Kapitel 29

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Wir starrten uns an.

"Warum nicht?"

"Die bösen Männer," gab er von sich.

"Was genau ist mit denen?"

"Es ist zu gefährlich."

Ich schaute Dustin unglaubwürdig an und konnte mir ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen.

"Du findest es zu gefährlich, wenn Byers, der, wenn ich das mal so erwähnen darf, älter ist als du und deine Freunde, Bescheid weiß?", sagte ich während ich einige Schritte auf ihn zu machte.

Dustin verzog jedoch keine Mine und sagte: "Je mehr Leute es wissen, desto riskanter ist es für Elfie. Außerdem würde es die ganze Mission gefährden."

"Was für eine Mission?", mein Schmunzeln verschwand und ich blickte ihn ernst an.

"Egal," sagte er und wollte gerade an mir vorbei gehen, da streckte ich meinen Arm aus und blockierte somit seinen Weg. Indem ich drei Schritte zurück ging erweiterte ich wieder unseren Abstand und blickte im in die Augen.

"Dustin?", ich verschränkte meine Arme vor der Brust und zog eine Augenbraue hoch, "was für eine Mission?"

Er zögerte, dann blickte er zum Boden und sagte leise:

"Es gab eine Mission, Will zu finden..."

"Gab?"

"Weißt du 'gab' ist die Vergangenheitsform von..."

"Ich weiß, was das Wort 'gab' bedeutet," rutschte es mir etwas genervt heraus. Dustin brachte kein weiteres Wort heraus, weshalb ich weitersprach,"ich will wissen, warum eure Mission nicht mehr aktuell ist."

"Weil sich doch Mike und Lucas gestritten haben...sie wollen nicht mehr miteinander reden."

"Und deswegen lässt man einen Freund im Stich?"

Er sah mich verwirrt an: "Was?"

Ich seufzte und verdrehte die Augen: "Wegen so etwas hört ihr auf nach Will zu suchen? Ist das dein Ernst?!"

"Ich...ich..."

Ich ging einen Schritt auf ihn zu: "Jetzt hör mir mal zu Dustin. Du bist mein kleiner Bruder und ich würde es verstehen, wenn dir das alles hier zu gefährlich wäre oder du Angst hast..."

"..ich hab keine..", wollte er gerade anfangen zu protestieren, doch ich sprach einfach weiter.

"...aber die Suche nach ihm aufzugeben, weil man sich wegen einem Mädchen gestritten hat? Ich fasse es einfach nicht!"

"Aber...aber ich meine..."

"Ich meine, dass ich dich morgen früh zu Mike und Lucas bringe und du dafür sorgst, dass sich die beiden zusammenreißen."

Er nickte lediglich.

"Gut," sagte ich, drehte mich um und ging erneut zur Tür. Als ich sie bereits leicht geöffnet hatte, hielt ich inne.

Bin ich gerade zu hart gewesen? Ich hätte anders reagieren können, aber... ich meine es zählt jede Sekunde...Gott, er ist doch mein kleiner Bruder...ich meine...er kann für das alles ja nichts...

Ich atmete tief durch, dann blickte ich leicht nach hinten.

"Weißt du, Mum hatte mir mitgeteilt, dass sie heute Abend arbeiten muss...hast du vielleicht Lust Pizza zu bestellen?", fragte ich ihn mit einer sanften Stimme.

"Gerne," hörte ich ihn vorsichtig sagen, dann verließ ich sein Zimmer.

-

"Das wird etwa 45 Minuten dauern," gab der etwas unfreundlich klingende Mitarbeiter am anderen Ende des Hörers von sich.

"Okay, vielen Dank, bis...", wollte ich mich verabschieden, doch noch bevor ich meinen Satz beenden konnte legte er auf.

Fies.

Ich ging in mein Zimmer und schaltete als erstes das Licht an. Als meine Tür hinter mir ins Schloss viel, lehnte ich mich mit meinem Rücken an diese und atmete noch einmal tief durch, dabei schloss ich kurz meine Augen.

Du weißt offiziell von Elf bescheid. Dustin hat aber immer noch keine Ahnung, dass ein Monster unterwegs ist...oder  vielleicht doch? Vielleicht hat Elf es gesehen...vielleicht hat sie den Jungs mitgeteilt, was da draußen in der Dunkelheit lauert...

Als ich meine Augen öffnete rannte mir ein eiskalter Schauer den Rücken hinab und hinterließ eine Gänsehaut auf meinem Körper. Durch das mir gegenüberliegende Fenster konnte ich eine große Gestalt erkennen, welche einige Meter entfernt, in der Dunkelheit stand.

Das Monster. Es hat mich gefunden. Oh Gott, Dustin. Ich habe ihn in Gefahr gebracht. Scheiße, was mache ich jetzt? Ich könnte das Licht ausmachen und ruhig bleiben, aber die kleinste Bewegung wird es sicher mitbekommen...Moment...konnte es überhaupt sehen? Hat es mich damals nur gehört? Nein...es hatte keine Augen gehabt...oder doch? Nein...ich bin mir ganz sicher, dass es blind ist...

Während sich meine Gedanken überschlugen, bewegte sich die Gestalt nicht. Es schien, als würde es lediglich beobachten.

Ich weiß nicht, wie lange ich einfach regungslos in meinem Zimmer stand und die Silhouette anstarrte, aber irgendwann nahm ich das dröhnende Geräusch unserer Klingel war. Ich blinzelte einige Male, dann begab ich mich mit schnellen Schritten zu meinem Fenster und schloss die Jalousien. Dabei bemerkte ich, dass es sich bei der Gestalt, lediglich um den Stamm des Pekannussbaumes unserer Nachbarn handelte. Als ich die Jalousien weites gehend geschlossen hatte, drehte ich mich um und atmete kurz durch.

Gott Thes, jetzt reiß dich mal zusammen.

Ich verließ mein Zimmer und ging den Flur, Richtung Haustür entlang, als mir Dustin bereits mit zwei Pizzakartons entgegen kam. Ohne ein Wort zu sagen, begaben wir uns beide ins Wohnzimmer und Dustin schaltete den Fernseher an.

-

Dustin und ich mieden es, weiter über die Geschehnisse zu sprechen. Stattdessen versuchte er einen Sender zu finden, welcher uns beide in irgendeiner Weise interessieren und ablenken könnte. Da aber jeder Sender entweder das Verschwinden von Will behandelte oder Horrorfilme aufwies, in welchen irgendwelche Teenager durch Wälder gejagt wurden, hatten wir uns im Stillen darauf geeinigt, den Fernseher auszulassen.

Dementsprechend entstand zwischen uns eine unangenehme Stille.

Während Dustin in sein Pizzastück biss, räusperte ich mich kurz und fing an das Schweigen zwischen uns zu beenden:

"Es tut mir leid wegen vorhin."

"Schon okay," schmatzte er.

"Nein, nichts ist okay Dustin. Ich hatte kein Recht dazu, dich so anzufahren."

Er zuckte lediglich mit den Schultern und biss ein weiteres Mal in seine Pizza.

Während ich meine einfach nur schweigend betrachtete, hörte ich, wie Dustin irgendwann seinen Karton schloss und auf die Seite legte.

"Ist du das noch?," fragte er mich.

Ohne ein Wort zu sagen, reichte ich ihm meine Pizza und hörte mir weiter an, wie er diese genüsslich verschlagen.

"Thes, jetzt mach dir keinen Kopf über vorhin. Es ist alles gut," schmatzte er wieder.

Gerade als ich Dustin antworten wollte, nahm ich ein Rauschen war. Es klang, als würde jemand versuchen, einen Sender am Fernseher einzustellen.

Ich blickte zu Dustin, da ich wissen wollte, ob er das Geräusch auch wahrnahm. Er saß mit offenem Mund und einem Stück Pizza in der rechten Hand regungslos neben mir, während sein Blick etwas fixierte. Ich folgte diesem und erstarrte.

Nummer 013 (StrangerThings FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt