühlt. Dass es nicht ausreichen würde. Dass ihre Gefühle nicht ausreichen würden für eine Beziehung.
Und innerlich machte sie diese Aussage kaputt. Innerlich machte sie die Trennung kaputt. Sie wollte das doch schon viel länger sagen. Aber sie hatte nie darüber nachgedacht, wie es ihr danach ginge. Jetzt wusste sie es. Sie fühlte sich als wäre sie paralysiert. In Trance. Ihre Brust fühlte sich an, als wäre in ihr ein Eisklotz. Nur Kälte erfüllte sie. Und sie fühlte sich, als würde sie nur Dunkelheit umgeben.
Vielleicht wäre es besser, wenn sie jetzt zurückgehen würde. Zurück zu ihm. Und, dass sie ihm sagen würde, dass alles, was sie gesagt hätte nur Unsinn gewesen wäre. So war es ja auch. Sie hatte nur Unsinn gemacht. Und so lief es schon immer. Sobald es daran ging über ihre Gefühle zu reden, versteckte sie ihre wahren Gefühle und sagte, dass sie keine Gefühle hätte. Und nie hatte sie den Mut zurückzugehen und die Wahrheit zu sagen. Obwohl sie es sich jedes Mal aufs Neue überlegte.
Doch diesmal fasste sie allen Mut zusammen. Diesmal wollte sie nicht in einem schwarzen Loch versinken und Ewigkeiten über ihre Gefühle nachgrübeln. Diesmal kehrte sie um. Auch wenn es ihr schwer fiel.
Und dann war sie wieder angekommen. Angekommen bei ihm. Sie zögerte noch kurz und klopfte dann an die Tür. Er war überrascht sie zu sehen. Immerhin war sie gegangen. Und hatte gesagt, dass sie keine Gefühle für ihn hätte. Und sie Freunde bleiben sollten. Dabei hatte er so sehr gehofft, dass sie ihn lieben könnte. Immerhin hatte er selbst Gefühle für sie.
Sie sah kurz zu Boden und betrat dann die Wohnung. Sie zitterte leicht. Sie musste jetzt ihren ganzen Mut zusammennehmen. Und ihm die Wahrheit sagen. Er fragte sie, weswegen sie wiedergekommen war. Und schenkte ihr in ein Glas roten Wein ein.
Sie zögerte noch immer. Sie wusste nicht wie sie anfangen sollte. Doch dann begann sie leise zu sprechen. Sie erzählte ihm alles. Dass sie ihn eigentlich liebte und, dass sie es noch nie geschafft hatte die Wahrheit zu ihren Gefühlen zu sagen.
Er hörte ihr aufmerksam zu. Nahm jedes einzelne Wort auf und nickte dazwischen kurz. Damit hätte er nicht gerechnet. Dass sie ihn auch liebte. Das hätte er nie gedacht. Wo sie ihm doch davor genau das Gegenteil erzählt hatte.
Als sie aufhörte zu erzählen sah sie kurz zu Boden. Aus ihren Augen liefen einige Tränen. Sie war so glücklich darüber, dass sie endlich alles ausgesprochen hatte. Sodass ihr einfach die Tränen hinunterliefen.
Er überlegte nur kurz und ging dann auf sie zu. Er legte seine Arme um sie und umarmte sie. Er strich ihr kurz über den Rücken. Und dann erzählte auch er ihr alles. Dass er sie liebte. Und, dass er unglaublich enttäuscht war, als sie gesagt hatte, dass sie Freunde bleiben sollten. Er hatte so sehr gehofft, dass sie ihn liebte. Und nun war genau das passiert. Sie hatte ihm gesagt, dass sie ihn liebte. Und sein größter Traum war dadurch zur Wirklichkeit geworden.
Sie sah kurz zu ihm hoch. Sie hatte nicht gedacht, dass er ihre Gefühle erwiderte. Sie hatte immer gedacht, dass nur sie ihn liebte. Und er sie nicht. Doch nun kannte sie die Wahrheit. Auch er liebte sie.
Als sie zu ihm hochsah lächelte er kurz. Dann beugte er sich zu ihr hinunter und küsste sie. Und sie erwiderte seinen Kuss.
Endlich hatte sie den Mut aufgebracht zu ihren Gefühlen zu stehen. Und sie war dafür belohnt worden. Sie hatte erfahren, dass er sie liebte. Und das erste Mal seit Jahren eine Beziehung.
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Dreams and Nightmares
Short StoryKleine Sammlung an Texten, die ich vor einigen Jahren geschrieben habe und die Non-Fiction sind. Einige sind von Songs inspiriert (die tragen dann auch den Songtitel als Titel) andere sind einfach so entstanden. Vielleicht kommen im Laufe der Zeit j...