Prolog

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Staub glitzert in der Sonne wie tausend Sterne. Schwerelos. Unzählbar. Still und wunderschön. Der Wind streicht mein Fell, gewärmt von den letzten Strahlen des Abends. Gelbes Gras unter meinen Pfoten. Der Geruch von Heimat liegt in der Luft.

Als jemand meine Flanke streift. Ich fahre herum, um ihn zu erkennen – doch schon kommt jemand von der anderen Seite, gleitet lautlos an mir vorbei, trabt nach vorn. Und immer mehr Katzen folgen ihnen, von hinten kommen sie, laufen geradeaus, links und rechts an mir vorbei, zerren mich mit sich, stoßen mich voran. Zögernd folge ich ihnen, lasse mich von ihnen treiben, hinein in den Wald, hinein in die Felder.

Das Dickicht lässt keinen Blick hindurch; hinauf geht es, mehr sehe ich nicht vor Katzenkörpern und Gestrüpp. Hinauf geht es, steil hinauf, immer und immer weiter, doch ich kann nicht anhalten. Der Abend neigt sich seinem Ende zu, das letzte Licht verblasst, die Staubsterne verschwinden im Schatten, doch egal wie weit wir laufen, der Hügel nimmt kein Ende, wird zu einem Berg, während sich die Nacht über den Wald legt und die Welt in ihr schwarzes Licht taucht.

Weiter, ohne anzuhalten; immer weiter geht es, voran. Meine Pfoten schmerzen von der trockenen Erde, dem bröseligen Untergrund, den scharfen Steinen darunter, dem trockenen Gras, als der Wald aufbricht und zu einer endlosen Ebene wird; die Schmerzen sind unerträglich, die Erschöpfung lässt mich zurückfallen, doch anhalten kann ich nicht, werde weitergedrängt von all den gesichtslosen Katzen, die mich umringen. Wiese wird zu Stein, und der Weg wird steiler; springen müssen wir nun, und auf einem der Felse werfe ich einen Blick hinauf in den Himmel. Tausend Sterne, heller und schöner denn je, strahlen mir entgegen, dann drängen sie mich weiter, weiter hinauf. Als ich das nächste mal einen Blick riskiere, spät in der Nacht bereits, glimmen sie am Himmel, funkeln und tanzen vor meinen Augen.

Beim dritten mal sind sie kaum noch zu erkennen. Wie Spiegelungen im Wasser tanzen sie hin und her, blass und schwach strahlen sie ihr letztes Licht, und immer mehr und mehr Katzen schieben mich voran, hinauf, hinauf in den Himmel.

Hinauf zu den Sternen.

Eiskalter Wind wühlt mein Fell auf, und ein Schauer läuft mir über den Rücken. Einen Moment starre ich noch den Himmel an, dann springe ich weiter. Schneller, immer schneller renne ich, die Katzen lassen mich hindurch, miauen mir Unverständliches hinterher, während ich an ihnen vorbeisprinte.

Hinauf zu den Sternen.

Stein wird zu Schnee, ich renne weiter. Schneller, immer schneller, springe ich den Hang hinauf, den endlosen Berg, ohne zurückzublicken, immer weiter, immer steiler, immer schneller hinauf in die Dunkelheit.

Bis ich plötzlich den Halt verliere. Ein erstickter Schrei – im ersten Moment versuche ich mich noch, festzukrallen. Angst breitet sich in mir aus, Panik, dann-

Falle ich.

Die Felswand, Längen entfernt, Katzenaugen in der Finsternis, über mir nur der Himmel.

Der Wind hört auf zu wehen.

Die Kälte scheint verstummt.

Und die Sterne sind verblasst.

WarriorCats - Von der Wahrheit träumt man nicht (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt