Bild: yue_yue1102 (Twitter)
• • •Ganz zaghaft klopft es an meiner Tür. Zweimal.
Eine kurze Pause entsteht.
Dreimal.„Ja bitte?", sage ich laut und deutlich, damit die Person auf der anderen Seite der Tür es auch hört.
Ich bin neugierig, wer mich zu so später Stunde noch besuchen will. Es ist kurz vor Mitternacht, draußen ist alles stockdunkel und Teyvat schläft bereits - dachte ich zumindest. Aber die Klinke, die sich nun wie in Zeitlupe Zentimeter für Zentimeter nach unten schiebt, beweist mir das Gegenteil. Irgendjemand hat auch noch kein Auge zugetan - und gleich werde ich wissen, wer.Die Tür knarzt in ihren Angeln, als sie sich einen Spaltbreit öffnet.
Eine grüne Kappe schiebt sich in mein Sichtfeld, gefolgt von einem schwarzen Haarschopf.„Hey", wispert Venti, der Barde, der gleichzeitig das riesige Geheimnis bewahrt, dass er der Anemo Archon und somit göttlicher Schutzpatron der Stadt ist, „Hey, bist du noch wach??"
Ein Schmunzeln schleicht sich auf meine Lippen. Als hätte ich nicht vor zwei Sekunden auf sein Klopfen geantwortet.
„Ja", flüstere ich zurück, total ahnungslos warum wir überhaupt unsere Stimmen senken, da uns hier in meinem Teekessel eigentlich niemand hören dürfte, „ich bin noch wach."
„Okay", flüstert Venti schon fast aufgeregt, „Ich auch! Kann ich vielleicht reinkommen?"
„Natürlich", erwidere ich. Venti einen Wunsch abzuschlagen grenzt schließlich an Unmöglichkeit.Schnell schlüpft er ins Zimmer und schließt die Tür hinter sich, wobei er fast seinen grünen Umhang einklemmt.
„Puh", macht er, in normaler Lautstärke, als müsste er nicht mehr flüstern, jetzt wo die Tür zu ist.
„Von wem wirst du denn verfolgt?", frage ich belustigt, während er den Kopf sachte an die Tür lehnt und tief durchatmet.
Venti öffnet die Augen und grinst mich schief an.
„Von niemandem", zwinkert er, „Es ist nur so still da draußen... gruselig."Ich ziehe eine Augenbraue hoch. Seine Stimme klingt irgendwie, als wäre seine Zunge belegt. Er wird doch nicht etwa krank werden?
Venti hat sich inzwischen von der Tür losgeeist und tappt nun mit unsicheren, nicht mehr ganz linearen Schritten in Richtung meines Bettes, auf dem ich sitze.
Wenigstens habe ich nun die Gewissheit, dass er sich nicht erkältet hat. Denn die leichten Kurven, die er läuft, lassen auf einen kürzlichen Besuch von Dilucs Taverne schließen.„Ich komm gerade aus der ‚Engelsgabe'...", brabbelt Venti vor sich hin, während er vorsichtig einen Schritt nach dem anderen tut, „Kaeya hat mich zu einem Wett-Trinken herausgefordert... bis Meister Diluc uns rausgeschmissen hat, um Feierabend machen zu können..."
Er richtet seinen Blick stur auf den Boden, um auf den Holzlinien des Parketts entlang zu balancieren. Vergebens, denn seine Tapsen verfehlen diese um etwa zehn Zentimeter.
„Du hättest Kaeyas Gesicht sehen sollen, als ich unser Battle haushoch gewonnen habe... Ha! Darüber sollte ich ein Lied schreiben...", lacht er, „Ich nenne es: ‚Ruhmreicher Sieg des heldenhaften Barden'... Dass es nur bei einem Trink-Wettbewerb war muss ja niemand in erster Linie erfahren."Er ist also betrunken.
Ich seufze. Wenn jemand in Teyvat ein ernsthaftes Alkohol-Problem hat, dann ist es Venti. Nicht mal Kaeya ist so schlimm wie er; auch wenn er die meisten Saufgelage vorschlägt, so verträgt er doch eine ganze Menge. Was mehr ist als ich von Venti behaupten kann. Er übertreibt es gelegentlich mit dem Trinken und das, obwohl er es sich nicht leisen kann. Zum einen geldtechnisch, weil er so gut wie immer pleite ist und zum anderen, weil er als Lord Barbatos eigentlich als Vorbild agieren und nicht ständig Dilucs Weinbestand leer trinken sollte.„Hey!", reißt er mich aus meinen Gedanken. Er steht direkt vor mir, die Arme in die Seiten gestemmt und mit enttäuschtem Gesichtsausdruck.
„Ich- Ich bin sofort zu dir gekommen, um dir von diesem glorreichen Triumph zu berichten... aber du siehst nicht gerade begeistert aus. Bist du nicht stolz auf mich? Warum bist du nicht stolz auf mich?"
Seine vorgeschobene Unterlippe macht mich schwach.
„Du hast schon weitaus Bemerkenswerteres getan, Venti", sage ich ausweichend.
Venti schmunzelt.
„Das stimmt", meint er zufrieden und lässt die Arme sinken, „Ich hab schon viel tollere Sachen vollbracht... da ist der Sieg über den Rittmeister nur ein kleiner Triumph."
Er reibt sich die Augen, als wäre er schläfrig.
„Aber... um ehrlich zu sein bin ich nicht nur deswegen hier. Ich wollte mit dir reisen, Redende."
Er gähnt. Ich sehe ihn verblüfft an.
„Oh", sagt er belustigt, „Entschuldige... Ich- Ich meinte natürlich, ich will mit dir reden, Reisende... hicks."
Gefolgt auf den Hickser wird Venti von einem scheinbar unaufhaltsamen Lachen geschüttelt, bei dem ich nicht sagen kann, auf was es überhaupt bezogen ist.
„Hehe, entschuldige", wiederholt er immer noch kichernd und stützt sich an meinem Bettpfosten ab, „Mir geht's gut, mir geht's gut... Also... Hast du kurz Zeit? Es ist wirklich dringend."
Ich kann ihn zwar so nicht wirklich ernst nehmen, aber es scheint ihm wichtig zu sein, also rücke ich ein Stück zur Seite und klopfe mit der Handfläche neben mich auf die Matratze.
„Danke", murmelt er, als er sich setzt, „Das ist sehr freundlich... und sehr klug, denn ich weiß nicht so recht, ob ich dir das alles auch erzählen würde, wenn ich wieder nüchtern bin. Also spitz die Ohren und lausche dem Barden... er hat Großes zu verkündigen..."
Venti rutscht näher an mich heran und sein Kopf sinkt auf meine Schulter herab.
„Klingt ja nach einem Staatsgeheimnis", sage ich leise und streiche ihm behutsam seinen Pony aus der Stirn, der ihm über die Augen gefallen ist. Selbige hat er geschlossen und sieht aus, als würde er friedlich schlafen, mit den schönsten Träumen von gutem Wein...
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𝔾𝕖𝕟𝕤𝕙𝕚𝕟 𝕀𝕞𝕡𝕒𝕔𝕥 𝕆𝕟𝕖𝕤𝕙𝕠𝕥𝕤
FanficWeil ich, wie eigentlich gerade jeder, ziemlich obsessed mit den Charakteren vom Game Genshin Impact bin, tue ich das, was mir mein gesunder Menschenverstand (oder meine Obsession) sagt: Ich schreibe über sie. Alles, was mir in den Kopf kommt, Situ...