Kapitel 1

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Hanna betrat die knarzenden Planken des Schiffes. Die raue Briese wehte durch ihre braunen, langen Haare. Schweigend betrachtete sie für einen Augenblick den von Wolken bedeckten Himmel, erst dann setzte sie ihre Bewegung fort. Sie schaute sich langsam auf dem großen Schiffsdeck um. Ihr Herz schlug immer noch schnell vor Aufregung. Dies war nämlich ihr erster Urlaub ohne ihre Eltern. Naja, genau genommen war es kein richtiger Urlaub, vielmehr war es eine Freizeit für Jugendliche. Sie fuhr mit zwei ihrer besten Freundinnen. Hanna war vor zwei Wochen nämlich fünfzehn geworden und dies war sozusagen ein nachträgliches Geburtstagsgeschenk ihrer Freundinnen.

Das Deck war sehr groß und musste mindestens zwanzig Meter lang sein. Fünf Meter vor ihr war eine große Tür auf der „Kajüten" stand. Hanna schaute nach hinten und lächelte ihre beiden Freundinnen an, die auch über beide Wangen strahlten. Besonders Lina strotzte vor Freude. Ihre braunen Knopfaugen hatten einen fahlen Glanz und ihre dunkelblonden Haare wehten ihr ins Gesicht. Trotz des Starken Windes, war es nicht kalt. Im Gegenteil, es war eher angenehm kühl auf der Haut. Kuzuko sah etwas unsicher aus. Sie war eher schüchtern und still, trotzdem mochte Hanna ihre kühle und reife Art. Kazuko hatte pechschwarze Haare. Nur die zwei vorderen Strähnen, die sie sich extra für den Urlaub gefärbt hatte, waren blau. Hanna fand, dass sie ihr unglaublich gut standen. Sie selbst würde sich aber nie die Haare färben, da sie nicht so aus der Menge herausstechen wollte. Alle drei hatten schwere Rollkoffer in der Hand, die sie hinter sich herzogen. Ein Angestellter der Schiffes mit Matrosenkleidung deutete auf die Tür, an der „Kajüte stand.
„Willkommen an Bord. Bitte dort entlang."
Lina nahm den Schlüssel entgegen, den der Mann ihnen entgegenstreckte.
„Danke." sagte Lina und ging auf die Tür zu. Hanna wunderte sich woher der Mann wusste welche Kajüte sie gebucht hatten, obwohl er sie nicht einmal nach ihren Namen gefragt hatte. Sie beschloss nicht mehr darüber nachzudenken und folgte ihren Freundinnen.

„Welche Zimmernummer haben wir?"fragte Kazuko.
„Warte, ich glaube, dass steht auf dem Schlüssel." Lina betrachtete den Schlüssel genauer.
„Ah, da steht es. Wir haben Zimmer 16."
Sie schloss das Zimmer auf, als sie endlich davor standen.
Hanna war fasziniert „Wow, hier sieht's richtig gemütlich aus."
Die anderen stimmten zu. Eigentlich war nichts besonderes an der Kajüte. Sie sah auch eher altmodisch aus. Die Wände waren aus Holz und runde Fenster sorgten für genug Licht. Links an der Wand war ein Stockbett und an der anderen Seite stand ein Einzelbett, das Kazuko sofort für sich beanspruchte. Hanna hatte aber kein Problem damit.
Der hölzerne Boden knartze etwas unter ihren Füßen. Am Ende des Raumes befand sich eine weitere Tür. Sie vermutete, dass es sich um das Bad handelte. Auf der Webseite des Unternehmens stand auch etwas von einem eigenem Bad, aber es gab auch eine Toilette für alle. Da Lina schon das obere Bett belegt hatte, ließ sich Hanna auf das untere fallen und schloss die Augen. Die Anreise war ziemlich anstrengend gewesen. Erst war sie zu spät aufgewacht und dann hätten sie beinahe noch den Zug verpasst. Aber jetzt nahm sie sich vor, die nächsten zwei Wochen, nichts zu tun, einfach Mal das Leben zu genießen. Aufgrund der vielen Arbeiten die sie in der Schule schreiben musste, hatte sie kaum Freizeit.
Sie öffnete wieder ihre Augen und begann ihre Sachen auszupacken. Zum Glück gab es in dem Zimmer einen großen Schrank mit mehren Fächern. Da sie das Gegenteil von „ordentlich" war, stopfte sie ihre Klamotten einfach in irgenein Fach. Kazuko sah ihr kopfschüttelnd dabei zu. Sie war aber auch schon fast krankhaft ordentlich. Hanna fragte sich wie sie das hinbekam, während Kazuko ihre Kleidung feinsäuberlich auf einen Haufen legte. Auch Lina begann nun ihre Sachen auszupacken.
„Ist wirklich schön hier." ,sagte sie fröhlich.
„mmh" machte Kazuko nur, die immernoch mit zusammenlegen beschäftigt war.
Hanna machte sich auf den Weg ins vermeintliche Bad, um ihre Sachen auch dort unterzubringen. Zufrieden lächelte sie, als sie sah, dass es sich wirklich um ein Bad handelte. Sie stellte ihre Zahnbürste in einen Becher, der schon bereit stand und stellte ihre Zahnpasta daneben. In einem kleinen Fach unter dem Waschbecken befanden sich drei weiße Handtücher und frische Bettbezüge. Hanna hasste es Betten zu beziehen. Für sie war das immer ein fürchterlicher Kampf mit der Bettdecke, ganz zu schweigen von dem Bettlaken. Sie seufzte und legte in ein freies Fach daneben ihr Schminktäschchen. Sie war unglaublich froh hier zu sein. Für zwei Wochen keine nörgelnden Eltern, die ihr sagen, was sie tun musste.
Jetzt betrat auch Kazuko das Bad und stellte schweigend ihre Zahnbürste neben Hannas. Wenn man Kazuko nicht kannte, war es unglaublich schwer, ihre Gefühle und Gedanken zu deuten, aber Hanna war inzwischen so gut darin, dass sie sogar Kazukos älteren Bruder übertraf. Sie konnte also jetzt mit Sicherheit sagen, dass Kazuko sehr glücklich war. Das erkannte man an ihren Augen. Ihre braunen Augen glänzten unglaublich schön. Hanna würde alles dafür geben, um auch solche Augen zu haben. Sie selbst hatte die blauen Augen ihrer Mutter, aber war schon immer unzufrieden damit.

„Alles gut? Du startest mich so an..."
„Äh,...ja, ich war nur in Gedanken versunken."
Kazukos tiefe Stimme beförderte sie wieder in die Realität.
„Achso."
Die Schwarzhaarige war unter Freunden immer eine ganz andere Person, als bei Fremden Leuten. Bei ihr wirkte Kazuko immer sehr cool und reif. Aber sobald eine fremde Person dabei war, wirkte sie sehr unsicher.
Hanna verließ das Bad und gesellte sich zu Lina, die anscheinend gerade mit ihren Eltern telefonierte.
„Ja Papa, mir geht's gut...Wir sind gut angekommen...OK, ich leg jetzt auf...ja, tschüss."
Da fiel Hanna ein, dass sie ihrer Mutter versprochen hatte zu schreiben, wenn sie angekommen war. Sie holte ihr Handy raus und entsperrte es. Auf dem Display erschien eine Meldung, in der „vier verpasste Anrufe" stand. Mit einem schlechten Gewissen suchte sie die Nummer ihrer Mutter heraus. Ein lautes Tuten ertönte bis sich eine Stimme meldete„Ach, du lebst noch?" Die Stimme ihrer Mutter hatte einen vorwurfsvollen Unterton.
„Ja, tut mir leid Mama. Ich hab's total vergessen."
„Naja, jetzt hast du ja zurückgerufen. Wie geht's dir Schatz? Seid ihr gut angekommen? Ach ich weiß noch als ich mit meinen Freunden in den Urlaub gefahren sind. Ich hatte damals den Kater meines Lebens. Und wer weiß, vielleicht triffst du ja deinen zukünftigen Ehepartner. Wie du weißt habe ich deinen Vater auch-"
„Mama! Lass das! Außerdem hast mir diese Geschichte schon tausend Mal erzählt!"
„Stimmt, das ist dir ja peinlich. Dabei ist das doch nicht schlimm."
Hanna hasste es wenn ihre Mutter so war. Schnell versuchte sie das Gespräch abzuwürgen.
„Äh, ich glaube es gibt gleich Essen, ich muss auflegen."
„Ok mein Schatz. Hab dich lieb!"
„Ich dich auch."
Das mit dem Essen war gar nicht so sehr gelogen, denn es sollte jeden Tag um 18h-20h Abendessen geben. Und jetzt war es schon halb sechs.

Eine halbe Stunde später machten sich die drei auf den Weg ins Speisezimmer. Zum Glück fanden sie, in dem völlig überfüllten Raum, noch einen freien Tisch. Genau in dem Moment, indem sie sich hingesetzt hatten, ging das Licht aus. Auf einer kleinen Bühne am Rande des Saales, wurde ein Scheinwerfer auf einen Mann gerichtet. Der Mann hatte ein klein wenig zu viel Haargel benutzt. Außerdem trug er einen schwarzen Anzug.
Er begann zu sprechen.
„ Herzlich Willkommen auf unserer Jugendschiffsfreizeit. Wir stellen euch jetzt das freiwillige Tagesprogramm vor..."
Doch Hanna hörte gar nicht mehr zu. Sie war einfach nur glücklich.

Was ich wohl hier alles erleben werde...

Revenge of the oceanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt