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Ich öffne meine Augen. Mit einem gekonnten Handgriff entriegle ich die Kapsel, in der ich jetzt bestimmt schon seit 4 Tagen gelegen habe. Mein Kopf brummt. Das fühlt sich definitiv nicht gesund an, aber ich bin ja auch nicht hier um eine Spa-Woche zu genießen. 

Ich fasse an meine Stirn - kein Fieber, immerhin. Seufzend richte ich mich auf und setze mich langsam, ganz langsam, auf die geöffnete Kapsel und schaue gedankenverloren in den Raum. Bis auf mich sind bereits alle schlafen gegangen, ihr Avatar liegt behütet und beschützt in der Blockhütte im C-Bereich.

Was mich angeht, kann ich nicht dasselbe behaupten. Mir ist die Gedankenverbindung zu meinem Avatar schon das zweite Mal in Folge verloren gegangen. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, liegt mein Avatar nun vollkommen schutzlos irgendwo im nirgendwo auf Pandora herum. Ich stütze meinen immer noch brummenden Kopf auf meine Händen und reibe mir die Augen. Wie zum Teufel soll ich jetzt an meinen Avatar kommen? 

Ich befinde mich doch erst in der Testphase... Wenn ich meinen Avatar nicht zurückholen kann, war's das. Ich muss nachhause - ohne Geld, ohne Rum, ohne Ehre. Gestern haben sie einen Kandidaten bereits rausgeschmissen, weil er die Gedankenverbindung nicht halten konnte und den Avatar-Körper versenkt hat. Das Gleiche könnte mir auch passieren. 
Was würde meine Familie nur dazu sagen? Schließlich bin ich nur ihretwegen aufgebrochen und habe dieser blödsinnigen Himmelfahrtskommando-Mission eingewilligt. Ich habe nicht einmal Vorkenntnisse über Pandora und dennoch bin ich jetzt hier. Ganz klar, ich habe es so weit geschafft, umdrehen kommt gar nicht mehr in Frage. 

Etwas benommen begebe ich mich runter von der Kapsel und setze mich an den Bildschirm, der unsere Gehirnaktivität überwachen sollte. Eigentlich sollte ich längst mal meinen Schlaf nachholen, aber Familie ist mir einfach gerade wichtiger. Hektisch logge ich mich ein und schaue mir die Videoaufnahmen an. Das letzte, was ich durch meinen Avatar wahrnehmen konnte, war ein sonniger Strand mit Palmen und das schönste Meereswasser, das ich je gesehen habe. Ich erinnere mich noch genau an den Moment, als mir die Lichter ausgingen. Der Meeresblick war einfach atemberaubend - nicht einmal annährend vergleichbar mit der schmutzigen Erde, der ich nur dank dieser Mission entkommen konnte.

Ich seufze erneut und setze mich daran, den Standort meines Körpers ausfindig zu machen. Er ist etwa 20 Kilometer von hier entfernt, zwischen uns liegt die große See. Ich schüttle erschöpft den Kopf. Wie soll ich alleine an diesen Körper herankommen? Meine Überlebenschancen auf Pandora gehen gegen null! Allein schon wegen der Luft, die wir Menschen gar nicht verstoffwechseln können. 

Halt, das ist jetzt egal. Jetzt muss ich stark sein. Das ist meine einzige Chance der Armut zu entfliehen, ich muss einfach an diesen Job kommen. Ohne ein zweites Mal darüber nachzudenken, packe ich mir die Sauerstoffmaske von meinem Platz und mache mich leise auf den Weg zu den U-Booten.
Es ist nicht explizit verboten, sie zu benutzen. Allerdings müssen sie rechtzeitig für morgen einsatzbereit sein, damit die bereits ausgebildete Truppe auf die Suche nach Sully gehen kann, dem Verräter - unserem Verräter. 
Ich kenne seine Geschichte nur vom hören sagen, jedoch ist mir schnell klargeworden, dass er als Alpha-Na'vi ständig verhindert, dass wir Menschen uns endlich hier auf Pandora niederlassen können. Die Erde ist komplett verdreckt, meine Heimat gleicht einem Müllberg und meine Familie muss leiden. Ich werde dazu beitragen, dass sie endlich ein neues Zuhause finden! Komme was wolle.

Ich schleiche mich zu U-Boot Nummer 2 und öffne die Klappe mit meiner ID. Sie quietscht ein wenig und ich schrecke auf. Niemand scheint es gehört zu haben. Ich atme erleichtert auf und begebe mich in das Innere. Ein paar Knöpfe hier und da drücken und ein Countdown läuft. Bei "zero." schnellt das Bot ins tiefe Wasser und ich navigiere es erst einmal über Wasser, weil ich großen Respekt vor dem Ozean habe. Hier draußen ist das Wasser besonders dunkelblau und unklar, was mir ein bisschen Panik macht. Nicht zu vergessen meine Tendenz zur Klaustrophobie, die das Verweilen in so extrem engen Räumen jedes Mal zum Albtraum werden lässt.

Nach ein paar Minuten habe ich mich an meine Umgebung gewöhnt und traue mich, das U-Boot unter Wasser zu schicken, um unentdeckter und schneller voranzukommen. Bisher ist nichts Besonderes zu sehen: Hinter mir liegt das Headquarter und vor mir nur die große See. Keine Tiere, kein Land in Sicht. Das könnte jetzt ein wenig dauern. Durchhalten, sage ich mir, durchhalten.

➟➠ 20 Minuten Zeitsprung➟➠

Plötzlich ziehen verdächtig dunkle Wolken auf. So schnell sind diese fiesen Wolken nicht einmal in meiner Heimat aufgezogen. Ich runzle die Stirn. Krass, meine Sorgenfalte wird echt strapaziert hier auf Pandora. Der dritte Seufzer heute entweicht mir und ich starre hoch zur Wasseroberfläche. Allerdings erkenne ich nun nichts mehr, da zusätzlich zu den Wolken nun auch die Dämmerung angebrochen ist. Scheiße. Ich bin wirklich vom Pech verfolgt...

Ich werde aus meiner Gedankenwelt herausgerissen, als ich ein krachendes Donnern wahrnehme und das U-Boot hin- und herschwankt. F-ck, ich glaube mir wird übel.
Ohne einen weiteren klaren Gedanken fassen zu können, lenke ich das Bot an die Wasseroberfläche und öffne die Lucke, um mich ins Wasser übergeben zu können. Schwach, denke ich mir. Seekrank werden bei der kleinsten Kleinigkeit, so werde ich den Job niemals bekommen. 
Plötzlich wird es ganz nass um mich herum. Verdammt. Diese "kleinste Kleinigkeit" stellt sich als doch nicht so kleine Kleinigkeit heraus. Ich reiße meine Augen auf. Pure Angst und pures Adrenalin durchströmen meinen Körper, während das wilde Wasser mein U-Boot durchströmt. Das Meer tobt, der Himmel tobt. 

Alles was ich wahrnehmen kann, ist die riesige Welle, die mich aus dem Boot herausreißt. Das letzte, an was ich mich erinnern kann, ist mein Handgriff zur Sauerstoffmaske.
Dann wird alles um mich herum schwarz. ✘


𝔦𝔠𝔢 𝔠𝔬𝔩𝔡 ⟜ Neteyam / Lo'ak FanfiktionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt