Sie stand vor ihrem Spiegel. Sah ihr normales Gesicht an. Das Gesicht, das nur sie kannte. Niemand außer ihr wusste wie dieses normale Gesicht aussah. Nur sie. Und das sollte auch so bleiben. Nie sollte jemand erfahren, wie ihr wahres Gesicht aussah. Das konnte sie nicht zu lassen.
Sie nahm sich die Schminke von dem Tisch neben ihr und schminkte sich ihre Maske. Eyeliner, Wimperntusche, Puder, Foundation, Lippenstift. Niemand würde erkenne, dass darunter ein anderes Gesicht lag.
Doch auch innerlich setzte sie ihre Maske auf. Wie jeden Morgen. Die Maske, durch die niemand sehen würde, wie es ihr wirklich ging. Wenn sie jemand fragen würde, wie es ihr ginge. Dann würde sie antworten „gut". Und vielleicht würde sie dann auch kurz lächeln. Niemand würde merken, dass das „gut" gelogen war. Dass es ihr alles andere als gut ging. Und auch niemand würde merken, welches falsche Lachen sie aufsetzte. Welches falsche Lächeln sie jeden Tag aufsetzte. Interessierte sich ja auch niemand dafür.
Erst wenn sie abends in ihrem Bett war. Ganz alleine. Dann setzte sie die Maske ab. Legte sie zur Seite. Und zeigte wieder ihr wahres Gesicht. Dann lag sie oft weinend in ihrem Bett. Alleine. Dann ließ sie ihren Gefühlen freien Lauf. Und niemand wusste davon. Ihre Maske verbarg dies.
Doch wünschte sie sich heimlich manchmal jemand würde etwas merken. Und sie darauf ansprechen. Würde ihr anbieten mit ihm zu reden. Und alle Problem, die sie hat verstehen. Doch das passierte nie. Ihre Maske war zu gut. Durch diese Maske konnte gar niemand hindurchsehen.
Irgendwie fand sie es auch paradox. Jeder der Menschen in ihrer Umgebung zog eine Maske auf. Doch niemand merkte, dass es jemand anderem unter seiner Maske schlecht ging. Dabei zogen doch auch sie ihre Masken jeden Morgen aus demselben Grund auf. Damit niemand merkte wie es ihnen ginge. Und auch sie wünschten sich immer wieder, jemand würde durch ihre Maske hindurchsehen.
Doch niemand sah durch die Masken. Und sah dann doch jemand durch, dann hatte er nicht den Mut die Person anzusprechen oder interessierte sich nicht dafür. Sie setzten nur selber ihre Maske auf. Nur auf sich selbst bedacht. Um ja nicht auf die Masken der anderen zu achten. Um ja nicht mitzubekommen, wie es den anderen unter ihren Masken ging.
Sie ging auf die Straße. Unter all die Menschen, die starr geradeaus blickten und eine gefühlslose Mine abgaben. Als würde nichts sie berühren. Als würden sie sich über nichts Sorgen machen. Als hätten sie keine Probleme. Ihre Masken halfen ihnen dabei. Die Masken meißelten eine starre Mimik in ihr Gesicht. Eine Mimik, die sie nicht verändern konnten. Auch wenn sie es wollten. Die Masken ließen sich nicht verändern. Zumindest nur schwer.
Die Leute interessierten sich auch nur für sich. Sie kümmerten sich nur darum, dass ihre Masken nicht verrutschten und nicht fielen. Sie interessierten sich nicht dafür, was um sie herum passierte. Sie interessierten sich nicht dafür, dass Menschen starben oder Tiere ihren Lebensraum verloren. Klar. Sie gaben sich immer, als würde sie das interessieren. Sie posteten auf ihren Startseiten vermeintlich mitfühlende Bilder. Wollten zeigen, dass sie sich doch dafür interessierten. Aber es interessierte sie keinesfalls. Sobald sie auch nur irgendwas ändern sollten, taten sie nichts mehr. Dann gaben sie sich beschäftigt. Sie waren ja auch beschäftigt. Beschäftigt damit ihre Masken aufrecht zu erhalten. Und sie nicht zu verlieren.
Warum achteten sie denn nie auf ihre Umwelt?
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Dreams and Nightmares
Short StoryKleine Sammlung an Texten, die ich vor einigen Jahren geschrieben habe und die Non-Fiction sind. Einige sind von Songs inspiriert (die tragen dann auch den Songtitel als Titel) andere sind einfach so entstanden. Vielleicht kommen im Laufe der Zeit j...