The Art Of Affection | 𝔸𝕃𝔹𝔼𝔻𝕆

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Bild: xfelix_callist (Instagram)
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Missmutig stapfe ich durch den Schnee.

Warum muss es immer Drachengrat sein?

Die Sonne scheint, aber sie wärmt nicht. Das Einzige, was annähernd in dieser Eiseskälte hilft, sind die Wärme spendenden Mechanismen, die ab und zu am Wegesrand stehen. Aber find mal so einen, während dir gerade alles wegfriert. Ganz zu schweigen davon, dass man sich ewig lange daran aufhalten muss. Ich hab hier Kram zu erledigen! Ich gehe doch nicht freiwillig nach Drachengrat, aus Spaß an der Freude, um das Winterwunderland zu genießen. Leute, die das tun, haben alle Zeit der Welt, um sich an diese kleinen Wärmestatuen zu stellen und die verschneite Landschaft zu bewundern.
Ich nicht.
Ich muss Aufträge ausführen. Und es hilft nicht, wenn man sich alle 300 Meter aufwärmen muss.

Zu dieser Kälte und meinen mittlerweile schon komplett durchnässten Stiefeln kommt noch eine nörgelnde, frierende Paimon dazu.
„Aether... Es ist so kaaaaalt", jammert sie wehleidig, „Paimons Hände erfrieren..."
„Ich hasse es hier auch", seufze ich, „Lass uns zusehen, dass wir Floras blöde Blumen finden und dann verschwinden können ."
Paimon nickt. „Gute Idee...", bibbert sie.
Weil sie so geknickt aussieht, erregt sie mein Mitleid. „Hey", sage ich versöhnlich.
Sie hätte mich ja nicht begleiten müssen. Sie hätte genauso gut in Mondstadt bleiben können und sich nicht der Kälte aussetzen müssen. Aber sie hat mich nicht allein gelassen, sie ist ohne zu zögern mit mir gekommen. Paimon ist die Beste.
„Weißt du was?", sage ich also, „Sobald wir zurück sind, spendiere ich uns eine große Portion heiße Gemüsegulaschsuppe. Was hältst du davon?"
Sofort sieht sich besser gelaunt aus. „Na dann, lass uns keine Zeit verlieren! Jaaaa, Paimon findet die Blümchen und dann heißt es: Gulasch, wir kommen...!"

Mit dieser neu gewonnenen Motivation kommen wir sehr viel besser voran. Nicht nur Paimon freut sich auf die warme Mahlzeit. Wenn ich ehrlich bin, kann ich es auch kaum erwarten.

Natürlich finden wir die dummen Blumen nicht. Irgendein Tier muss sie aus Versehen ausgebuddelt und dann verspeist haben.
Und natürlich wird ein Rudel Hilichurle auf uns aufmerksam und ruft aufgeregt ihren alles niedermähenden, drei Meter großen Bruder, mit dem wir uns jetzt auch noch auseinandersetzen dürfen.
Miestviecher. Ich bin doch einfach nur hier lang gegangen. Ich hab sie nicht einmal angeguckt, geschweige denn angegriffen. Warum um alles in der Welt suchen die immer und überall Stress?!

Komplett durchgefroren und erschöpft schleppe ich mich nach diesem Kampf durch die Schneeberge. Hinter jeder Ecke könnte eine neue Gefahr lauern und ich bin definitiv zu fertig dafür, das lässt mich wachsam werden. Ich möchte keinen weiteren Kampf provozieren.
Da ich deswegen nun aber alle Hilichurl-Lager weiträumig zu umgehen versuche, kommt mir der Weg jetzt doppelt so lange vor.

„Nie wieder Drachengrat...", murmle ich genervt.

„Oh?", höre ich da jedoch eine ruhige Stimme sagen, „Wie überaus schade."

Ich schaue mich um. Als mein Blick ein Paar unmenschlich schöne, türkise Augen trifft, stiehlt sich ein Lächeln auf mein Gesicht. Ich merke, wie allein seine Anwesenheit meine Laune hebt und sich sofort alles viel weniger nach einem riesigen Alptraum anfühlt.

„Albedo!", ruft Paimon freudestrahlend aus, „Dich schickt der Himmel!"

Der Chef-Alchemist des Ordo Favonius, etwas überrascht von Paimons Ausbruch, hebt eine Augenbraue, doch ich sehe ein belustigtes Lächeln um seine Lippen spielen. Lange kann er es nicht verbergen und schon schmunzelt er.
„Tatsächlich?"
Ich habe ihn noch nicht allzu oft lächeln sehen, aber sein Lächeln gefällt mir sehr. Es lässt mein Herz Purzelbäume schlagen.
Ich lächle zurück und seine Miene wird eine Spur weicher.
„Dann bin ich erfreut zu hören, dass es nicht nur für mich eine angenehme Überraschung ist, dass wir uns begegnen", sagt er, während sein Blick kurz zu meiner Reisebegleiterin huscht.
Er legt nachdenklich den Zeigefinger unter sein Kinn und betrachtet uns eine Sekunde lang stumm. „Sagt mir... was treibt der Ehrenritter von Mondstadt ausgerechnet in dieser Gegend? Normalerweise habe ich nicht mit allzu viel Gesellschaft zu rechnen, wenn ich herkomme."
Ich pruste leise. ‚Ehrenritter von Mondstadt' – mittlerweile dürften wir sehr weit darüber hinaus sein, dass er mich mit diesem Titel anspricht...
Ich bedenke ihn also nur mit einem amüsierten Blick, während ich sage: „Ein Auftrag."
„Was auch sonst?", murmelt Paimon leise, als würde sie nur die Aussicht auf eine Belohnung in diese Eishölle locken.
Albedo sieht ein wenig verlegen aus, als er meinen Blick bemerkt. Er versucht, geschickt von seinem Gemütszustand abzulenken. „Ein Auftrag?", fragt er ungezwungen, seine Haltung dabei fast lässig. Ich muss mir ein Grinsen verkneifen. „Kann ich euch irgendwie behilflich sein?"
Er sieht mich an mit einem Blick, der mir verrät, dass er uns noch nicht ziehen lassen möchte.
„Nein, ist tatsächlich alles schon erledigt", sage ich, „Wir sind bereits auf dem Rückweg nach Mondstadt."
Paimon jedoch scheint das genauso schade zu finden wie Albedo und schaltet sich sofort ein: „Ja, aaaaber wenn du uns auf eine heiße Tasse Irgendwas einladen möchtest, damit wir uns ein bisschen aufwärmen können, dann würde Paimon definitiv nicht nein sagen...!"
Albedo guckt erstaunt. „Eine... heiße Tasse Irgendwas?" Er braucht ein Weilchen, aber dann hellt sich sein Gesicht auf und er versteht den Wink mit dem Zaunpfahl. „Oh. Natürlich. Bitte, seid meine Gäste. Ich bringe euch zu meinem Lagerplatz, wo ihr euch ausruhen könnt - und natürlich besorge ich eine heiße Tasse Irgendwas."
Paimon grinst übers ganze Gesicht. „Was Paimon gesagt hat: Albedo schickt der Himmel!"
Ich verdrehe leicht die Augen. Schon unverschämt, wie Paimon uns quasi selbst eingeladen hat. Aber Albedo sieht nicht so aus, als würde ihn das stören - vielmehr scheint er es zu begrüßen. Also sage ich nichts dagegen, als sich unsere kleine Gruppe auf den Weg zu Albedos Lager macht.

𝔾𝕖𝕟𝕤𝕙𝕚𝕟 𝕀𝕞𝕡𝕒𝕔𝕥 𝕆𝕟𝕖𝕤𝕙𝕠𝕥𝕤Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt