15 - Willkommen in der Winkelgasse

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Obwohl wir am gestrigen Tag, nachdem wir Dumbledore in seinem Büro besucht hatten, nur noch gefaulenzt hatten, waren wir trotzdessen im Stress. Am nächsten Morgen, dem 31. Oktober, waren wir schon früh aufgestanden, um uns mit Hagrid, dem Wildhüter von Hogwarts, sozusagen Dumbledores rechter Hand, zu treffen.

Da standen wir jetzt, inmitten von Hogwarts Ländereien. Ein frischer Herbstwind begrüßte uns.
"Hast du mittlerweile herausgefunden was Hogsmeade ist?", fragte ich Annabeth, während ich meine Hände in den Taschen meines Hoodies vergrub. Hier war es doch deutlich kälter als im Camp, in dem normalerweise nur die Sonne schien.
Annabeth schüttelte den Kopf. "Zugegeben, ich habe auch nicht danach gesucht. Aber wir werden es schon sehen."

Grover schniefte. "Hoffentlich bald, ich werde mich bei diesem Wind bestimmt erkälten."
Ich lachte. "Es ist noch nicht einmal Winter, Grover."
Grover schaute mich grimmig an.
"Ich weiß", sagte er schnippig, "aber ich habe auch nicht vor den ganzen Winter lang hier zu bleiben und mir ein Winterfell wachsen zu lassen. Grausig ist das!"

Ich lachte wieder, Grover schaute trotzig weg.
In dem Moment bemerkten wir Hagrid, der auf uns zugestapft kam. "Hallo zusammen, ich hoffe ihr wartet noch nicht lange. Wir haben heute viel vor. Haltet euch fest."

Er hielt uns seinen Arm hin. Wir schauten wohl recht verdutzt, denn er nickte uns noch einmal aufmunternd zu. Ich ergriff seinen Arm, Annabeth und Grover taten es mir nach.
Auf einmal zog es höllisch in meiner Magengegend. Es schien mir, als hätte jemand meine Organe gewaltsam aus meinem Körper gerissen, sie etwas rumgeschüttelt und dann wieder eingesetzt. Kurz gesagt: mir war extrem übel. Noch übler als beim Schattenreisen mit Nico oder Mrs. O' Leary. Ich könnte wortwörtlich kotzen.

Grover schien es ähnlich zu gehen, denn sobald wir wieder festen Boden unter den Füßen hatten, kippte er einfach zur Seite um. Gerade im richtigen Moment packte Hagrid ihm am Nacken und hob ihn wieder auf seine Füße.
Doch auch dieser hielt sich einen Arm schützend über den Bauch.
"Oh Mann, ist euch auch so übel?", fragte er und rieb sich den zugegebenermaßen sehr großen Bauch.
Annabeth nickte. Gekrümmt stehend stütze sie sich mit einer Hand an mir ab, während sie die andere vor ihren Mund hielt, als würde sie mit aller Kraft ein Würgen unterdrücken.
"Alles gut?", fragte ich leise und ergriff ihre Hand. Sie nickte und richtete sich langsam wieder auf. Dann lächelte sie kurz, auch wenn ich ihr ansehen konnte, das bei Weitem nicht alles okay war.
Hagrid und Grover schienen das jedoch nicht zu bemerken. Stattdessen liefen sie vorweg die Gasse entlang, in der wir gelandet waren.

Erst jetzt betrachtete ich meine Umgebung: wir befanden uns inmitten einer Einkaufgasse, die links und rechts aus kleinen Läden und Cafés bestand. Rund um uns herum bahnten Menschen sich ihre Wege durch die Menge.
Neben uns hörte ich immer wieder genervte Seufzer, beinahe das Augenrollen der Menschen, denen wir im Weg standen, konnte ich hören.

"Hier entlang, alle miteinander!", wies Hagrid uns an und führte uns die Gasse entlang. Wir folgten dem Strom, bis wir rechts von uns einen schäbigen Laden entdeckten. Der schwarze Lack der Tür blätterte bereits ab, nur das Metallschild verriet, was sich hinter der massiven Holztür versteckte. Zumindest ließ es sich vermuten, denn das Schild zeigte eine gekrümmte Hexe, die in einem Kessel rührte. Ein Pub, da war ich mir sicher.
Tatsächlich, als Hagrid die Tür aufstieß und wir zusammen den, mit dichtem Dampf durchzogenen, Raum betraten, kam uns ein Schwall stickiger Luft entgegen, die verdächtig nach Alkohol roch.
Im Inneren des Pubs war es eng und laut. Ein paar merkwürdig aussehender Menschen, jedoch keiner merkwürdiger als die Hexen und Zauberer, die wir bereits kennengelernt hatten, tummelten sich hier und da and den langen Holztischen, andere belagerten die Theke. Hinter dieser stand ein glatzköpfiger Mann mit gebückter Haltung, der uns seltsam beäugte.

"Guten Morgen Tom!", begrüßte Hagrid den Barkeeper laut über die Gespräche der anderen hinweg.
"Morgen Hagrid", sagte er mit tiefer, irgendwie unangenehmer Stimme, "das Übliche?"
Hagrid schüttelte theatralisch den Kopf. "Ich bin wieder Mal im Auftrag von Dumbledore hier. Beim nächsten Mal."

Während Hagrid von allen Seiten von allerlei Leuten begrüßt wurde, folgten wir Drei ihm still. Plötzlich fühlte ich mich wieder wie vor 5 Jahren, als ich das erste Mal Camp Halfblood und damit eine ganz neue Welt betreten hatte. Nur jetzt war ich älter und stärker. Eigentlich müsste ich diesen Auftrag mit Leichtigkeit erledigen können. Doch ich konnte mich hier einfach nicht wohl fühlen. Das hier war anders.

Mir blieb nicht lange Zeit zum Denken, denn ich rannte geradewegs von Hinten in Annabeth hinein, die plötzlich stehen geblieben war. Ich wollte sie gerade fragen was los war, da fiel mir auf, dass wir in einer Art Hinterhof des Ladens standen. Dieser bestand allerdings nur aus einem viereckigen, mit Backsteinmauern begrenzten Platz und einem einzelnen silbernen Mülleimer.

Hagrid griff in die Innenseite seines Mantels, als würde er etwas suchen und zog schlussendlich einen großen, pinken Regenschirm aus seiner Innentasche.
Verwirrt, was er damit anfangen wollte, betrachtete ich jede seiner Bewegungen.

Annabeth und Grover schien es ähnlich zu gehen, denn auch sie beobachteten Hagrid genau, als er mit der Spitze des Schirms eine gewisse Kombination an Backsteinen berührte und anschließend einen Schritt zurück trat.
Es dauerte einen kurzen Moment, da fingen sich die Steine an zu Bewegen. Quietschend verschoben sie sich und stapelten sich, bis sie einen Bogen freigaben, durch den wir in eine schmale Einkaufsgasse blicken konnten.
Der einzige Unterschied: alles war voller, mit Umhängen und Hüten bekleideter, Zauberer und Hexen.

"Willkommen in der Winkelgasse!"

Potter & Jackson - Tote auf dem OlympWo Geschichten leben. Entdecke jetzt