Kapitel 12

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Die traute Zweisamkeit wurde jäh von einem Schmerzensschrei Niamhs unterbrochen. Quaritch war mit seiner Hand gegen ihre Wunden gekommen. Stöhnend richtete sie sich mit einem Ruck auf, sodass sie auf Quaritchs Hüfte saß und sich keuchend auf seiner Brust abstützte.

„Tut mir leid, das wollte ich nicht", murmelte er, das Gesicht zu einer entschuldigenden Grimasse verzogen und strich eine Strähne aus ihrem Gesicht.

Es dauerte einen Augenblick, bis der Schmerz verklungen war. Und wie sie dort schwer atmend saß und auf Quaritch hinabsah, den Schmerz weg atmete, wurde ihr bewusst, was sie da eigentlich tat und dass sie das nicht tun sollte. Es war, als hätte jemand plötzlich ihr Herz abgeschaltet und stattdessen ihr sonst so logisch denkendes Hirn wieder eingesetzt. Was tat sie da nur? Wie war es dazu gekommen? Wie hatte sie es so weit kommen lassen können? War sie im Fieberwahn? War das der Auslöser für diese Gefühlsdusseleien? Es war doch unmöglich Gefühle für seinen Feind zu entwickeln!

Oder doch?

Wie hatte sie nur glauben können, dass sich jemand wie er je ändern könnte? Eine Seele so voller Hass, wie Quaritchs es war. Warum hatte sie nur geglaubt, er würde sich in irgendeiner Art und Weise von dem menschlichen Quaritch unterscheiden? Wie war sie nur auf die naive Idee gekommen, dass er anders wäre, nur weil er nun in einem anderen Körper steckte und irgendwie mit Eywa verbunden war. War er überhaupt ein richtiger Na'vi?

Nein.

Er ähnelte einem Na'vi zwar auf den ersten Blick, aber beim genaueren Hinsehen gab es Unterschiede, wie seine fünf Finger. Und wenn es solche Unterschiede gab, dann war er vielleicht gar nicht mit Eywa verbunden. Dann konnte die große die Mutter gar keinen Einfluss auf seine Seele nehmen, ihn nicht auf den rechten Weg führen. Dann gab es keine Hoffnung für ihn. Dann waren all ihre Hoffnungen, die sie bis jetzt in ihn gehabt hatte, vergebens. Dann würde er sie alle einfach zerstören. Die Na'vi, Eywa, Pandora. Alles.

Verärgert schüttelte Niamh den Kopf, um aus der Abwärtsspirale, in der sie geradewegs in den Abgrund steuerte, zu entkommen.

Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Sie wusste nur, dass das hier falsch war und ihr diese Situation mehr als unangenehm war. Es hätte nicht dazu kommen sollen. Aber wie sollte sie jetzt wieder hier herauskommen?

Quaritch merkte, dass irgendetwas nicht stimmte und sah sie fragend an.

„Was ist los?" Sanft strich er über ihren Arm.

Ruckartig entzog sie sich der Berührung. „Fass mich nicht an!"

Seine Gesichtszüge erstarrten. Und es gelang ihm nicht gänzlich, seine Verletztheit zu verstecken, aber selbst das kleine Zucken in seinem Gesicht, versetzte ihr einen Stich ins Herz. Auch wenn sie das nicht wahr haben wollte.

„Das hier ist falsch."

Seine Gesichtszüge verhärteten sich.

Langsam schüttelte sie den Kopf und ihre Mundwinkel zuckten, als sie sprach. „Du bist mein Feind. Ich sollte dir nur so nah kommen, um dir die Kehle aufzuschlitzen!"

Niamh konnte ihm deutlich ansehen, dass er nicht verstand, wie ihm geschah, wie sie von Jetzt auf Gleich so anders sein konnte.

In einem plötzlichen Anflug von Ekel vor Quaritch und sich selbst und ihrer eben noch so innigen Berührung, rutschte sie seitlich von seinem Körper herunter, bloß weg von ihm. Da blitzte am Rande ihres Sichtfeldes etwas metallisch auf und sie reagierte blitzschnell. Es war das Messer, mit dem er noch vor wenigen Minuten ihre Wunden ausgebrannt hatte, das sie nun schützend vor ihre Brust hielt, obwohl sie nicht so recht wusste, was sie nun tun sollte.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 01, 2023 ⏰

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