Tiefere Magie(2)

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Mo ausfindig zu machen, ist schwieriger als gedacht. Ich frage mich durch das halbe Kolleg und als ich endlich eine vage Angabe bekomme, halte ich sie zunächst für einen schlechten. Scherz. Ich kann die spöttischen Gesichter schon vor mir sehen, als ich über die matschige Wiese hinab zur Bucht laufe.

Es ist kein Scherz. Tatsächlich sitzt Mo auf dem Felsen am Strand und starrt zum Meer hinaus, das heute große regengraue Wellen auftürmt. Manche davon schwappen bis vor seine Füße und bespritzen ihn mit schäumender Gischt, doch das scheint er gar nicht zu bemerken.

Eine Gänsehaut kriecht von der Wurzel meines Nackens den Rücken hinunter. Dieser Felsen wird auf ewig in meine Erinnerung gebrannt sein. Hier haben wir Reigen gefunden.

Ich warne Mo nicht vor, als ich mich neben ihn setze. Sein Kopf zuckt irritiert in meine Richtung, aber als er mich erkennt, wendet den Blick zurück aufs Wasser. Ich deute das mal als Zeichen der Erleichterung und nicht des Genervtseins. Der Wind, der vom Meer kommt, trägt den feinen Sprühnebel der Gischt zu uns und ich schmecke Salz auf den Lippen. Weiter weg steht eine Gruppe junger Männer in der Brandung. Das Kollegium des Wassers ist nicht weit von hier, sicher kommen sie von da und wollten sich nach dem Prozess weiter amüsieren. Zum Schwimmen ist es eigentlich viel zu kalt, aber trotzdem tauchen hin und wieder ein paar langhaarige Frauenköpfe aus den Wellen. Sirenen, vermutlich. Das würde das Imponiergehabe der Jungs erklären.

Ich war nie ein großer Fan von Urlaub am Meer, aber das Farben-und Formenspiel der Wellen hier fasziniert mich. Ich könnte gut eine Weile sitzen bleiben und wortlos auf die See schauen. Wenn Mo reden will, soll er es tun, in seinem Tempo, dann, wenn er bereit ist. Ich werde ihn nicht drängen. Nur vielleicht einen Impuls geben.

„Respekt für deinen Auftritt vorhin. Das vergessen die sicher nicht so schnell."

„Will ich hoffen." Mos Kiefer malmt hin und her. „Hab ich dem Kerl die Nase gebrochen?"

Ich zucke mit den Schultern. „Er hätt's verdient."

„Allerdings." Mos Blick ist nach wie vor in die Ferne gerichtet. „Ich hab mal in nem Krimi gehört, dass manche Mörder an den Tatort zurückkehren. Ist ein psychologischer Verarbeitungsmechanismus oder so. Klingt bescheuert, ist es wahrscheinlich auch, aber...Ich hab gehofft, er will nach Eleanors Prozess vielleicht hierher zurück."

„Reigens Mörder?"

Mo senkt den Blick und knetet unruhig auf seinen Daumen herum. „Ich komme einfach nicht drauf klar, dass da draußen ein Mörder frei rumrennt, während sie es Eleanor anhängen. Dass Eric nur auf eine Gelegenheit gewartet hat, sie loszuwerden, ist klar. Aber Demetra! Wieso glaubt sie ihm? Sie muss doch irgendwas tun! Warst du schon bei ihr?"

Ich denke an Demetra, kniend in den Scherben ihres Sorrow-Tees. „Ich glaube nicht, dass sie im Moment viel tun kann. Sie wirkte ziemlich überfordert mit der Situation."

„Natürlich!" Mo schnaubt. „Das hat Eleanor immer gesagt. Demetra ist eine hervorragende Diplomatin, die perfekte Priora in Friedenszeiten. Aber null Führungsstärke, wenn es schwierig wird. Wenn ein Streit sich nicht mit Worten schlichten lässt, wenn Biss und Härte gefragt sind, verzieht sie sich in ihr Schneckenhaus. Typisch, grünes Kollegium! Wie heißt es: Besser ein Krieger in einem Garten, als ein Gärtner im Krieg. Tja. Das haben wir jetzt davon. Sie kann nicht mal für Eleanor gegen das Kolleg Partei ergreifen. Stattdessen lässt sie sich von Eric manipulieren. Der Kerl führt sich auf, als sei er Prior und sie nur sein Sprachrohr. Ist doch offensichtlich, dass der sich das alles ausgedacht hat! Wahrscheinlich ist Eleanor nur mal kurz an die frische Luft gegangen. Wo sind denn diese Zeugen, die sie angeblich im Wald gesehen haben? Ich wette, die hat es nie gegeben!"

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