Don't kill me Darling (Dark Romance)

9. Von Thor in meinem Zimmer

Er sitzt nicht nackt vor meinem Fenster, aber immerhin sitzt er davor. Das ist ein Anfang, oder?

Ich öffne das Fenster leise und dann stehen wir uns gegenüber. Er trägt heute einen komischen schwarzen Umhang. Die Kapuze hat er ins Gesicht gezogen. Er sieht aus wie Darth Vader, ohne scheiß. Er hat auch so eine dunkle Ausstrahlung, der Vergleich ist also nicht mal schlecht. Er zieht seine Kapuze vom Kopf und seine blonden, schulterlangen Haare sind heute nicht zu einem Zopf zusammengebunden, sondern fallen ihm offen herunter. Bei jedem anderen Mann würde es dämlich aussehen, aber hier habe ich wieder meinen sexy Thor vor mir. Das nenne ich mal eine Transformation: Von Darth Vader zu Chris Hemsworth in Bruchteilen einer Sekunde.

Keine Ahnung wie er das gemacht hat, aber er ist anscheinend auf die Überdachung der Haustüre geklettert und hat so gegen meine Fensterscheibe geklopft. Kann er fliegen, oder ist er wirklich Thor und besitzt übermenschliche Kräfte? Wobei er ja dann seinen Hammer bräuchte, aber den hat er ja vielleicht in der Hose...

Oh Gott, ich schweife ab und zwar zu verstörenden erotischen Vorstellungen.

„Was willst du?", frage ich ihn in bemüht eisigem Ton. Hoffentlich sieht er mir nicht an, wie meine Gedanken noch immer zum Inhalt seiner Hose wandern ... äh ich meine natürlich ich bin immer noch überrascht von seinen Kletterkünsten. Keine Ahnung ob es mir gelingt, denn mein Herz schlägt wie verrückt. Es fühlt sich an wie ein Schnellzug, der immer wieder gegen eine Wand knallt. Komischer Vergleich, ich weiß, aber Metaphern waren noch nie so mein Ding.

„Ich wollte mich bei dir entschuldigen", kommt von ihm als Antwort. Und er sieht auch wirklich etwas schuldbewusst aus. So habe ich ihn noch nie gesehen. Mir war nicht bewusst, dass er auch zu solchen Emotionen fähig ist. Gott, ich staple echt tief bei ihm und erwarte noch weniger. Wenn er mir nur seinen kleinen Finger reicht, bin ich schon überglücklich. Leider ist mir klar, dass ich ihm fast alles durchgehen lassen würde. Selbst wenn er mir eröffnet, ein Massenmörder zu sein, würde ich ihn noch anhimmeln. Meine Mutter natürlich nicht, aber sie hat ihn eh schon längst in die Schublade Unantastbarer gesteckt.

Trotzdem will ich nicht das verliebte, dumme Gör sein, das ihm jedes Verhalten gleich vergibt. Daher beschließe ich hart zu bleiben und verschränke meine Arme vor der Brust.

„Dazu ist mehr nötig, als nur leicht daher gesagte Entschuldigungen", presse ich hervor. Er zieht eine seiner Augenbrauen in die Höhe, als würde ihn meine Antwort überraschen. Wahrscheinlich hat er damit gerechnet, dass ich allein bei seinem Anblick dahinschmelze und für ihn den roten Teppich ausrolle.

„Darf ich zumindest reinkommen?"

Es sieht direkt lustig aus, wie er so auf dem Vordach steht und mich stumm ansieht. Ich schaue an ihm vorbei und sehe, dass in seinem Haus nur noch im Wohnzimmer das Licht brennt. Stimmt, sein Bruder und seine Schwester müssten ja auch noch da sein.

„Um ehrlich zu sein, wäre es mir lieber, wenn du wieder zurück zu deinen Geschwistern gehst. Immerhin bin ich nur eine unbedeutende Nachbarin und du solltest deine kostbare Zeit lieber mit deinesgleichen verbringen".

Ha! Nach dieser Abfuhr bin ich richtig stolz auf mich! Nur leider währt mein Triumphgefühl nur kurz, denn er macht tatsächlich Anstalten, wieder hinunterzusteigen.

„Stopp! Das war nur ein Witz! Außerdem will ich dich im Dunkeln nicht alleine durch die Gegend laufen lassen. Es treibt sich ja ein Mörder rum, oder?".

Damit spiele ich auf die seltsamen Vermisstenfälle der letzten Zeit an.

Jeder andere hätte jetzt wahrscheinlich triumphierend aufgelacht und mir mein mangelndes Durchsetzungsvermögen unter die Nase gerieben. Das ist aber nicht Adrian Grigoris Art, daher sieht er mich noch immer ausdruckslos an. schließlich seufze ich ergeben und trete einen Schritt zur Seite, damit er durch das Fenster einsteigen kann. Als er immer noch keine Anstalten macht, reinzukommen, greife ich ungeduldig nach seinem Arm und ziehe ihn ungeschickt näher heran.