Teil 37

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"Das war ein wundervoller Tag. Es war schön alle mal wieder zu sehen." Erschöpft streife ich mir das Kleid von den Schultern. Es fällt auf den Boden und bleibt dort liegen. Ich bin zu müde um es aufzuheben. "Ja, das stimmt", bestätigt Paddy mit der Zahnbürste im Mund. Ich trete zu ihm ins Bad und beginne mich abzuschminken. Auch wenn man von dem Makeup nicht mehr allzu viel sieht, ist das feuchte Pad, mit dem ich mir mein Gesicht wasche, voll damit. "Sag mal, Maite hat heute so eine komische Aussage getroffen. Sie meinte, dass es schön ist, dass Angelo und du euch wieder besser versteht. Was meinte sie damit?" Ich schaue meinen Mann an und sehe, wie er die Augen verdreht. "Ach Maite wieder. War ja klar, dass sie davon anfängt." Neugierig schaue ich Paddy an. Er spricht von sich aus nicht oft über die Vergangenheit. "Naja, damals auf dem Höhepunkt unseres Erfolges, gab es immer wieder Stress zwischen Angelo und mir. Er war eifersüchtig auf mich, auf meinen Job als Bandcoordinator, einfach auf alles. Er hat sich oft gegen meine Anweisungen aufgelehnt. Wenn ich sagte, Soundcheck ist um 10 Uhr kam Angelo erst um 11 Uhr, oder gar nicht. Wenn ich der Familie die Tourplanung vorgestellt habe, war er immer gegen meine Vorschläge. Ein richtiger Rebell." Ich bin überrascht. Davon wusste ich nichts. "Naja, er hat nicht verstanden, dass ich ihn nicht herumkommandieren will, sondern er einfach Teil des Ganzen war, wie jeder von uns. Und da ich nun mal die Aufgabe hatte, die Band zusammenzuhalten und mich darum zu kümmern, dass es läuft, hat er extrem gegen mich rebelliert." "Und was ist dann passiert? Wie habt ihr das ganze gelöst?" "Gar nicht. Ich kam nicht an ihn ran und auch auf die anderen wollte er nicht hören. Irgendwann ist es dann eskaliert. Wir haben uns nach einem Konzert im Hotel geprügelt." Erschrocken schlage ich meine Hände vor den Mund. Ich kann es mir lebhaft vorstellen, wie das damals abgelaufen sein muss. Eine Prügelei ist schon heftig, wenn man aber weiß, dass beide noch aktiv Kickboxen betrieben haben zu der Zeit... "Jimmy und Joey sind dann dazwischen gegangen, sonst hätten wir uns wohl noch ernsthaft gegenseitig verletzt." Paddy steht mit gesenktem Kopf am Waschbecken. "Danach war alles anders zwischen uns. Wir sind uns aus dem Weg gegangen und haben kaum noch miteinander gesprochen." Behutsam streichle ich im über seinen Arm. "Das muss hart gewesen sein für dich." Er nickt. "Danach verlies einer nach dem anderen die Band. Und auch familiär wurde der Kontakt weniger. Jeder fokussierte sich mehr und mehr auf seine Soloprojekte. Alles brach auseinander. Ich hatte versagt!" Ich sehe, wie tief Paddy diese Erinnerung verletzt. Nur zu gerne würde ich etwas sagen, doch ich habe einen dicken Kloß im Hals. Ich lege meine Arme um Paddy. Er dreht sich und legt auch seine Arme um mich, mein Kopf ruht auf seiner Brust. Nach einer kurzen Pause, beginnt Paddy wieder zu erzählen:" Nachdem ich damals aus dem Kloster kam, hat Maite uns davon überzeugt, wieder miteinander zu sprechen, auch über damals. Das tat gut und ich glaube, dass diese Pause uns beiden gut tat. Wir konnten beide viel offener aufeinander zugehen und einander vergeben. Doch vergeben heißt nicht vergessen. Es war ein Cut, ein schmerzhafter." Ich hebe meinen Kopf von seiner Brust und schaue ihm tief in die Augen. "Aber es hat euch zu den Männern gemacht, die ihr heute seid. Vielleicht musste es damals krachen, damit die Wut und die Eifersucht nicht weiter in euch brodeln. So könnt ihr heute wieder normal miteinander umgehen, als Brüder." Ein Lächeln huscht über Paddys Lippen.

Friends R Family 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt