Kapitel 3

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Dezember 1994━━━━━

Schloss Hogwarts, Weihnachtsball━━


»HEUTE SO FARBENFROH unterwegs?«

Emilia sah auf, als die Stimme ertönte. Sie hatte sie lange nicht gehört, bald ein Jahr war es her, dass sie das letzte Mal mit ihm gesprochen hatte.

»Was willst du?«, fragte sie, die Augen zu Schlitzen verengt, die Hände um den Stoff ihres tiefschwarzen Kleides zu Fäusten geballt.

»Nichts«, entgegnete Fred ihr, mit verschränkten Armen an der Wand lehnend. »Reden«, fügte er hinzu und zuckte mit den Schultern.

Sie waren alleine in dem Korridor, den Emilia aufgesucht hatte, um der Fülle der Großen Halle zu entfliehen.

»Du solltest nicht hier sein«, hauchte sie mit einer seltenen Weichheit in ihrer Stimme.

Er schnaubte nur und setzte ein schiefes Grinsen auf. »Was, taucht dein Beschützer etwa gleich wieder um die nächste Ecke auf?«

Sie legte die Stirn in Falten. »Er ist nicht mein Beschützer.«

»Weiß er das auch?«

»Hör auf«, zischte sie. Sie standen noch immer einige Meter entfernt voneinander. Ihr Herz schlug vor Aufregung feste gegen ihre Brust.

»Ach, Emilia...«, seufzte Fred, stieß sich von der Wand ab und machte einen Schritt auf sie zu.

Intuitiv wich sie zurück, um ihn ja nicht zu nah an sich heranzulassen.

»Was ist passiert? Erklär' es mir. Denn ich verstehe es immer noch nicht.«

»Nichts ist passiert. Ich bin einfach nicht der Mensch, für den du mich gehalten hast, okay?«

»Das kann ich dir irgendwie nicht glauben.«

»Dann lass es, aber lass mich auch in Ruhe!« Nervös sah sie sich im Gang um. Sie wollte sich nicht ausmalen, was Beck denken oder gar tun würde, wenn er in diese Szene hereinplatzen würde.

»Wenn es das ist, was du willst...«, sagte er und sah sie durchdringend an, um ihre Reaktion abzuschätzen.

Sie sagte nichts. Stattdessen schluckte sie, senkte den Blick und drehte sich um, um den Korridor schnellstmöglich zu verlassen.

»Ich würde es immer wieder tun.«

Freds Stimme ließ sie erstarren. Sie drehte sich nicht zu ihm um, doch sie schloss die Augen, als er weitersprach.

»Dich küssen. Ich würde es immer wieder tun, auch wenn ich jetzt weiß, was mich erwartet.«

»Du bist lebensmüde«, hauchte sie und drehte sich wieder zu ihm um.

»Und das fällt dir jetzt erst auf?«, fragte er mit einem schelmischen Grinsen und kam auf sie zu.

Emilia ließ es zu, dass er sich ihr bis auf einen letzten Schritt näherte.

»Du solltest jetzt gehen«, sagte sie in scharfem Ton, doch wurde sein Grinsen dadurch nur noch breiter.

»Bring mich dazu«, entgegnete er ihr und zog eine Augenbraue hoch.

»Wartet nicht irgendwo deine Freundin auf dich? Wer ist es jetzt nochmal? Ich hab irgendwie den Überblick verloren«, sagte sie zynisch.

»Alicia.« Er sah sich kurz nach hinten um. »Die wird schon ohne mich zurechtkommen.«

Emilia seufzte. Ein Teil von ihr war froh darüber, nach so langer Zeit noch einmal mit ihm zu sprechen, von ihm zu hören und ihm so nah zu sein. Doch ein anderer Teil von ihr sträubte sich, dieses Gespräch zu führen. Schließlich waren sie keine Freunde mehr. Sie hatte sich für ein Leben mit Beck entschieden, zwischen Slytherins und Machtkämpfen, während Fred das Leben weiterlebte, das sie einst so geschätzt hatte.

»Mach's gut, Fred«, sagte sie schließlich entschlossen, drehte sich wieder um und verließ dann endlich den Korridor.

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In der Großen Halle nahm Beck sie mit seinem angedeuteten Lächeln in Empfang, legte gleich einen Arm um sie und küsste sie auf die Wange, wo er eine sanfte Röte zurückließ.

»Komm, ich stell dir jemanden vor. Pius Thicknesse, er ist Vorsitzender der Abteilung für Magische Strafverfolgung – ein Freund meines Vaters.«

»Ah, klar.« Emilia nickte und klammerte sich an Becks Arm, als dieser sie durch die Menge an die andere Seite der Großen Halle zog.

»Wo warst du eigentlich so lange?«

»Ach, die Schlange im Bad war wieder so lang«, log sie ohne mit der Wimper zu zucken und schenkte ihm dann ein strahlendes Lächeln.

»Achso«, machte er und schenkte ihr einen kurzen Blick. »Es ist nie verkehrt Beziehungen aufzubauen«, fuhr er dann fort. »Vor allem, wenn du selbst die Bestrebung hast, ins Ministerium zu kommen.«

»Sicher«, entgegnete sie ihm. »Unbedingt.«

»Das wollte ich hören«, lachte er und nickte dann zu einem älteren Zauberer, der sich mit Barty Crouch an einem Stehtisch unterhielt.

»Pius!«, grüßte Beck den Mann mit schütterem schwarzem Haar.

»Hallo Beck, wie geht es dir, mein Junge?«

»Gut, gut. Danke! Darf ich Ihnen meine Freundin vorstellen, Emilia McClair.« Er deutete auf Emilia an seiner Seite, die die Männer mit einem höflichen Lächeln begrüßte.

»Schön, Sie kennenzulernen, Miss«, sagte Thicknesse und reichte ihr seine Hand. Sie nahm sie an, drückte sie leicht und nickte zustimmend.

»Es freut mich auch.«

»Emilia ist eine wirklich begabte Hexe, besonders was Zauberkunst und Verteidigung angeht. Darum möchte sie auch nach der Schule im Ministerium Fuß fassen.«

»Achso?«, machte Thicknesse und lachte auf. »Wir können engagierte junge Hexen immer gut brauchen. Vor allem, wenn sie von so guten Freunden empfohlen werden.« In einem Grinsen zeigte er seine schiefen Zähne und zwinkerte Beck zu.

»Schick mir noch einmal eine Eule, wenn es so weit ist – ein paar Jahre hat sie ja noch vor sich, wenn ich mich nicht irre?«

Emilia öffnete dem Mund, um etwas zu sagen, doch Beck antwortete gleich für sie: »Sie ist in ihrem fünften Jahr.« Also presste sie die Lippen feste aufeinander und lächelte bloß. Sie sollte besser nichts sagen, als etwas Falsches – das wusste sie bereits. Also ließ sie Beck über ihre Zukunft diskutieren und den Ministeriumsbeamten zu ihrem Vorteil bearbeiten. Denn wie weit kam man zu diesen Zeiten schon, wenn man keine guten Kontakte hatte?

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»Der Job sollte dir sicher sein«, erklärte Beck wenig später, als die beiden schwungvoll über die Tanzfläche flogen.

»Denkst du?«

»Ja, ganz sicher. Ich werde Dad noch einmal drauf ansetzen, aber wenn alles so läuft, wie es geplant ist, dann wirst du das neue Ministerium mit aufbauen-«

»und revolutionieren«, ergänzte sie seine Worte, die sie schon so viele Male aus seinem Mund hatte kommen hören, mit einem Schmunzeln.

»Aber dafür müssen wir uns noch ein wenig gedulden«, zischte er, doch seine Augen leuchteten bei dem Gedanken an die Zukunft, die er so greifbar vor sich sah, obwohl sie aktuell noch so weit in der Ferne lag und nur auf Theorien aufbaute, die sich alle noch bewahrheiten mussten.

Als die Musik erlosch, drehte Beck Emilia gekonnt aus, zog sie jedoch anschließend wieder mit einem Ruck an sich und legte seine starken Hände auf ihre Hüften, um sie mitten auf der Tanzfläche in einen innigen Kuss zu vertiefen.

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When Darkness Falls - Bring Back Beck (Lost and Found Spin Off)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt