Kapitel 1

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Man hatte sie immer und immer wieder gewarnt, aber sie hatte nicht hören wollen. Und jetzt würde sie dafür bezahlen. Vielleicht würde ihre Neugier sie dieses Mal wirklich umbringen.

Ein großer, männlicher Dämon in der Gestalt der Na'vi war aus einem Helikopter gesprungen, hatte sie aus ihrem Versteck gezerrt und mit auf ein großes Schiff gezerrt. All ihr Treten, Schlagen, Beißen und Kratzen hatte nichts gebracht - nur, dass sie jetzt in einen Raum voll kalten, weißen Lichts geschubst wurde. Die Tür krachte hinter ihr zu und sie stellte fest, dass es kein entkommen gab. Bogen und Messer hatte man ihr genommen. Mehrmaliges hämmern gegen Tür und Wände bestätigte ihr das. Erschöpft, ratlos und völlig hilflos sank sie in einer Ecke zusammen, die Arme um die Knie geschlungen.

Sie war zwar völlig allein in diesem Raum, fühlte sich aber irgendwie beobachtet.  Niemand wusste, dass sie von den Himmelsmenschen gefangen genommen worden war. Niemand würde sie retten oder sich gar Sorgen um sie machen. Sie war auf sich allein gestellt - mal wieder. Und sie hatte keine Ahnung, was sie tun sollte. Es gab keinen Ausweg, sie musste einfach abwarten, was die Himmelsmenschen mit ihr tun würden.

Da ging die Tür mit einem Zischen auf und der Dämon von vorhin trat ein. Zielstrebig ging er auf sie zu, ging vor ihr in die Knie und hielt ihr ein Atemgerät hin. Er selbst trug auch eines um den Hals und führte es an den Mund, um einen Atemzug zu nehmen. Nach einem prüfenden Blick in seine Augen, griff sie danach und nahm selbst ein paar Atemzüge.

Es war ein seltsamer Augenblick der Stille, in dem sie unsichere Blicke austauschen. Sie selbst war sich nicht sicher, was sie tun sollte, was sie als nächstes zu erwarten hatte und er sah so aus, als ob er nicht wüsste, wie er mit ihr umgehen sollte.

Dann ging er einen kleinen Schritt zurück, gab ihr mehr Raum.

„Ich bin Miles Quaritch."

Da fiel es ihr wie Schuppen von den Augen! Deswegen kam ihr dieses Gesicht vorhin schon so bekannt vor! Nur hatte sie ihn in dem Chaos nicht länger als wenige Herzschläge lang ansehen können. Wen sie da vor sich sah, musste ein Avatar von Colonel Quaritch sein.

Sie stockte.

Das konnte nicht sein. Neytiri hatte Quaritch in der großen Schlacht getötet. Das hier konnte nicht Miles Quaritch sein ... Aber irgendwie war er es doch. Wer oder was war er? Noch hatte sie keine Antwort darauf, aber eines wusste sie: Dieser Mann war gefährlich.

Quaritch hielt kurz inne, sah sie unschlüssig an. Dann deutete er mit einem Nicken auf sie. „Wie ist dein Name?"

Sie schwieg.

Als sie auch nach einem weiteren Augenblick keinen Ton von sich gab, wanderte sein Blick sichtlich verärgert durch den Raum, bis er wieder auf die Gefangene fiel.

„Du kennst Sully?", fragte er wie beiläufig und wies dabei auf das Band an ihrem linken Oberarm, das ein Geschenk von Jake gewesen war. Es war mehr eine Feststellung, als eine Frage, um den Grund für all das hier in den Raum zu werfen.

„Ja", sagte sie tonlos. Die Sprache der Himmelsmenschen kam brüchig über ihre Lippen, tat ihr beim Sprechen schon fast in Kehle und Ohren weh. Aber es hatte keinen Zweck zu leugnen.

„Kannst du mir sagen wo er ist?"

„Nein." Er hatte doch nicht wirklich geglaubt, dass sie ihn so einfach verraten würde. Sie starrte ihm in die Augen, bis er den Blick mit einem nervösen Lächeln abwandte.

Als er sich ihr wieder zuwandte, war sein Ton scharf und eindringlich. „Hör mal, ich gebe dir hier eine Möglichkeit, heil aus der Sache herauszukommen. Sag uns was du weißt und wir lassen dich laufen."

Verlorene Seelen PandorasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt