Drei Monate später.
Es waren zwei einfache Grabsteine.
Kim Soo-Yeon.
Kim Hee-Soon.
Für immer in unseren Herzen.
Er wusste nicht mehr, wer den Spruch ausgesucht hatte oder warum er ausgewählt wurde. Er wusste nur, dass er ihn hasste.
Ein einziger Spruch konnte niemals beschreiben, wie groß die Trauer und der Herzschmerz war. Er drückte eigentlich gar nichts aus. Es waren leere Worte. Worte, die ihn bis in seine Träume verfolgten und ihn niemals loslassen würden.
Taehyung schloss die Augen und sagte nichts.
Er erinnerte sich an ihre Stimmen, an das Gefühl ihrer Hände auf seiner Haut, an ihren Geruch.
Er erinnerte sich daran, dass seine Mutter jeden Abend diese besondere Handcreme auftrug, die nach frisch geschnittenen Rosen und Sonnenschein roch.
Er erinnerte sich an das Parfum seines Vaters, dass manchmal so beißend war, dass er jedes Mal das Gesicht verzog, wenn er an ihm vorbeiging.
Er konnte noch immer den Geruch ihres Zuhauses riechen, konnte noch immer sehen, wie sein altes Zimmer aussah, konnte noch immer fühlen, wie es war, eine richtige Familie zu haben.
Aber er konnte ihre Gesichter nicht mehr sehen.
Sie waren weg. Manchmal sah er sie in seinen Träumen, mit offenem Mund und großen Augen und so viel Blut, dass man kaum noch ihre Gesichtszüge erkennen konnte, aber—
Ihre Gesichter waren nie klar.
Er wusste, seine Mutter hatte eine große Nase mit einem leichten Hocker, worüber sie sich immer beschwert hatte, wenn sie in den Spiegel sah. Sein Vater hatte eine kleinere Nase, Taehyungs Nase, aber ihm war es egal, wie groß oder klein seine Nase war—alles, was für ihn damals zählte, waren seine Haare, die im Alter immer weniger wurden und über die er sich tagtäglich beschwert hatte. Taehyung hatte die Haare seiner Mutter; voll und dicht und glänzend. Er wusste, die Augen seiner Mutter waren hellbraun, die seines Vaters so dunkel, dass sie beinahe schwarz waren.
Taehyung wusste noch, wie das Lachen seiner Mutter klang, wenn er ihr etwas über seine Bücher erzählt hatte. Er wusste noch, wie skeptisch sein Vater geschaut hatte, jedes Mal, wenn er ihm erklärte, wie sehr er Mathe liebte. Er wusste noch, wie glücklich er war, wenn sich seine Eltern nach einem Streit in die Arme genommen hatten. Er wusste noch, wie es war, echte Emotionen zu fühlen. Ganz zu sein. Zu lieben.
Als er jetzt auf ihre Gräber starrte, konnte er sich zwar nicht an ihre Gesichter erinnern, aber an die Erinnerungen, die er mit ihnen geschaffen hatten. Die guten und die bösen. Die wichtigen und die unwichtigen. Alles war in seinem Kopf. Und doch war es ihm zu wenig. Und manchmal zu viel.
„Hallo, Mama", atmete er. „Papa."
Er dachte, er würde sich schuldig fühlen, stattdessen fühlte er gar nichts. Er war froh, überhaupt in ihrer Nähe zu sein. Auch wenn sie Meter tief in der Erde lagen und er hier stand.
Ich bin hier.
Sie sind es nicht.
Verdiene ich das?
Taehyung begann leise zu erzählen, was die letzten Jahre passiert war. Seine Stimme brach kein einziges Mal, sie blieb standhaft. Er wählte seine Worte mit Bedacht. Er ließ nichts aus.
Ich bin hier.
Er erzählte davon, dass er seine Stimme verloren hatte und noch immer Probleme damit hatte, mit anderen zu sprechen, ganz besonders an seinen schlechten Tagen. Er erzählte, dass er die Schule gewechselt hatte. Dass er nun bei seiner Tante wohnte. Dass er nicht mehr so viel las wie früher, es aber versuchte. Dass er noch immer gut in Mathe war und es ihn erfüllte, eine Aufgabe zu lösen und richtig zu liegen.
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All The Words You Never Said [VKOOK]
Fanfic[BEENDET] Der Junge mit der Brille war alles, woran Jungkook denken konnte. Kim Taehyung sprach nicht, er zog sich zurück und um ihn lauerte eine dunkle, wütende Wolke, die Donner und Blitze spuckte, doch Jungkook hatte schon immer etwas für Gewit...