Kapitel 2

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* AURORA *

Ich schließe gerade die Haustür hinter mir, nachdem ich Teddy zu seiner Tagesmutter gebracht habe, als ich erneut feststelle, dass ich immer mehr Schwierigkeiten mit dem Laufen bekomme.

Erschöpft setze ich mich rückwärts, mit der Hand auf der Lehne abgestützt, auf die kleine Couch. Langsam fahre ich mit den Händen über meinen Bauch, der mittlerweile einem Medizinball gleicht.

„Oh Kleines, du machst es für Mommy und Daddy ganz schön spannend..." murmle ich vor mich hin und stoppe, als er mir wieder in den Sinn kommt.

Daddy....

Immer wieder schleicht er sich ungefragt in meine Gedanken. Fünf lange Wochen ist es nun schon her, dass ich ihn zuletzt gesehen oder gesprochen habe. Aber der Schmerz des Verlustes wird einfach nicht weniger. Teddy fragt ständig nach seinem „Dada" und ich weiß einfach nicht, wie ich meinem Sohn, der seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten ist, erklären soll, dass er erstmal ohne ihn leben muss. Genau wie ich und unsere ungeborene Tochter!

Mir treten die Tränen in die Augen, so wie jeden Tag. Ich kann meinen Gefühlen immer nur dann ein wenig freien Lauf lassen, wenn Teddy nicht da ist. Und selbst dann versuche ich mich zusammen zu reißen, damit unsere Tochter nicht so viel von der Traurigkeit, die ihre Mutter verspürt, mitbekommt.

„Alles wird gut! Wir schaffen das schon!" spreche ich ihr und auch mir selbst Mut zu, als mein Handy vibriert.

>>Aurora Liebes, es tut mir unendlich leid! Ich hoffe es geht Euch gut! Ich vermisse Euch und will, dass du weißt, dass mein Leben ohne Euch kein Leben ist. Gib mir bitte eine Chance Euch zu sehen. In Liebe Till <<

Vorbei mit meiner Selbstbeherrschung! Ich weine und mein kompletter Körper wird von Schluchzern erschüttert.

Meine Tochter dankt mir meine Schwäche mit einem kräftigen Tritt in die Rippen...
„Autsch... ist ja schon gut!" schniefe ich.
Langsam verlagere ich mein Gewicht auf der Couch und reibe die Stelle, die sie gefühlt mit ihrem Füsschen durchstoßen hat, als ich höre, wie die Tür aufgeschlossen wird.

„Hey Big-Mama. Ich bin's und habe Muffins aus dem Daily's dabei!" flötet Sandra mir zu.
Sie hält die Tüte dabei hoch und schüttelt sie, womit sie die Muffins vermutlich zu einem Haufen Krümel verarbeitet.

„Ey, hör gefälligst auf damit mich immer Big zu nennen!" maule ich ihr entgegen.

Als sie meine verheulten Augen und den Berg an zerknüllten Taschentüchern um mich herum sieht, lässt sie den Arm mit der Tüte mitleidig an der Seite ihres Körpers nach unten sinken und setzt sich zu mir.

„Ach mensch Aurora... Was ist denn passiert?! Als ich gestern gegangen bin, warst du fest entschlossen nicht mehr um diesen Arsch zu weinen?!" sagt sie und drückt dabei meine Hand.

Ich nestle an meinem Taschentuch herum und wieder drängen sich die Tränen an die Oberfläche, als ich ihr quengelnd antworte. „Ich weiß, aber bitte nenne ihn nicht immer so! Er ist mein Mann und der Vater meiner Kinder!"

Sie atmet tief durch, lässt meine Hand los und streicht mir über die Schulter. „Ja, ja schon gut. Aber ich kann einfach nicht vergessen und gutheißen, was er dir angetan hat! Ich meine, sieh dir an, was er aus dir gemacht hat?! Du warst glücklich verheiratet und Mutter und das sogar bald zweifach! Und nun? Du sitzt hier, hochschwanger, allein und mit gebrochenem Herzen! Ist doch kacke!"

Ich muss über ihre Wortwahl lachen, und das weiß sie genau. Sie weiß genau, wie sie mich beruhigen bzw. ablenken kann.

„Erzähl mal, was ist passiert, dass ich dich hier in einem Meer aus Popelfahnen wiederfinden muss?" fährt sie fort und schaut mir dabei direkt in die Augen. Und wieder muss ich lächeln...

Die Macht seiner Augen 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt