..."Bis bald Henry."...
Seit diesem Satz waren nun zwei Wochen vergangen und Henry musste sich eingestehen wie langweilig sein Leben in diesen trostlosen Wochen verlaufen war.
Es stand weder eine neue Ausstellung an, noch meldete sich Oliver bei ihm. Zum ersten Mal in seinem Leben fühlte sich Henry wirklich einsam, was ihn doch sehr verwunderte da er sein Leben sonst immer als Recht ruhig und angenehm empfunden hatte. Auch dass er nie wirklich verabredet war und auch sonst seine Freunde an einer Hand abzählen konnte. Er brauchte nicht mehr im Leben und doch nagte etwas an ihm. Es zerrte und fraß ihn regelrecht auf. Ein erdrückendes Gefühl wenn er es beschreiben müsste, fast so, als würde er in einem unentfliehbarem Treibsand versinken.
Der Langeweile und den unvermeidbaren Gedanken geschuldet begab sich Henry in sein Arbeitszimmer und las sich seine Kritiken durch, da ihn dies in schlechtem Zeiten immer aufgeheitert hatte. Es dauerte nicht lange, da stieß er auf die Kritiken welche er über Ravens Werke verfasst hatte und tatsächlich musste er schmunzeln. Mit einem nicken las er sich weitere durch, bis er sich letzten Endes die Gemälde zu den besagten Kritiken ansah. Dies ließ Henry nun doch in seiner Tätigkeit stocken. Zum ersten Mal in seiner Berufslaufbahn bereute er es eine Kritik zu einem Gemälde verfasst zu haben."Ein geschmackloser Versuch sich in der heutigen Generation als "anders" zu präsentieren. Wie schon bei den vorherigen "Werken" bekannt wurde hier ebenfalls mit demselben Farbton hantiert was eine fast schon lachhafte düstere Aura bewirken soll. Das Gefühl was mich allerdings übergibt ist Trauer, die ich für jeden Menschen empfinde der dieses Werk versucht für sich zu ergattern. Ein gewagter Versuch anders zu sein."
Es war nicht nur eine schlecht verfasste Kritik, sie war obendrein noch Falsch. Henry schluckte schwer. Je länger er dieses Werk betrachtete, desto mehr ergab es einen Sinn. Der 'geschmacklose Versuch' anders zu sein entpuppte sich als ein Gemälde was Einsamkeit zum Ausdruck bringen sollte. Die -in Henry's Augen- gut ausgewählte Farbkombination sollten die Gedanken unterstreichen, welche keinen Platz für einen Lichtstrahl ließen und eine düstere Atmosphäre schafften.
Was sein Rivale hier zum Ausdruck brachte war genau das, was Henry gerade fühlte.
Im wurde schlecht. Es war so als wäre er auf einer Achterbahn gefangen welche sich in einem niemals endenden Looping befindet.
"War es das was du Empfunden hast als dein Pinsel über die Leinwand strich?" Murmelte Henry leise, den Blick immernoch starr auf Ravens Werk, welches dieser vor ein paar Monaten veröffentlicht hatte.
Er konnte nicht anders als weitere Kritiken durchzulesen, welche er über Ravens Bilder geschrieben hatte und so wenig es ihm auch gefiel, einige der Bilder verstand er nun. Man könnte sagen, er fühlte sie nun genau so wie die meisten Menschen welche stundenlang anstanden nur um einen kurzen Blick erhaschen zu können.
"Wie traurig." Seufzte Henry und fuhr sich frustriert durch die Haare. Gab es wirklich so viele Menschen die in Ravens Kunst etwas sahen? Etwas fühlten? Verstand Raven die gebrochenen Seelen?
War er selbst eine davon?
"Verdammte scheiße!" Mit einem leichten Knall drückte der Kritiker sich von seinem Schreibtisch weg, stand auf und lief frustrierter den je durch das Arbeitszimmer.
Wieso zerbrach er sich jetzt den Kopf über jemanden den er weder richtig kannte noch wirklich mochte? Seine Gedanken häuften sich, sodass es kein entkommen mehr gab.
Verwirrt und fast schon sauer griff er nach seinem Handy und rief die einzige Person an, die ihn nicht verurteilen würde. Er würde ihm zuhören, vielleicht sogar Helfen."Mhm.. Hallo? Henry?" Ging nach einigen Minuten eine leise und kratzige Stimme ran.
Hatte er geschlafen?
"Verzeih... Habe ich dich geweckt?" Kam es nun verunsichert von Henry, weiter durch den Raum laufend und mit einem nun schlechten Gewissen.
"Ja schon.. aber ich hatte sowieso nicht vor zu schlafen. Ist alles in Ordnung?"
"Ich- Ja. Nein. Ich weiß es nicht." Seufzte Henry. Ihm hatte es nie an Worten gemangelt doch jetzt fand er zum ersten Mal keine passenden. Es war fast schon so, als wäre sein Vokabular vollstens gelöscht worden.
"Das reicht mir schon aus." Mit diesen Worten wurde das Gespräch auch schon beendet und Henry konnte nur noch das tuten eines beendeten Anrufes hören.
Hatte er den jüngeren verschreckt? Er hätte ihn vermutlich nicht anrufen sollen und das noch zu später Stunde.
Oliver erneut anzurufen wäre jetzt wohl keine gute Option, was dazu führte dass Henry nun in sein Wohnzimmer lief, das Handy auf seine Couch warf und sich gleich mit dazu. Er schloss die Augen und atmete tief ein und aus, nicht merkend dass nun 20 Minuten vergangen waren.
Dass einzige was den älteren zurück in die Realität holte war die Türklingel, welche fast schon ungeduldig oft gedrückt wurde. Beim öffnen der Türe machte er nun doch große Augen und ging ein Schritt zurück. "Oliver?"
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Hate and Paint
RomansaEin beliebter junger Künstler, bekannt unter dem Künstlernamen "Raven", ist berühmt dafür Bilder mit viel Aussage und düsterer Stimmung zu malen. Mit zunehmender Bekanntheit trifft er dann auf seinen zukünftig größten Gegner: Der Kritiker "Lion". Da...