woher sollte ich wissen wie so ein scheiß Baum aussieht?

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Natürlich passe ich gerne auf deinen jüngstes Sohn auf, wenn du gerade mit dem älteren Sohn und der kleinen Tochter einen Arzttermin hast, kein Problem.Natürlich ist es auch kein Problem, dass ich erst seit einem Monat hier lebe, mich nicht auskenne, weil ich gerade ein Geschäft eröffne.Natürlich auch kein Problem in einem Land, in dem die Waffengesetze quasi nicht vorhanden sind.


Was soll schon passieren?Ich sag dir was passieren kann.Dein vierjähriger Sohn, der eigentlich ein kleiner Engel ist, mit seinen blonden Haaren, blauen Augen, dicken Backen und einem Lachen, das den Tag verschönert, hat zu viel Energie.Ich habe nur für ein paar Sekunden nicht meine Augen auf ihn gehabt, damit ich sein Eis bezahlen konnte und jetzt ist er weg!Warum sind Kinder so schnell darin zu verschwinden?Denkt der kleine Gabriel wir spielen verstecken? Natürlich fragte ich den Mann am Eisstand, ob er gesehen hat in welche Richtung er lief, aber das war leider nicht der Fall.Gabriel, wo auch immer du dich versteckst, ich werde dich finden. Und wenn es das letzte ist, was ich tue.


Ich schnappte mir meinen Rucksack, fragte panisch andere Menschen im Park, ob sie ihn gesehen haben, schaue hinter jedem Baum und Busch. Nirgends.Sogar unter jeder Bank und in jedem Mülleimer schaute ich, Kinder kommen doch immer auf die bescheuertsten Idee, aber auch kein Treffer. Ich rannte durch den halben Park, schrie so laut ich konnte seinen Namen und niemand reagierte. Wenn mir noch einmal jemand sagt, diese Anonymität in einer Großstadt ist toll, reiße ich ihm sämtliche Gliedmaßen ab.Bestimmt sehe ich aus wie eine Verrückte und den Blicken dieser Los Angeles Schnösel nach, dachten sie es sich auch. Abwertende Blicke ignoriere ich schon mein Leben lang, mir doch egal was andere Menschen denken, aber ich suche verdammt nochmal ein Kind! Als ich schon am Überlegen war, wie meine Beerdigung aussehen soll, da ich wegen Kindverlust umgebracht werde, sprach mich ein älterer Mann an. Er meinte, er hätte einen kleinen Jungen an der Brücke gesehen, unter einem blühenden Kirschbaum. Ich schrie ein schnelles Dankeschön und rannte los.


Blühender Kirschbaum...Die sind rosa, oder?Oder doch weiß?Auf jeden Fall nicht grün...Ich bin doch kein Gärtner oder Forstwirt, woher sollte ich wissen wie so ein scheiß Baum aussieht?



Angekommen an einem der Brücke mit nicht grünen Bäumen sah ich wirklich Gabriel. Breit grinsend, geschmolzenes Eis in der Hand mit einem bärtigen Mann, enges Shirt, Baseballcap rückwärts aufgesetzt und Sonnenbrille. Der Mann sieht aus, wie diese Fuckboys, die sich beim Sex nicht um die Bedürfnisse einer Frau interessieren...„Gabriel!", rufe ich erleichtert, aber auch wütend. Sofort schaut mich der Kleine an, umarmt meine nackte Beine mit seinen klebrigen Händen. Vielleicht hätte ich heute Morgen kein Kleid anziehen sollen... Streng sagte ich ihm, wie viel Sorgen ich mir machte und so etwas nicht noch einmal passieren darf. Der bärtige unbekannte Mann räusperte sich laut genug, damit ich ihn fragend anstarre.Innerlich höre ich meine beste Freundin Devin sagen, dass ich nicht immer so starren soll, es wäre angsteinflößend. Pf.


„You were looking for Gabriel?", fragt er unnötig in einem netten Ton. Ich wüsste nicht Gabriels Namen, wenn ich nicht diejenige wäre, die nach ihm gesucht hat. Offensichtlich habe ich nach ihm gesucht, Dummkopf, der anscheinend seine Kleidungsgröße nicht weiß, das Shirt platzte fast. „Obviously. Thanks for not kidnapping.", sage ich, ohne ihn anzuschauen.„Wir gehen jetzt in mein Geschäft, du musst dringend deine Hände waschen und ich brauche einen Ort, an dem du mir nicht abhauen kannst.", lächle ich Gabriel zu, werfe ihn über meine Schulter und laufe schnell aus dem Park. Gabriel schrie noch zu diesem bärtigen Mann „Tschüss Captain America.", kicherte den halben Weg zum Geschäft.

The baby dealWo Geschichten leben. Entdecke jetzt