Hier drinnen ist alles sehr rustikal, aber trotzdem gemütlich gehalten. Gleich links von uns sind die ersten Sitzecken, die sowohl aus Barstühlen, als auch alten Sofa's, oder Holzbänken bestehend. Das Licht in dieser Ecke ist gedämmt und wird durch ein paar Kerzen und Leuchtstangen in eine gemütliche Atmosphäre gebracht. Rechts von uns ist die hellere Seite, in der die selben Möbel stehen, aber die Fensterfront für Freundlichkeit sorgt. Einige Nachzügler haben sich hier versammelt um ihren Kaffeekuchen zu essen, während andere schon ihren ersten Abendwein schlürfen. Relativ mittig und links vom Gang befindet sich die lange Eckbar, mit allen Flaschen die es auf dieser Welt gibt. Hinter den dunkelbraunen Goldstück stehen ein Mann und eine Frau, die uns schon in ihr Sichtfeld genommen haben. Ich sehe wie Brian ihnen zu nickt und sie es ihm gleich tun, als würden sie sich bereits kennen. Im nächsten Moment kommt die Frau hinter dem Tresen vor, auf ihrer Hand ein Tablett mit drei Gläsern.
"Herzlich Willkommen! Ich bin Jaqueline, eure Kellnerin für heute Abend. Unsere Gartenterrasse ist bereits für euch vorbereitet. Bitte folgt mir." Sie hält uns freundlich das Tablett entgegen und wir nehmen uns alle ein Glas Sekt. Brian ist natürlich der erste der zugreift, aber alle Eigenschaften konnte ich nicht auf Schlag bei ihm verbessern. Ist es Zufall, dass sie uns auf die Terrasse bringt, wo ich schon im Vornherein hinwollte? Also folgen wir ihren Anweisungen und gehen den hellen Gang lang, der nach hinten direkt raus führt. Dorthin, wo ich auch schon sanfte Musik spielen höre. "Viel Spaß euch. Ich komme gleich nochmal vorbei und nehme die restlichen Bestellungen auf." Die restlichen...? Sie tritt zur Seite und lässt mir freien Blick nach draußen. Dann stockt mir der Atem. Zwischen dem dunklen Holzpaneelenboden, Strandkörben und Bambusfackeln stehen drei Jungs in herausgeputzter Kleidung. Einer von ihnen sitzt in einem der Körbe, die anderen zwei stehen davor und unterhalten sich mit ihm. Erst als Brian sich räuspert werden sie auf uns aufmerksam. Dylan steht auf, um sich zwischen Jake und Seph zu stellen. Angewurzelt bleibe ich an der Tür stehen und lasse die Situation und ihre Anwesenheit auf mich wirken. Sind sie alle hier, um mich aufzumuntern? Sie haben sich so eine Mühe gemacht und extra die Gartenterrasse für uns privat gebucht. Sogar aus ihren Joggern sind sie ausgestiegen. Seph trägt einen legeren sandfarbenen Anzug, Jake und Dylan eine dunkelblaue Jeans mit einem hellblauen und einem grauen Hemd. Sowie sie da nebeneinander stehen, sind sie wirkliche Hingucker. Kein Wunder, dass die Mädels von der Schule so auf sie geflogen sind. Wenn ich sie so sehe, wird auch mir ein wenig mulmig und jetzt sind sie noch reifer geworden als damals. Alles wäre perfekt, wenn Jay und ich noch befreundet wären. Schnell schüttle ich den Kopf, um diesen dunklen Gedanken zu verbannen und konzentriere mich wieder auf die Situation. Mit Brian zusammen gehe ich zu ihnen herüber. Zuerst kommt mir Seph entgegen, der mich stillschweigend, kurz aber herzlich umarmt. Umso fester drücke ich ihn, da ich es viel mehr schätze als er denkt, dass auch er heute hier ist. Dann gehe ich ein paar Schritte auf Jake zu, dem ich unüberlegt durch seine roten Haare wuschle, es ihn aber zum Glück nicht stört. Anschließend lege ich ihm zur Begrüßung meine Arme um und drücke ihn freundschaftlich. Als wir ablassen schmunzelt er niedlich und geht zu seiner Freundin, die sich darüber freut, dass ihr und Brian's Plan aufgegangen ist. Dylan zieht mich ohne Hemmungen an sich heran und schüttelt mich etwas. Es geht so schnell, dass ich meine Arme gar nicht um ihn herum bekomme, dann nimmt er seine schon wieder von mir und knufft mir in die Wange. Nun stehen sie alle nebeneinander. Seph, Brian, Dylan, Jake und neben ihm Resi. Sie sind alle da. Auf einmal gehen Brian und Dylan auseinander. Erst verstehe ich nicht was sie tun, doch dann erkenne ich jemanden. Irgendjemand kommt aus dem Hintergrund nach vorne und läuft auf uns zu. Als ich die braunen Haare und seine Umrisse erkenne bleibt mein Herz stehen. Es hat einfach aufgehört zu schlagen. Die einzige Körperfunktion die noch funktioniert ist mein Sehsinn, der jede kleinste Bewegung beobacht, bis er vor mir stehen bleibt. Sprachlos sehe ich zu Jayden herauf, der sich wie die anderen vornehm angezogen hat. Doch im Gegensatz zu ihnen sieht er viel attraktiver aus. Er trägt einen grauen Blazer mit weißem Shirt und weißen Schuhen. Seine Jeans ist ebenfalls grau, nur dunkler. So gutaussehend habe ich ihn noch nie gesehen. Plötzlich legt er mir seine Hände auf die Wangen, wodurch mein Puls schneller wird. Ich bekomme keine Wörter heraus. Mit einem Kloß im Hals bestaune ich den gut aussehenden Mann vor mir und stelle fest, dass er eine ganz andere Ausstrahlung als sonst hat. Mit zusammengezogenen Augenbrauen mustert er mein Gesicht. Ich weiß nicht was ich denken soll, da mein Gehirn überhaupt nicht hinterher kommt. Stattdessen tue ich das selbe und starre ihn einfach nur an. Die Wärme seiner Hände fühlt sich wohlig an auf meiner Haut und ich merke eine innere Erleichterung in mir aufsteigen. Dass ich ihm noch einmal so nah sein kann, habe ich nicht für möglich gehalten. Eine Woche habe ich gebraucht mir darüber im klaren zu werden, dass ich ihn verloren habe und jetzt steht er vor mir und ich weiß nicht wie mir geschieht. Er streift mir die Haare zurück und zuckt mit einem Mundwinkel nach oben. Seine Gesichtszüge werden sanfter, aber seine Nervosität spüre ich dennoch. Hat er etwa die ganze Zeit in der Ecke auf uns gewartet? Und sind sie alle wegen ihm hier? Hat er sich das Ganze ausgedacht? Was geschieht hier bloß? Die anderen um uns herum habe ich ausgeblendet - ich sehe nur noch ihn und habe tausende Fragen im Kopf. Er kommt immer näher an mich heran und für einen kurzen Augenblick überlege ich, ob ich zurück weichen sollte. Aber mein Verlangen nach ihm gewinnt und ich die Vernunft gibt nach. Als seine Lippen meine berühren spüre ich die Schmetterlinge in meinem Bauch wieder lebendig werden. Noch vor sieben Tagen habe ich die Sache mit uns beendet und trotzdem bin ich der glücklichste Mensch auf der Welt, dass er mich jetzt küsst. Seine Arme legen sich um meine Taille und ziehen mich noch näher an ihn heran, wodurch ich mir sicher bin, dass er es genauso genießt wie ich. Dann weicht er zurück, lässt seine Hände aber da wo sie sind. Die imaginäre Blase um uns herum verblasst und langsam kehrt das Umfeld in mein Oberbewusstsein zurück.

„Lynn." Jayden's Stimme klingt zittrig und auch seine Hände an meinem Becken verraten seine Aufregung. Aber mir geht es nicht anders. Noch immer bin ich total überfordert mit der Situation. „Als allererstes habe ich mich bei dir zu entschuldigen. Ich habe keine Ahnung, wie ich ein solches Arschloch zu dir sein konnte. Entschuldige, dass ich dich so lange hab zappeln lassen, dass dich dieses hin und her unsicher gemacht und verletzt hat und ich nicht ehrlich zu dir sein konnte. Jetzt bin ich es. Du hast es mal wieder geschafft mich zur Vernunft zu bringen. Damals - als meine beste Freundin - und auch jetzt, wo du doch so viel mehr geworden bist. Mir vorzustellen dich nicht mehr in meinem Leben zu haben zerbrach mir das Herz, aber das musste passieren, um mir die Augen zu öffnen. Und immerhin bist du doch mein Leben und mein Herz. Tut mir leid, dass ich erst jetzt kapiert habe. Lynn...?" Jayden nimmt seine Hände von mir und holt mit der einen etwas aus seiner Hosentasche. Als er sich vor mich kniet und mir den gepressten Blütenkopf einer Rose hinhält, steigen mir Tränen in die Augen. „Ich hoffe zu kannst mir verzeihen. Ich verspreche dir immer auf dich aufpassen, so wie auf diese Rose, die wir zusammen in der vierten Klasse gepresst haben. Findest du nicht auch, dass es endlich an der Zeit ist, dass wir zusammen kommen? Beste Freunde sind wir schon so lange, jetzt müssen wir im Leben auch mal einen Schritt voran gehen."
Ich starre auf die Blüte in seinen Händen, die er so lange aufbewahrt hat. Dann sehe ich ihm ins Gesicht. Ich sehe seine klaren blauen Augen, die jeden Satz ernst gemeint haben. Dann nicke ich und fange mit feuchten Wangen breit an zu grinsen.
„Ja?", erkundigt er sich nochmal und steht zu mir auf. Auch seine Last fällt ab und er sieht mich hoffnungsvoll an.

„Ja!", nicke ich hastig und ziehe ihn zu mir.

Als wir uns küssen höre ich unsere Freunde aus dem Hintergrund jodeln. „Endlich!", schreit Brian. „Du hast es gerockt!", feiert Dylan. Dann halten wir uns im Arm und können nicht mehr aufhören zu lachen. Wir haben endlich zusammen gefunden, nachdem es so lange gedauert hat, bis wir es beide eingesehen haben.

𝕍𝕠𝕟 𝕙𝕚𝕖𝕣 𝕓𝕚𝕤 𝕫𝕦𝕞 𝕨𝕚𝕣 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt