Handy, Vibrator, Wecker - mir egal.

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Chris und ich waren im puren Stress, besser gesagt machte sich Chris einen riesigen Stress den ersten Geburtstag unserer Kinder perfekt zu gestalten. Mein Stress bestand darin, ihn etwas runterzuholen. Schließlich werden sie sich nicht großartig darin erinnern außer durch Bilder. Die beiden sind unterhalten, wenn man eine Serviette vor ihnen zerreist... Wir brauchen keinen Streichelzoo im Garten, keine hunderte Luftballons, keinen Clown und keinen überteuerten Kuchen, den sie nur zermatschen werden. Außerdem versuchen wir auch die ersten Worte aus ihnen rauszubekommen. Chris denkt ich möchte das erste Wort Mama haben, aber ich sage ganz oft Papa damit Chris glücklich ist. Er macht so viel und gibt so viel Liebe an die Kinder, wenn ich mal wieder meine Gefühle und Emotionen im Hinter garten begrabe. Er hat jeden Babykurs besucht, jede Möglichkeit mit den Kindern etwas zu unternehmen nimmt er wahr. Er ist wahnsinnig toll.

Während Chris immer wieder seine Liste durchging, vibrierte irgendwas im Hintergrund. Ich war so tief in meinen Gedanken wie ich ihn etwas bremsen kann, dass es mir herzlich egal war, was da gerade vibriert.

Handy, Vibrator, Wecker – mir egal. Wie sage ich meinem Partner, dass er nicht das Größte und Teuerste braucht für seine einjährige Kinder, die er über alles liebt? Ich liebe unsere Kinder auch, aber für mich ist es nicht selbstverständlich so viel auszugeben oder überhaupt die Möglichkeiten zu haben.

„A german number tried to call you three times, darling.", sagte Chris deutlich und gab mir mein Handy. Mir fror für einen Moment mein Blut ein.

Das ist die Nummer.

Das ist die Nummer auf die ich Jahre, Jahrzehnte wartete.

Das ist die Nummer, die mir verrät, wann ich meinen Vater wieder in meinen Armen halten kann.

„Fuck!", schrie ich halblaut und drückte sofort auf Rückruf. Chris war verwundert über meine Wortwahl da die Zwerge nur ein paar Meter neben uns auf der Decke am Boden spielten. Aber sie gaben uns keine Beachtung. Ich zuckte mit den Schultern, konzentrierte mich auf das Tuten und fing nervös an mit dem Bein zu zittern.

„Hallo Frau Karafoulidou, vielen Dank für den schnellen Rückruf. Es freut mich sehr das endgültige Datum der Freilassung ihnen mitzuteilen. Am 10.04. wird ihr Vater entlassen, alle Informationen werden ihnen nochmal per Mail mitgeteilt.", hörte ich die monotone Stimme des Justizbeamten.

Chris starrte mich an wie ein Reh in der Nacht, ich sah einfach nur zu wie sich mein Bildschirm wieder verdunkelte.

Es fühlt sich nicht real an.

Ich habe mein halbes Leben darauf gewartet.

Ich kann meinen Vater abholen, ihn wieder in meinem Leben haben!

„Babe, what happened? Are you okay?", fragte Chris schnell besorgt.
"My dad will be out on the tenth april.", sagte ich leise.
„Guess our kids will spend their first birthday in Germany then.", strahlte er sofort und legte seinen Arm um meine Schultern. Etwas verdutzt starrte ich ihn an.
„As if I could and would stop you seeing your dad. And getting away for some days sounds great actually."

Zwei Wochen später saßen wir mit den Kindern und Devin im Flugzeug nach Frankfurt. Die Kinder waren mal wieder Beispiellos und waren herrlich ruhig während des gesamten Flugs. Devin schrieb fleißig auf ihrem Notebook, Chris hielt beide Kinder glücklich und ich versuchte mich selbst zu spoilern und Devins getippte Worte zu lesen.

„Du kriegst so oder so die erste Fassung, Nike?", flüsterte sie lachend.
„Das dauernd aber noch so lange! Außerdem bin ich nervös und brauche etwas was mich ablenkt!", antworte ich ganz schnell. Vielleicht wäre der Kaffee nicht nötig gewesen...

The baby dealWo Geschichten leben. Entdecke jetzt