Walking a Storm

Kapitel 5

„Klar Mum. Es geht mir aber gut." Meine Mum hatte sofort angerufen, als sie gehört hatte, dass wir wieder gefunden worden waren. „Ich melde mich", verabschiedete ich mich und legte auf, froh ihre Fragen nicht mehr hören zu müssen. Meine Gedanken wanderten zu Elias und mir wurde wieder warm, als ich daran dachte, wie wir aufgewacht waren. Ich meine mich zu erinnern können, dass er sogar meinen Arm um mich geschlungen hatte. Widerwillig schüttelte ich den Kopf. Das musste aufhören. Elias war nicht der beste Umgang, nicht umsonst hatte ich mich von ihm fern gehalten. Mein Handy vibrierte und ich sah, dass es eine Nachricht von Leon war. Lächelnd rief ich diese auf.

Hey Verräterin. Warum antwortest du nicht? Ich weiß, dass du zuhause bist und genug Zeit hast auf meine Nachricht zu reagieren.

Lachend schüttelte ich den Kopf.

Ich muss mich ausruhen. Anweisung vom Direktor. Ich habe also eine gute Ausrede nicht zu antworten.

Es dauerte nicht lange und schon kam seine Antwort.

Bis nach der Schule hast du Zeit zum Ausruhen, danach komm ich vorbei. Ich bringe Pizza mit!

Leon ging offline und ließ mich mit einem fetten Grinsen zurück. So kannte und liebte ich meinen besten Freund. Wobei mein Herz das mit dem „liebte" ein wenig zu Ernst genommen zu haben schien, denn es vollführte gerade Freudentänze in meiner Brust.

Den restlichen Vormittag verbrachte ich mit meinem zweitbesten Freund: Netflix. Vor ein paar Tage hatte ich angefangen „Girlmore Girls" wieder von vorne zu schauen und war gerade bei der dritten Staffel angekommen. Ja, ich war ein Serienjunkie. Dazu liebte ich „Girlmore Girls", also war es kein Wunder, dass ich schon bei der dritten Staffel war. Leon meinte zwar, dass das absolut krank war, aber was lief bei ihm bitte falsch? Ich meine, wie konnte man „Girlmore Girls" nicht lieben?

Zwanzig Minuten nach Unterrichtsschluss klingelte es an meiner Tür. Überglücklich riss ich die Tür auf und Leon sprang mir in die Arme, womit er mich fast zu Boden warf. Lachend umarmte ich ihn ebenfalls, bevor er sich von mir löste. Schade, eigentlich hatte ich nichts dagegen gehabt ewig so zu stehen.

„Mensch Juna, was machst du nur für Sachen. Ich hatte eine Heidenangst, als du heute Morgen nicht aus dem Haus gekommen bist und dann nicht auf meine Nachrichten und Anrufe reagiert hast." Mit viel Fantasie meinte ich sogar eine Träne in Leons Augen erkennen zu können.

„Alles gut, ich war nur eine Nacht mit dem gefährlichen Typen der Schule in einem Raum eingesperrt.", meinte ich ironisch. Den Gedanken, dass er gar nicht so gefährlich auf mich gewirkt hatte ignorierte ich geflissentlich. Leon riß seine Augen auf. „Du warst mit Elias eingesperrt? Wieso erfahre ich das erst jetzt. Man Juna, da hätte so viel passieren können. Jetzt mache ich mir noch mehr Vorwürfe." „Du kannst doch nichts dafür.", meinte ich sanft und schob Leon aus der Tür, die übrigens immer noch offen stand. Ich schloss sie und folgte Leon ins Wohnzimmer. Er warf sich aufs Sofa und packte die Pizza aus. Ich setzte mich neben ihm hin und griff nach der Fernbedinung. Mittlerweile hatten wir eine eingespielte Routine, die wir durchzogen ohne reden zu müssen.

„Och, nö. Nicht schon wieder „Gilmore Girls". Das haben wir letztens schon geguckt. Außerdem hast du mir noch nicht erzählt, wie es gewesen ist." „Ach da gibt es nichts zu erzählen. Er war nervig, der Raum kalt und die Arbeit ist fürn Arsch, ich muss die nachschreiben." „Das ist unfair." Zustimmend nickte ich und drehte mein Gesicht in seine Richtung. Allerdings hatte ich nicht damit gerechnet, dass er ebenfalls zu mir sah und so waren unsere Gesichter unbeabsichtigt sehr nah beieinander.

Ich schluckte. Mein Blick wanderte zu seinen Lippen und mein Mund wurde trocken. In meinem Kopf spielten sich Szenarien ab, wie wir uns küssten oder wie er den Blick abwenden würde, so wie er es immer tat, denn solche Momente waren keine Seltenheit. Wie befürchtet sah er weg und es war, als würde nie etwas passiert sein. So wie immer. Dummes Herz, dass du dir etwas anderes gewünscht hattest.