Kapitel 6

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*AURORA *

Noch bevor ich so richtig wach bin, spüre ich seine Anwesenheit mit jeder Faser meines Körpers.

Seine Hand auf meiner nackten Haut zu fühlen, sendet sofort Stromstöße durch mich hindurch und seine flüsternden Worte wirken wie Balsam für meine geschundene Seele.

„Hey Kleines, da hast du uns aber einen schönen Schrecken eingejagt!" flüstert er nah an meinem Bauch und ich kann seinen Atem fühlen.

Ich beschließe mich noch ein wenig schlafend zu stellen, zum Einen, weil ich schrecklich nervös bin, dass er hier bei mir ist und zum Anderen, weil ich ihm noch ein wenig Zeit mit unserer ungeborenen Tochter geben möchte.

„Es tut mir schrecklich leid, was ich euch angetan habe. Ihr seid mein Leben und ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um das wieder gut zu machen. Weisst du Kleines, als deine Mama in mein Leben stolperte hat sich Alles verändert. Sie hat Alles verändert! Eines Tages, wenn du grösser bist, werde ich dir erzählen, wie ich sie kennen und lieben gelernt habe. Es war auf jeden Fall Liebe auf den ersten Blick. Klingt kitschig, ich weiss, aber so ist es nun mal."

Diese Worte kommen direkt aus seinem Herzen, das spüre ich instinktiv und kann mich nicht mehr zurück halten. Ein lauter Schluchzer entfährt meiner Kehle und die Tränen laufen. Ich kann sie nicht aufhalten. Mit meinen Händen verdecke ich mein Gesicht und weine hemmungslos.

Er kommt zu mir auf's Bett und nimmt mich in seine starken Arme. „Oh Liebes, bitte hör auf zu weinen. Ich bin hier und ich werde bleiben wenn du das möchtest!"

Sein Duft und seine Nähe geben mir alles was ich brauche. Schlagartig fühle ich mich geborgen und zuhause.

„Bitte geh nicht. Lass mich nicht allein."schniefe ich an seiner Brust.

Er intensiviert seine Umarmung und küsst mich auf mein Haar. „Niemals wieder werde ich dich alleine lassen!"

Plötzlich schwingt die Tür zu meinem Zimmer auf und Sandra kommt wutentbrannt auf Till zugestürmt. Sie haut ihm gegen den Oberarm und blafft ihn an. „Was hast du jetzt wieder getan? Warum weint sie? Sie soll sich ausruhen und das hier scheint ihr dabei nicht zu helfen!"

Till ist völlig geschockt von ihrer Reaktion und will gerade etwas erwidern, als ich meine Hand auf seinen Mund lege und mich an Sandra wende.

„Sandra, es ist alles in Ordnung! Ich weiss, du meinst es gut, aber er hat nichts gemacht. Aber der Schmerz, den ich die letzten Wochen in mir getragen habe, drängt sich jetzt endgültig an die Oberfläche. Bitte lass uns kurz alleine, dass wir miteinander sprechen können."

Mit verschränkten Armen steht sie am Bett und hat ihr Trotzmine aufgesetzt. Sie will protestieren, aber ich lasse es nicht zu.

„Bitte!" sge ich und fixiere Sie mit meinen verheulten Augen.

Sie lässt ihre Arme seitwärts fallen und geht mit hängenden Schultern Richtung Tür. „Okay, aber das mache ich nur für dich, Big-Mama!"

„Ich weiss." erwidere ich mit einem Lächeln.

Bevor sie auf den Flur tritt, wendet sie sich noch einmal an Till. Sie richtet ihren Zeigefinger auf ihn und kneift die Augen zusammen. „Ich warne dich, wenn du sie noch mehr verletzt... Ich werde dich im Auge behalten und das kein zweites Mal zulassen!"

Und dann ist sie in den Flur verschwunden und ich bin mit meinem Mann wieder alleine.

Ich sehe zu ihm auf. „Es tut mir leid, sie meint es nicht so, aber sie macht sich eben Sorgen."

Ohne zu zögern fängt er meinen Blick ein und lächelt mich an.

„Schon gut Liebes. Du musst dich nicht für sie entschuldigen. Sie hat ja Recht! Ich habe dich zutiefst verletzt und ich bin froh, dass sie auf dich bzw. Euch aufpasst. Also um ehrlich zu sein stehe ich sogar tief in ihrer Schuld."

Auch wenn ich es vielleicht nicht machen sollte, aber ich glaube ihm! Ich bin mir sicher, dass er aufrichtig ist. Trotz allem verstehe ich nicht, warum er mich betrogen hat, wenn er mich so sehr liebt! Ich nutze die Gelegenheit und frage ihn noch einmal nach dem Grund.

„Aber warum, Till? Warum um alles in der Welt hast du mich betrogen, wenn du mich doch angeblich so liebst?"

Traurig lässt er den Kopf fallen und zieht mich erneut in eine feste Umarmung. Mir ist bewusst, ich sollte diese Nähe nicht zulassen, aber ich bin machtlos gegen meine starken Gefühle für ihn!

Das war ich schon immer!

„Liebes, was soll ich dir sagen? Ich weiss es nicht! Ich kann mich nicht einmal an diese ominöse Nacht erinnern! Ich schwöre dir ich habe nicht viel getrunken und verstehe nicht, warum mir jegliche Erinnerung fehlt. Ich meine, meine Liebe zu dir und den Kindern ist so intensiv, dass ich selbst nicht glauben kann, dass ich dir bzw. euch das angetan haben soll!"

Wieder ruht mein Kopf an seiner Brust und ich höre dem stetigen Schlagen seines Herzens zu.

Nach einer Weil löse ich mich von ihm und sehe ihn an.

„Till, das mag ja alles sein, und ich würde dir zu gerne glauben. Wirklich! Aber ich habe die Foto's gesehen! Und Bilder lügen nun einmal nicht!"

Als die Bilder vor meinem geistigen Auge aufblitzen, versetzt es mir erneut einen Stich ins Herz und ich bin den Tränen wieder nah. Diesmal versuche ich sie jedoch zu verdrängen und das sogar mit Erfolg!

Er löst unserer Umarmung auf, steht vom Bett auf, rauft sich die Haare und geht zum Fenster.

„Ich weiss! Verdammt nochmal, ich weiss das! Ich habe sogar von meinen Detektiven die Foto's überprüfen lassen, weil ich gehofft habe, sie finden vielleicht etwas..."

„Was hätten sie denn deiner Meinung nach finden sollen?" unterbreche ihn ihn.

Er dreht sich wieder um und kommt auf mich zu. Als er mein Bett erreicht schaut er erschöpft und traurig nach unten und greift meine Hände.

„Liebes, ich kann es dir ehrlich gesagt nicht sagen. Eine Fotomontage, eine Fälschung oder irgendeinen Hinweis darauf, dass ich dich nicht betrogen habe. Ich fühle mich furchtbar deswegen, aber ich glaube einfach nicht, dass ich dir wirklich untreu war!"

Und wieder erkenne ich die Aufrichtigkeit in seinen Worten. Und um ganz ehrlich zu sein, kann auch ich nicht wirklich glauben, dass er mich hintergangen hat.

Ich brauche einfach noch etwas Zeit. Zeit um mir darüber klar zu werden, ob ich ihm verzeihen kann. Vergessen werde ich es wohl nie, aber tief in mir, weiss ich, dass ein Leben ohne ihn für mich einfach undenkbar ist.

Ich beschließe es erstmal dabei zu belassen und bitte ihn.

„Ich möchte jetzt gerne nach Hause. Kannst du bitte die Schwester holen, dass sie mich von den Kabeln erlöst?"

Schüchtern schaut er mich mit seinen tiefbraunen Augen an und ich merke, dass ihm noch etwas auf der Seele liegt.

„Till, was ist? Hast du mich gehört?" frage ich ihn, nachdem er nicht antwortet, sondern mich nur stumm ansieht.

„Ja..., ja... ich habe dich gehört."

„Aber? Du hast noch etwas anderes, oder?" bohre ich nach. Erneut setzt er sich zu mir und fummelt an der Ecke meiner Bettdecke herum, ohne mich anzusehen.

„Ich möchte nur nicht, dass du jetzt so kurz vor der Geburt alleine zuhause bist. Ich..."

„Das bin ich nicht. Ich werde mit zu Sandra und Benjamin gehen." unterbreche ich ihn erneut.

Der Glanz seiner Augen verschwindet vollends und er nickt traurig. „Hhm, verstehe."

Ich lege meine Hand an seine Wange und spüre sofort wieder die Sehnsucht nach seiner Nähe in mir aufsteigen. „Du brauchst dir keine Sorgen machen, okay?"

„Ich... ich hatte gehofft, du kommst vielleicht... vielleicht wenigstens bis zur Geburt wieder nach Hause. Ich möchte so gern bei dir sein, für dich da sein und für dich sorgen. Und für Teddy, ich vermisse ihn schrecklich." gibt er leise zu.

Seine Stimmlage zerreisst mir fast das Herz, denn nichts mehr würde ich mir wünschen, als zuhause bei ihm zu sein. Dennoch macht sein Geständnis mich sprachlos!

Nicht eine Sekunde habe ich daran gedacht, dass ich so schnell wieder zuhause bei ihm sein könnte.

Es ist mir einfach nicht in den Sinn gekommen.

Die Macht seiner Augen 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt