38. Wird sie ihm alles erzählen?

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Es blendet mich, die Erinnerungen, die verstaut waren, aber wieder aufkommen.
Meine Augen funkelten genau in dem Moment, zum Wasser, welches vor uns in einem hellblauen Ton ist. Ein Funkeln, welches ich für Jahre ungewollt abgestoßen habe und mit ihm wieder erwecke.
Jetzt, hier, in diesem Moment.
Ich weiß nicht, was es ist, aber er weckt alles in mir innerhalb Sekunden auf und es fühlt sich gut an.

Ich drückte vor lauter Glücksgefühle seine Hand und dieses mal war es mir egal, wie nah wir uns standen. Ich weiß nicht, ob er weiß, was er gerade in mir ausgelöst hat, aber ich werde ihm für immer dankbar hierfür sein.

„Und? Wie findest du es?", seine sanfte Stimme weckte meine Aufmerksamkeit, und meine Augen fielen direkt auf seine. In dem Moment merkte ich auch erst, wie sehr ich eigentlich seine Hand drückte, weshalb ich lächelnd los ließ. Ich trat stattdessen einige Schritte weiter vor, bis ich am Rand des Wassers stand.

Es zieht mich an, das kann ich definitiv nicht verleugnen, aber ist es so stark, dass ich sogar schon den Drang spüre da rein zu springen. Oder ist es die Sehsucht, die ich zum Wasser habe?

Ich fragte nicht weiter in meinem Kopf rum, sondern ging in die Hocke, wo ich mit meiner Hand im Wasser rum spielte. Ich merkte erst jetzt, wie schön es eigentlich war. Der Boden bestand aus Glas, wie auch das meiste der Terrasse hier oben. Man könnte also perfekt nach unten schauen. Trotzdem würde dich niemand von unten erkennen, weil man eben so weit oben ist.
Alles war zwar so modern, aber auch so schön und klar, was meine Seele brauchte.

Meine Konzentration war komplett zum Wasser gerichtet, aber als Kaydan sich dazu hockte und mich anschaute, konnte ich nicht anders, als ihn auch anzuschauen.
Ich lächelte und das so richtig.
Ich lächelte vom Herzen und verstecken kann man das definitiv nicht. Es macht mich glücklich hier zu sein, auch wenn mich da unten so viel erwartet. Trotzdem finde ich es schön, für einen Moment vergessen zu können, um den Augenblick mal so richtig zu genießen.

„Hab gehört, dass du einiges drauf hast."
Meine Augen weiteten sich direkt auf...Er wusste, dass ich schwimme, beziehungsweise geschwommen habe. Das ist aber so lange her, dass ich nicht mal dran gedacht habe, es jemals wieder zutun...

Die Unsicherheit und Stille prägt mich, weshalb ich wieder runter zum Wasser guckte. Ich wusste, dass er mich weiterhin anschaute, aber ich selbst konnte nicht. Seine Worte gingen mir durch den Kopf und irgendwas haben sie definitiv in mir ausgelöst, nur ich weiß nicht was...
Vielleicht ist es ein Fehler darüber nachzudenken? Nachdenken tue ich immer. Hier oben bin ich aber nicht im Immer, sondern im Jetzt.
Der Gedanke brachte mich in der Sekunden zum lächeln, weil ich nie so denken konnte, nicht da unten. Die Möglichkeiten habe ich nie und wenn ich sie mal habe, warum nutze ich sie nicht aus?

Ich schaute zu ihm und mir fiel automatisch ein Grinsen auf mein Gesicht. Er wusste, was ich konnte, aber nicht so genau, wie ich es von mir kenne.
Ich hatte meine Hand noch immer im Wasser und spritze ihn an, sodass er weg gucken sollte. Genau das nutzte ich aus, um mich von ihm zu entfernen. Ich ging einige Schritte nach hinten und lief um den Pool herum. Dabei zog ich meine Jacke aus und guckte noch immer das wunderschöne Wasser an, welches mich so sehr, wie noch nie anlächelte.

Meine Jacke warf ich auf den Boden und ob ich mit Klamotten schwimmen würde oder nicht, war für mich gar keine Frage.
Wenn ich all dem wieder eine Chance gebe, dann so, wie wir aufgehört haben und das ist ganz nah an mir. Nur so, kann ich meiner Leidenschaft die Chance geben, frei zu sein.

Ich hatte schnell meine Hände an meiner Jogginghose und lockerte die Schnüre, die ich zuvor fest gebunden hatte. Ich lockerte sie komplett auf und zog sie meiner Hüfte entlang runter. Genau jetzt spürte ich Kaydans Augen an mir und es war mir in dem Moment so egal. Er hat mich hierher gebracht und hat mich herausgefordert ins Wasser zu gehen. Ihm ist es zwar nicht bewusst, aber es ist gerade ein innerlicher Kampf für mich, mich auszuziehen und da rein zu springen.
Mir waren seine Blicke also egal. Auch wenn er direkt runter guckte, hörte ich nicht auf. Ich zog meine Jogginghose komplett aus und tat sie auf meine Jacke. Meine Hände wanderten an mein Top, welches ich dann auch auszog. Ich fühlte mich nicht nackt, sondern frei. Frei von all dem Verstecken, was ich in dem Wasser jetzt auch raus lassen könnte, wie damals auch.
Ich stand da und schaute noch ein letztes mal zu Kaydan, der immer noch nach unten und nicht zu mir schaute. Ich war ihm irgendwie dankbar, aber irgendwie war auch meine Angst so groß, dass ich einen letzten Blick darauf werfen musste. Es dauerte nicht lange, bis ich meine Arme hoch streckte und rein sprang. Erst mit dem Kopf, dann mit dem restlichen Körper.

-pretending to be-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt