Es war schon einige Stunden her, dass mein namenloser Mitbewohner mich hier zurückgelassen hatte. Immerhin konnte ich mich so ganz ungezwungen auf dem gesamten Sofa ausbreiten. Ich stöberte das Internet nach irgendwelchen Betten durch, von denen ich mir einfach nur erhoffte, sie irgendwie selbst zusammenbauen zu können. Bisher musste ich meine Möbel nie selbst aufbauen, das wurde immer von den Typen gemacht, die sie zu uns nach Hause lieferten. Während ich mir ausmalte, wie ich mich selbst mit einem Hammer oder einem Akkuschrauber verletzen würde, wenn ich so ein Bett zusammenbaute, fiel mir auf, dass mir ziemlich kalt war. Ich stand von dem bequemen Sofa auf, ging in Richtung meines Zimmers, da ich mir eine Jacke überziehen wollte. Als ich so den Flur entlangging, erinnerte ich mich daran, dass ich keinen Blick in das Zimmer meines Mitbewohners geworfen hatte. Ich hielt ganz automatisch neben der Tür an und umfasste schon die Klinke. Ich zögerte, denn es ging mich nun wirklich nichts an, wie es wohl in seinem Zimmer aussah. Gerade als ich die Türklinke loslies, hörte ich Schritte im Hausflur. Ich ging schnell in mein leeres Zimmer und schloss die Tür hinter mir, als ich auch schon den Schlüssel ins Türschloss fahren hörte. "Das war knapp", dachte ich so bei mir und öffnete eine meiner Reisetaschen. Ich wühlte mich durch all meine Klamotten, bis ich endlich die schwarze Sweatjacke fand, die ich mir überziehen wollte. Da hallte es aus dem Flur: "Jisung? Bist du da?". Ich weiß nicht, wieso ich von der Stimme so überrascht war, wer sollte es denn schon anderes sein, als mein Mitbewohner? Ich hielt kurz vor Nervosität die Luft an, schaffte es dann aber doch, ihm leise mit einem "Ja, ich bin in meinem Zimmer" zu antworten. Prompt flog die Tür auf, die meine linke Schläfe nur um Haaresbreite verfehlte und meine Reisetasche einen guten halben Meter zur Seite rammte. Mit großen Augen sah ich in das Gesicht meines Gegenübers, der genau das gleiche Gesicht machte. "Oh man, das war mal knapp!", sagte er mit angespannter Stimme. Ein kurzer Moment der Stille herrschte, dann sagte er endlich, was er sagen wollte: "Ich wusste nicht, ob du es zeitlich schaffst, einzukaufen, also habe ich uns was zu Essen mitgebracht.". Bei dem Wort "Essen" wurde ich hellhörig. Da ich heute Morgen so schnell wie möglich aufbrechen wollte, hatte ich den ganzen Tag lang nichts gegessen. Bis dieser Satz fiel, war mir auch gar nicht augefallen, wie hungrig ich mittlerweile war. "Na dann komm!", sagte der Mann mit den dunklen Augen und ich folgte ihm in die Küche.
Während er das Essen gleichmäßig auf zwei Teller verteilte und ich wie gebannt zusah, sagte mein Gegenüber "Hast du bisher irgendwelche Fragen? Ich bin vorhin etwas stürmisch abgehauen.". Ich schüttelte meinen Kopf, hielt einen kurzen Moment inne und sagte dann mit piepsleiser Stimme "Ähm.. dein... wie ist dein Name?" - "Minho. Lee Minho", antwortete er mir ruhig. Ich wiederholte innerlich seinen Namen immer und immer wieder in meiner eigenen Betonung. Was für ein schöner Name. Ich war so sehr damit beschäftigt, unaufhörlich seinen Namen zu wiederholen, dass mir völlig entging, was er sagte. Ich hörte nur das Ende: "Hast du das verstanden?!". Ich wunderte mich etwas darüber, dass seine Stimme dabei irgendwie ziemlich angespannt klang. Ich schaute kurz auf und nickte einfach, ohne mich noch einmal zu vergewissern, was genau ich jetzt verstanden haben sollte. Wird schon nicht so wichtig gewesen sein. Bestimmt irgendwas wegen der Miete, aber da würde sich wahrscheinlich sowieso mein Vater höchstpersönlich drum kümmern, da er mir einfach nichts zutraute.Minhos und mein gemeinsames Essen verlief - Überraschung - ziemlich still. Er hatte mir aus reiner Höflichkeit zwar immer wieder Fragen gestellt, ich schaffte es aber einfach nicht, diese ausführlich zu beantworten. Ein langer peinlicher Moment des Schweigens wurde dann plötzlich durch das Klingeln seines Smartphones unterbrochen. Er stand auf und sagte "Entschuldige, die Arbeit ruft anscheinend noch.". Er stand auf, nahm den Anruf entgegen, während er noch schnell sein Geschirr in den Geschirrspüler stellte und dann in seinem Zimmer verschwand. So saß ich also allein in der Küche. Auf meinem Teller war noch über die Hälfte der Portion. Hunger hatte ich gerade auch nicht mehr sonderlich, da mich seine bloße Anwesenheit so anspannte. Ich konnte zwar erstmal nichts Negatives über Minho sagen, aber irgendwas war da, was er ausstrahlte, was unglaublichen Einfluss auf mich hatte. Ich kratzte die Reste meines Essens in den Mülleimer und stellte meinen Teller in die streifenfreie Spüle. Ich wollte solange in meinem Zimmer bleiben, bis ich mir sicher war, dass Minho schlief und mich erst dann auf dem Sofa hinlegen. Ich legte meinen Kopf auf eine der großen Reisetaschen und spielte noch etwas am Handy. Nur wenige Minuten später war ich schon eingeschlafen.
Durch das große Fenster in meinem Zimmer drang helles Sonnenlicht. Ich ließ meine Augen geschlossen, wollte mir gerade meinen Arm darüberlegen, da zog sich ein heftig stechender Schmerz von meinem Nacken bis in meine Fingerspitzen. Ich zuckte mit dem ganzen Körper zusammen, krümmte mich so sehr, als hätte mich jemand einmal in der Mitte zusammengefaltet. "Scheiße!", zischte ich vor mich hin, weil mir bewusst wurde, dass ich doch tatsächlich auf dem kalten Fußboden eingeschlafen war, den Kopf die ganze Nacht auf meiner riesigen Tasche. Während ich mich leise wimmernd über den Boden rollte, klopfte es ganz plötzlich an der hölzernen Tür zu meinem Zimmer. Es war Minhos Stimme, die da sprach, ich konnte aber kein Wort verstehen, weil ich mit meinen Gedanken noch immer an den ganzen schmerzenden Stellen meines Körpers hing. Aus Reflex sagte ich natürlich einfach nur "Was?", woraufhin sich die Zimmertür begann zu öffnen. So eine Scheiße! Mein Mitbewohner würde mich nun also hier so jämmerlich vorfinden. Ich biss die Zähne zusammen und versuchte mich einfach in eine weniger peinliche Haltung zu begeben. Als Minho die Tür also komplett öffnete und seine Worte mit einem mal verstummten, da er mich auf dem Fußboden sah, ein Bein ausgestreckt, das andere angewinkelt, den einen Arm unter den Kopf gestellt und den anderen einfach schlaff auf meiner rechten Körperhälfte liegend. Mein schmerzverzerrtes Gesicht konnte er zumindest nicht auf den ersten Blick sehen. Trotzdem setzte ich ein gefälschtes Lächeln auf. "Ähm. Was genau machst du da?", fragte er berechtigterweise sehr verwundert. "I-ich ... liege hier so .... um ... um ... die Sonne zu genießen...", versuchte ich das Ganze irgendwie weniger dämlich darzustellen. Natürlich folgte auch nun wieder peinliches Schweigen. "Ich hätte da was... Kannst du kurz mitkommen?" Mit diesen Worten wich er rückwärts aus meiner Zimmertür. Ich wollte einfach nur sterben, so peinlich war mir diese Situation. Hatte ich nicht gestern erst ein teures Messer in der Küche gesehen, mit dem ich mir kurzerhand die Halsschlagader durchstoßen konnte? Nicht die schlechteste Idee in Anbetracht meiner Situation. Mit den Worten "Heilige Scheiße" stützte ich meinen völlig kraftlosen Körper vom Boden und es gelang mir tatsächlich aufzustehen. Ich schaute aus der Tür heraus und fragte mich, wohin genau Minho eigentlich gegangen war. Aus der Küche konnte ich ein leises, nervöses Tippen mit dem Fuß vernehmen, also ging ich dort hin. Ich lag richtig, aber jetzt, wo ich den Raum so betrat, spürte ich eine ziemlich komische Aura von meinem Mitbewohner ausgehen. "Was ist denn?", fragte ich vorsichtig, während ich mir meine immer noch schmerzenden Finger rieb. Mit einer ruhigen, jedoch ziemlich düsteren Stimme stellte er mir folgende Frage: "Du hast doch gestern alles verstanden, was ich gesagt habe, oder?". Ich war so von ihm eingeschüchtert, dass ich nur nicken konnte. "Dann verstehe ich nicht, wieso in der Spüle ein benutzter Teller steht.", ergänzte er. Ich schaute fragend in die Spüle und danach in Minhos Gesicht, wobei ich versuchte, keinen Augenkontakt herzustellen. "Was meinst du?", fragte ich verunsichert. "Ich hatte dir doch gestern beim Abendessen erklärt, dass ich nicht will, dass hier Unordnung entsteht. Richtig?" - Ganz ohne es zu wollen, riss ich meine Augen einen kurzen Moment weit auf. Das war es also, was er sagte, was ich nicht hören konnte. Ich stammelte vor mich hin, versuchte aber erst gar nicht, eine Begründung dafür zu erfinden. Ich entschuldigte mich einfach für meinen Fehler und ging schnellen Schrittes in mein Zimmer zurück - natürlich nachdem ich den Teller in die Spülmaschine gestellt hatte."Man, das war irgendwie gruselig", sagte ich leise zu mir selbst. Als ich mich gerade von dem Schock erholt hatte, klopfte es plötzlich noch einmal an meiner Tür. "Habe ich noch was vergessen?", rief in direkt. "Jisung...", die Tür öffnete sich und Minho schaute mich etwas von oben herab an. "Was ist mit deinem Bett?", fragte er, ohne auch nur den leisesten Versuch, die Frage nicht ganz so direkt zu formulieren. "Ja, also mein ... mein Bett, also ... das ist echt ... witzig, also...", ich verzweifelte völlig, da ich anscheinend gar nicht mehr in der Lage war, auch nur einen vernünftigen Satz zu formulieren. Statt Worten folgte von mir nur ein tiefes Seufzen.___________________________________________________________________
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"Be a good boy." - Minsung -
Фанфик"Da stand ich nun vor seinem riesigen Bett und überdachte all meine bisherigen Lebensentscheidungen. Vor mir lagen ein schwarzes Top, ein sehr kurzer schwarzer Faltenrock, kniehohe Strümpfe mit Spitzenrand und ein Haarreif mit einer überdimensional...