Sasha
Ich drehe mich und suche nach meinem Kuscheltier, aber das Bett ist leer und kühl. Verwirrt öffne ich ein Auge und mustere die leere Stelle auf der Matraze, bevor ich auch das zweite öffne und mich aufsetze. Ich sehe mich im Zimmer um, aber von Myles ist weit und breit nichts zu sehen.
Perplex sehe ich hinaus aus dem Fenster, doch dort herrscht noch eiserne Dunkelheit. Nicht einmal ein Auto fährt auf der Straße oder ein Mensch spaziert mit seinem Hund im Park.
Ich schiebe meine Beine über den Bettrand und tapse mit nackten Füßen über den kalten Holzboden. Als ich am Badezimmer vorbeikomme, ist es hinter der Tür ruhig und auch kein Licht brennt. Ich schreite weiter voran in die Küche. Als ich das Licht einschalte, finde ich Myles auch hier nicht. Einzig und alleine seine Decke ist auf der Couch liegen geblieben.
»Hat er dort geschlafen?«, frage ich mich verwirrt und frage mich im gleichen Satz, ob das vielleicht meine Schuld ist, weil ich gestern irgendwas falsch gemacht oder gesagt habe.
Diese Vermutung liegt nicht ganz weit weg von der Wahrheit. Ich tue so gut wie nie etwas richtig, wenn ich in seiner Nähe bin. Es ist, als könnte ich es nicht. Ich werde zu schnell nervös und rede um den heißen Brei, bis ich nur noch Müll labbere.
Enttäuscht lasse ich mich auf die Couch fallen, doch auch diese ist bereits kalt, als wäre er schon seit einer ganzen Weile fort. Ich nehme mein Handy vom Kaffeetisch und mustere die Ziffern darauf. 5:47.
Wer um alles in der Welt, steht so früh auf und verlässt das Haus? Ich habe ihn gestern eindeutig verletzt. Sollte ich ihn anrufen und mich für dafür entschuldigen? Aber ich weiß nicht einmal genau was ich getan habe. Zählt die Entschuldigung dann überhaupt etwas? Sollte so etwas nicht aus dem tiefsten Herzen kommen?
Aber sie kann doch aus dem tiefsten Herzen kommen und gemeint sein, wenn ich weiß, dass ich etwas falsches gesagt habe. Dazu muss ich nicht wissen, was es war. Ich weiß nur, dass ich meine Worte reflektieren und in Zukunft die falschen meiden muss.
Ich kämpfe gegen mich selbst, gebe mich dann aber nach schon ein paar Minuten geschlagen und rufe ihn an. Als er nicht abhebt, versuche ich es ein weiteres Mal und weil ich nichts zu tun habe, tue ich es gleich vier weitere Male. Beim siebten Versuch hebt er tatsächlich dann endlich ab.
»Morgen, Myles«, trällere ich und lege mich zurück auf den Polster. Er ist genauso hart und kratzig, wie ich ihn in Erinnerung habe.
»Morgen«, murmelt er verwirrt und klingt dabei ganz verschlafen. Ob er diese Nacht überhaupt ein Auge zugemacht hat? »Was gibt's?«
Jetzt ist es so weit! Entschuldige dich, Sasha!
»I-ich-« Es kommt nichts heraus. Meine Entschuldigung steckt mir im Halse fest wie ein zu großer Haribofrosch. Langsam kriecht sie mir die Kehle hoch, doch ich bekomme sie nicht von der Zunge. Sie hat keine Chance über meine Lippen zu kommen, als ich diese bewege.
Ich schlucke schwer, aber auch danach ändert sich nichts an meiner Situation. Ich kann das nicht. Ich kann das nicht. Warum verdammt nochmal kann ich das nicht? Jedes Kleinkind kann das, aber ein erwachsener Mann, der sogar BWL studiert hat, bekommt nicht einmal ein richtiges Sorry über die Lippen, wenn es nicht mit einem scherzhaften Ton unterlegen ist.
Myles stöhnt genervt und faucht wie eine trächtige Katze, »Wenn du mir jetzt sagst, dass du meine Wohnung schon so früh am Morgen auf den Kopf gestellt hast, dann kannst du dir sicher sein, dass ich mir eine neue Wohnung suche und mich nie wieder bei dir melden werde.«

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Bully
Fiksi Umum'Alles ist nun Geschichte. Doch die Dämonen sind es nicht. Genauso wenig wie Sasha selbst. Um ihn dreht sich immer noch die Welt. Er ist die Sonne und ich bin nur ein Zwergplanet.' Würden seine früheren Mobber Myles heute sehen, würden sie wohl gena...