Mein erster Gedanke ist, dass ich gerade im Büro eines alternden Hippie-Professors mit Zimmerpflanzen-Obsession gelandet bin. Ja, wirklich, der Stilmix ist so crazy: grüne Ohrensessel neben geflochtenen Korbstühlen. Vintage-Naturkundeplakate von Schmetterlingen und eine Sammlung englischer Cottage-Teekannen mit Blümchen oder Fliegenpilzen.
Und dann die Pflanzen. Kein Quadratmeter, der nicht begrünt ist. Dieses Zimmer hat alles: Tropische Kletterrosen, Kakteen, sogar ein kleiner Bonsai. Sie wuchern scheinbar unkontrolliert durch den Raum. In Töpfen und Untersetzern, auf Tischen, als Ranken von Bücherregalen oder Fensterbrettern.
Inmitten des grünen Chaos thront Demetra.
Sie sitzt an ihrem Schreibtisch, umgeben von hohen Bücherregalen, eine Sprühflasche in der Hand, mit der sie sich gerade über einen Farn beugt. Ihr Gesicht wird von einer altmodischen Schreibtischlampe aus grünem Glas beleuchtet, wie man sie nur noch in alten Bibliotheken findet. Dieses Büro ist einer der verrücktesten Räume, die ich je gesehen habe. Es wirkt, als wäre es von der Hardware auf Studierzimmer eines reichen Gelehrten hin gebaut und erst von Demetra bei der Übernahme mit der Software Öko-Pflanzenliebhaber überspielt worden.
„Lina!" Als sie mich sieht, strahlt sie. Sie hat wirklich ein schönes Lächeln, es bringt ihr ganzes Gesicht zum Leuchten. Manche Menschen sehen grundsätzlich ernst oder schlecht gelaunt aus. Die können meistens gar nichts dafür, das ist einfach ihr Gesicht. Bei Demetra ist es genau umgekehrt. Sie sieht immer aus, als habe ihr gerade jemand ein Geburtstagsgeschenk überreicht.
Während ich noch denke, ist sie schon um den Schreibtisch herumgekommen und hat sich auf den grünen Sessel vor dem Kamin gesetzt. „Bitte, nimm Platz." Vorsichtig lasse ich mich in den hängenden Korbstuhl gegenüber sinken. Sein Polster ist so weich, dass ich mehrere Zentimeter einsinke und meine Füße berühren den Boden kaum. Die Spitzen meiner Sneakers schleifen über den Dielenboden, während ich langsam hin und her schaukele. Ich komme mir fast ein bisschen dumm dabei vor. Schließlich sitze ich nicht gemütlich am Strand, sondern im Studierzimmer einer Hexe, die mich jetzt erwartungsvoll ansieht. „Ich hoffe, du bist gut zuhause angekommen?"
Mehr als ein Nicken bringe ich nicht zustande.
„Und Mortimer? Hat er sich benommen?"
Bei der Wortwahl muss ich gegen meinen Willen schmunzeln. „Er hat sich bemüht, denke ich."
„Freut mich, zu hören. Er kann manchmal ein bisschen forsch sein, damit kommt nicht jeder klar." Sie seufzt. „Eleanors Erziehung."
Bei dem Namen huschen Erinnerungsfetzen durch meinen Kopf. Der Friedhof, die Katze, die Frau in Schwarz. „Eleanor ist Mos Mutter?"
Demetra lächelt unentwegt, aber da ist ein Schatten auf ihrem Gesicht, der vorher nicht da war. „Nein."
Mehr sagt sie nicht und ich bohre auch nicht weiter nach. Selbst wenn mich interessieren würde, was die beiden miteinander zu tun haben: es geht mich nichts an.
„Und? Hast du dich schon entschieden?", fragt Demetra in ihrer üblichen, höflichen Art.
„Ich..." Einen Moment lang suche ich nach den richtigen Worten. „Es tut mir Leid, aber..."
„Ja?"
„Ich kann mir einfach immer noch nicht vorstellen, dass ich irgendwelche magischen Kräfte haben soll. Dass es Magie gibt, ok. Das kann ich akzeptieren. Aber ich... Ich meine, schauen Sie mich doch an."
„Wir sind uns vollkommen sicher", sagte Demetra immer noch freundlich. „Die Fabelnacht täuscht sich nicht."
„Aber warum habe ich dann nie was davon gemerkt? Warum habe ich meine Deutschlehrerin nicht schon längst in eine Kröte verwandelt?"
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Fabelblut
FantasyEigentlich sollte es nur eine Klassenfahrt nach Schottland werden - aber als Lina auf einem Friedhof in Edinburgh plötzlich von einem Geschöpf wie aus einem Fantasybuch angegriffen wird, ändert sich ihr Leben über Nacht. Ehe sie sich versieht, finde...