Flucht- nur nicht weit oder schnell genug.

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          Ana trug den Zettel in ihrer Rocktasche zusammengeknüllt wie eine Warnung. Eine Warnung, die ihr Gesicht trug und das auch noch akkurat gezeichnet. Ihr Kopf schmerzte allein bei der Vorstellung, dass jemand ein Preisgeld auf ihren Kopf ausgesetzt hatte. „Was hab ich denen getan?"

Kaïa wurde nicht langsamer. Im Gegenteil. Der gefundene Zettel hatte sie schneller laufen lassen als zuvor. Sie hatte Ana verboten aus den kleinen Rinnsalen am Boden zu trinken, aber ihre Anweisungen waren knapp und distanziert geblieben.
„Nichts. Du bist lediglich leichter umzubringen als der Nachtfuchs und Magie ermöglicht schnelle Kommunikation."

Ana stolperte. Ach, wie nett. Das ergab keinen Sinn.
„Warum würden die Rebellen den Nachtfuchs umbringen? Ich dachte, das Orakel hat ihn als den Retter eures Landes ausgewählt?"

Kaïa sah nicht einmal über ihre Schulter zu ihr zurück. Erst an einer Weggabelung hielt sie inne, ihre Antwort abgelenkt.
„Er rettet niemanden, wenn er seine Rolle als Caraid nicht annimmt."

In ihrem Rücken verzog Ana das Gesicht. Wenn dieser Nachtfuchs kein Caraid sein wollte, sondern andere Pläne für sein Leben hatte, mussten die Leute es akzeptieren. Er schuldete ihnen keinen Retter. Und sie auch nicht. Nicht, dass das irgendjemanden interessierte.
„Dann soll das Orakel einfach jemanden anderen bestimmen? Vorzugsweise jemanden, der nicht an mich gebunden ist?"

Kaïa sah erst in den linken, dann in den rechten Tunnel. Es war offensichtlich, dass sie Ana kaum noch zuhörte.
„Das kann es nicht. Es sagt einen Namen und derjenige ist es bis zu seinem Tod. Erst dann kann sie jemand neuen ausrufen." Schließlich warf sie Ana einen langen, kritischen Blick zu.
„Ich werde jetzt um diese Ecke gehen und du wirst mir nicht folgen. Hast du mich verstanden?"

Ana verkniff sich die Bemerkung, dass sie verrückt, nicht taub war. Es reichte, wenn Leute, die sie noch nicht kannten, töten wollten. Kein Grund, Leute, die sie kannte, ebenfalls zu verärgern.

„Was hast du vor?" Unruhig leckte sie sich über die trockenen Lippen. Die Vorstellung, alleine im Halbdunkel zu bleiben, ohne mögliche Konversation, die sie ablenken konnte, war eher weniger attraktiv. Sie fühlte sich wie ein Seiltänzer, der aufgefordert wurde aus dem Sprint stehenzubleiben. Nur wartete unten kein Trampolin, sondern sicherer Wahnsinn.

Kaïa war das natürlich egal.
„Wasser finden", sie deutete auf eine Nische, einige Schritte zu ihrer Linken, „Du solltest dich schlafen legen. Du bist schon zu lange auf den Beinen. Ich übernehme die erste Wache."

Ohne Ana die Chance auf eine Diskussion zu geben, marschierte sie um die Ecke und ließ Ana alleine zurück. Diese starrte für einen Moment dumm die Wand an, hinter der sie verschwunden war. Wohin ging sie?

Dann drehte sie sich langsam der Nische zu. Sie würde hier unten nicht schlafen. Was, wenn sie im Schlaf sprach, Kaïa zurückkehrte und sie ihr von all ihren Träumen und dem Wahnsinn erzählte? Während ihrem ersten Aufenthalt im betreuten Wohnen war ihr das passiert. Danach war es sehr schwer geworden, Dr. Neill davon zu überzeugen, dass ihre verschriebenen Pillen die Träume ehrlich vertrieben.

Die Erinnerung ließ sie auf die Zunge beißen. Sie konnte noch ein bisschen weiterlaufen. Da war sie sich sicher. Sie würden schneller bei den Seelenweberinnen sein und damit schneller zuhause.

Aber Kaïa hatte sehr bestimmt geklungen. Ana zögerte. Judy hatte sie davor gewarnt, alleine zu bleiben. Niemals ohne Begleitung zu gehen. Nicht, wenn sie ihren eigenen Augen nicht trauen konnte, dass alles auch wirklich da war, was sie sah. Es war, als sähe sie ihr über die Schulter. Wisperte ihr die Worte ins Ohr. Andere Leute glaubten ihr schließlich auch nicht...

The Demon Stone - Der Weltenwandler IWo Geschichten leben. Entdecke jetzt