Kapitel 1

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„Die Liebe lebt von den schönen Momenten, aber sie wächst und intensiviert sich durch die schwierigen Zeiten. Und manchmal hasst man den Menschen, den man am meisten liebt, weil er der Einzige ist, der einen wirklich verletzen kann!"


* TILL *

Als mein Wecker klingelt, schlage ich die Augen auf, erhebe mich aus dem Bett, trotte zur Kaffeemaschine und gehe anschließend ins Bad um unter die Dusche zu springen.

Das Wasser verfehlt seine Wirkung nicht und spült meine Müdigkeit, wie auch in den vergangenen Wochen fort. Denn so sehr ich mich auch bemühe in den Schlaf zu finden, misslingt es mir.

Nur mit einem Handtuch um meine Hüften gehe ich ins Ankleidezimmer, suche mir meinen schwarzen Nadelstreifenanzug, ein weißes Hemd, die Manschettenknöpfe, die mir Aurora geschenkt hat und eine passende Krawatte heraus.

Heute habe ich ein wichtiges Treffen mit potenziell neuen Investoren. Das darf ich nicht vermasseln!

„Was meinst du Liebes, ist der Anzug zu aufdringlich?" frage ich, während ich noch den Manschettenknopf an meinem linken Ärmel befestige.

Ich ertappe mich dabei, wie ich im Türrahmen zum Schlafzimmer stehe und auf die leere Bettseite starre, die sich unberührt neben meiner zerwühlten Seite befindet.

„Scheiße!" fluche ich und schlage mit der Faust gegen den Türrahmen aus robustem Holz, als mir zum wiederholten Male bewusst wird, dass sie fort ist!

Die Liebe meines Lebens hat mich mit meinem Sohn und meiner ungeborenen Tochter verlassen!

Es ist bereits fünf lange Wochen her, als unser Streit eskalierte und sie in einer Nacht und Nebelaktion unseren Sohn Teddy nahm und hochschwanger das Haus verließ.

Ich werde nie ihren gequälten, verletzten Gesichtsausdruck vergessen. Es war das letze Mal, dass ich sie sah. Ihre Traurigkeit hat sich in mein Gehirn gebrannt und flackert immer wieder vor meinem geistigen Auge auf. Der Schmerz, den ich an ihr sehen konnte hat auch von mir Besitz ergriffen und ich schaffe es einfach nicht ihn von mir zu weisen. Dafür sind meine Gefühle ihr gegenüber einfach zu stark.

Zunächst dachte ich, sie würde zurückkehren, oder mir wenigstens die Chance geben, mich zu entschuldigen. Alles wieder gut zu machen bzw. es besser zu machen. Aber je mehr Tage ins Land ziehen, umso mehr gebe ich die Hoffnung auf eine Versöhnung auf.

Geknickt gehe ich zurück ins Badezimmer und wische mir mit einem feuchten Lappen das Blut von meinen Fingerknöcheln, die beim Aufprall auf das Holz aufgesprungen sind, weg.
Um meinen Anzug nicht zu ruinieren, wickle ich mir halbherzig einen Verband um die Hand, als mein Handy klingelt.

Hoffnung keimt in mir auf, dass es Aurora ist. Aber zu meinem Bedauern stelle ich fest, es ist nur meine eifrige Sekretärin mit den viel zu langen Fingernägeln und der nervigen Piepsstimme.
Ich brauche definitiv eine neue Assistentin!

„Warner!" blaffe ich in mein Smartphone, als ich das Gespräch entgegennehme.
„Guten Morgen Mister Warner, ich bin es Veronika." piepst sie mir ins Ohr. Ich greife mit meinem Zeigefinger und Daumen an meinen Nasenrücken und drücke leicht zu, während ich die Augen zusammenkneife.
„Was Sie nicht sagen?! Was ist?" Man hört mir sicherlich meine Unausgeglichenheit an, aber das ist mir bei ihr egal.

„Äh... Sir, ich wollte Ihnen nur Bescheid geben, dass sich Ihr Termin um 30 Minuten verzögert, da die Investoren noch auf dem Flughafen fest sitzen." krächzt sie regelrecht.

Oh man, wie mir diese Frau auf die Nerven geht! Um ehrlich zu sein, kann sie nicht einmal etwas dafür, denn seit Aurora fort ist, geht mir einfach Alles und Jeder auf die Nerven!
Mit einem knappen „Danke!" beende ich das Gespräch, ohne mich weiter von ihr zu verabschieden.

Die Macht seiner Augen 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt