"Na dann, Benny, lass uns diese Nervenzellen auf deine DNA anlernen", grinste Rey, während Ben stöhnend die Augen verdrehte. Er hasste diesen neuen Spitznamen.
"Okay, mein Blut steht dir zur Verfügung, du durstiger Vampir", entgegnete Ben lachend.
Sie saßen wieder im Keller, er im Rollstuhl festgeschnallt, sie auf einem bequemen Bürostuhl ihm gegenüber. Die Neonröhre über ihnen flackerte seit zwei Wochen, aber sie hatten noch keinen passenden Ersatz gefunden.
Rey stellte zur Sicherheit die Bremsen am Rollstuhl fest und rollte den linken Ärmel von Bens Pullover hoch. Sie begutachtete seine Venen in der Armbeuge und erachtete sie als ausreichend. Geübt legte Rey eine Unterlage unter Bens Arm und ließ ein wenig Blut in seinem Arm anstauen, dann packte sie die Nadel und das Röhrchen aus.
Bens Augenbrauen zuckten leicht zusammen. Fragend sah Rey ihn an.
"Ich mag es nicht, gestochen zu werden", murmelte er leise.
"Aber du merkst es doch nicht einmal", erwiderte Rey, verwundert über seine Aussage.
"Ja, schon. Aber früher habe ich es gemerkt und das hat wehgetan, weil meine Haut immer so dick war. Und dann wurde mir die Nadel immer ganz langsam mit viel Druck durch die Haut geschoben." Ben pausierte kurz. "Das tut schon durch die Erinnerung weh..."
"Ich verspreche, ich werde es schnell machen. Ich könnte dir niemals wehtun", meinte Rey einfühlsam. "Du kannst aber auch gerne wegschauen."
Als Rey die Nadel ansetzte, schloss Ben tatsächlich die Augen, da er sonst wahrscheinlich hyperventiliert hätte.
"So, alles erledigt und weil ich ein netter Vampir bin, lasse ich dir genug Blut zum Überleben."
Jetzt konnte sich keiner von Beiden mehr das Lachen verkneifen.Etwa zwei Tage später zeichnete sich ab, dass Reys Erfindung tatsächlich funktionierte. Die künstlich gezüchteten Nervenbahnen hatten sich mit Bens DNA vermehrt und waren bereit, zum Einsatz zu kommen.
"Glaubst du, dass wir das vor Weihnachten noch schaffen?" Ben sah seine Kollegin zweifelnd an.
"Natürlich schaffen wir das, wenn heute oder morgen das erste Teilstück deiner Wirbelsäule geliefert wird, dann kannst du schon nächste Woche operiert werden. Und wenn du dich dann gut erholst, feierst du Weihnachten hier und ohne diese Halskrause", stellte Rey klar.
Ihr Plan war auch nicht so weit hergeholt, denn das Teil für Bens Wirbelsäule hatten sie bereits kurz nach Bens Geburtstag in Auftrag gegeben. Jetzt war es Anfang Dezember und das Wetter wurde von Tag zu Tag kälter und grauer, was häufig dazu führte, dass sie mit Ben am frühen Morgen mit Motivationstraining beginnen musste. Manchmal hatten sie auch den ganzen Tag geschwiegen.Euphorisch packten die Beiden an diesem Nachmittag das Teilstück der Wirbelsäule aus. Es sah wirklich realistisch aus und hatte ein gutes Gewicht. Damit es bis zum Einbau steril blieb, mussten sie es eingeschweißt lassen. Doch Ben war hoffnungsvoller, als Rey ihn je erlebt hatte.
"Heute Abend feiern wir und morgen wird der Rest geplant", bestimmt Ben glücklich.
"Wie Ihr wünscht, Lord Solo", witzelte Rey.Letztendlich fanden sich die beiden jungen Erwachsenen im Wohnzimmer vor dem Fernseher wieder, jeder mit einer Tasse Glühwein und ein bisschen Schokolade. Die Wahl des Films war eine Herausforderung gewesen. Rey hatte einen Weihnachtsfilm sehen wollen. Bevorzugt den "Grinch", damit sie Ben indirekt einen Spiegel vorhalten konnte. Ben hingegen wünschte sich etwas mehr Action. Am liebsten hätte er "Top Gun" geschaut, was Rey aber überhaupt nicht passte.
Zum Glück konnten sie sich darauf einigen, gemeinsam die Serie "Game of Thrones" zu sehen. Sie ließen die ersten fünf Folgen am Stück laufen, was dazu führte, dass Leia Rey und Ben weckte, nachdem sie irgendwann eingeschlafen waren, den Fernseher ausschaltete und beide ins Bett schickte.Rey lag einkuschelt in der warmen Decke noch lange wach. Eigentlich war sie totmüde, doch ihre Gedanken kreisten stetig weiter. Rey versuchte, sich etwas schönes vorzustellen. Sie endete zu ihrem Entsetzen bei Ben.
Natürlich war es ihr nicht entgangen, dass sie Ben hübsch fand. Gut, korrigierte sie sich, hübsch war weit untertrieben. Sie fand ihn wirklich sehr attraktiv mit den langen schwarzen Haaren, von denen sie mittlerweile wusste, dass sie so weich waren, wie sie aussahen. Seine etwas zu große Nase, die Augen, deren Farbe zwischen hartem Obsidian und geschmolzenem Bernstein zu wechseln schien und seine Lippen, die etwas zu voll für einen Mann waren. Und seine Ohren waren aus irgendeinem Grund das Highlight für sie. Er sah ein kleines bisschen aus wie Dumbo, fand sie, aber auf gute Art und Weise.
Es war Rey noch immer ein Rätsel, warum sie ihn vor einigen Tagen auf die Wange geküsst hatte. Es war eine Entscheidung, die ihr Bauchgefühl getroffen hatte, nicht ihr Hirn. Aber sie bereute nicht, ganz im Gegenteil - sie würde es wieder tun.
Erst jetzt wurde ihr wirklich bewusst, wie sehr sie es liebte, ihn lachen zu hören. Allein schon sein schiefes Grinsen war einfach nur süß.
Und sein schräger Sinn für Humor musste ihr irgendwie den Rest gegeben haben. Eigentlich sollte sie keine persönliche Bindung zu ihm aufbauen, die über die Arbeit hinausging. Doch jetzt empfand sie mehr als das für ihn, sie begann romantische Gefühle für Ben zu entwickeln. Leia hatte gestern lachend behauptet, sie und Ben glichen einem alten Ehepaar. Wahrscheinlich war das gar nicht so weit hergeholt, denn sie zofften sich den ganzen Tag liebvoll. Rey wusste, dass Ben seinen neuen Spitznamen verabscheute, dafür ließ sie sich von ihm als Sadisten beschimpfen, als sie ihm erklärte, was genau bei den OP´s passieren wird.
Mit einem Mal wurde Rey eiskalt. Sie erinnerte sich an seine Worte während ihres ersten oder zweiten Gesprächs: "Wenn das nicht funktionieren sollte, dann lass mich sterben. Es ist mir egal, wie du es anstellst".
Sie wollte Ben nicht verlieren, doch die Tatsache, dass dieser Tag kommen könnte, machte ihr furchtbare Angst. Selbst wenn er sich für das Leben entschied, könnten trotzdem Komplikationen während oder nach den OP´s ihn ihr rauben.
Rey fasste einen Entschluss: sie würde alles geben, um Ben ein besseres Leben zu ermöglichen. Sie würde ihn nicht gehen lassen. Sie wird ihm zeigen, was das Leben - auch mit Behinderung - zu bieten hat.
Und wenn er sich zum Schluss für sie entscheidet, dann ist sie im Paradies angekommen!
Da war sich Rey sicher.~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Nach einer gefühlten Ewigkeit, habe ich es tatsächlich geschafft, ein weiteres Kapitel zu schreiben. Sorry, dass es so kurz ist.
Ich bedanke mich an dieser Stelle ironisch bei meiner Tastatur, die die letzten beiden Wochen keine Lust hatte, mir ihre Dienste zu leisten.
Und ich bedanke mich sehr ehrlich und von ganzem Herzen bei Sand_scorpio, die immer ein liebes Wort für mich hat, um mich zu motivieren.
Ansonsten würde ich mich sehr über eine Rückmeldung von euch freuen, wie euch das Kapitel gefallen hat. Ich hoffe wirklich, dass ich vom Inhalt und Schreibstil da anschließen konnte, wo ich aufgehört habe...Möge die Macht mit euch sein
Feuerherz05
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Nichts zu verlieren - und du bist der Preis
FanfictionNach einem tragischen Flugzeugabsturz vor acht Jahren ist Ben Solo ein Pflegefall. Vom Hals abwärts gelähmt ist er nicht in der Lage sein Leben selbst zu bestreiten. Obwohl seine Mutter sich gut um ihn kümmert, leidet er unter Depressionen und wünsc...