TWENTY-SIX

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Stille. Das Erste, was Freya hörte, nachdem sie den Fernseher ausgeschaltet hatte. Schon seit Tagen waren überall im Internet die Ninja. Leute, die Freya einfach nicht sehen wollte. Jedes Mal, wenn sie die Ninja sah, kamen die Erinnerungen wieder hoch. Erinnerungen an Tage, die noch nicht allzu lange her waren. Es waren erst wenige Wochen seit den Ereignissen in Stixx vergangen. Dennoch konnte Freya nachts, wenn sie sich ins Bett legte, immer noch die Wellen hören, über die die große Fähre gefahren war. Die Fähre, auf der sie gewesen war, als sie, ohne etwas tun zu können, den Tod von Morro beobachtet hatte. Seit dem hatten die Ninja immer wieder nach ihr gesehen. Sie dachten ernsthaft, dass Freya die Seite gewechselt hatte. Sie selbst wusste es aber besser. Nach den Ereignissen in Stixx, hasste sie die Ninja mehr als je zuvor. Sie hatten ihr tatsächlich alles genommen, was sie hatte, und hätte haben können. Erst hatten sie ihre Schwester auf ihre Seite gezogen, dann ihren Vater verbannt. Selbst nach all dem fiel ihnen nicht besseres ein, als ihr auch noch Morro wegzunehmen. Der einzige, dem sie nach Jahren wirklich wieder vertraut hatte. Seit dem Tod ihrer Mutter hatte sich ihr Vater verändert. Er hatte Freya und ihre Schwester anders behandelt, bis sich beide nicht mehr sicher bei ihm gefühlt hatten. Skylor hatte angefangen, sich daran zu gewöhnen. Sie hatte sich angepasst. Freya jedoch hatte aufgehört, ihm zu vertrauen. Für sie war er nur noch der Mann, der sie aufgezogen hatte, nicht mehr ihr Vater. Gerade als er ihr endlich wieder das Gefühl gegeben hatte, dass er sie liebte, kamen die Ninja und sperrten ihn in die jetzt unerreichbare verfluchte Welt. In ihren Träumen sah Freya immer wieder die Schlucht, in der die Elementarmeister gegen die Anacondrei gekämpft hatten. Sie sah das große Portal am Himmel, das die Schlangen und somit auch ihren Vater verschlungen hatte. Sie sah die Ninja und ihre eigene Schwester, wie sie den Sieg feierten. Einen Sieg, der für Freya nichts als Verluste mit sich gebracht hatte.

Trotz allem hatten die Ninja sich ein wenig um Freya gekümmert. Sie hatten ihr eine Wohnung besorgt und zahlten ihre Rechnungen. Ursprünglich hätte sie mit den Ninja, auf deren Flugschiff leben sollen, das hatte sie aber abgelehnt. Gegen die Wohnung konnte sie aber nicht sagen. Sie war froh, dass sie nicht wieder auf der Straße saß. Auch wenn es seltsam war, in einer Wohnung zu leben, die sie nicht bezahlten musste. Aber nur weil Freya kostenlos in der Wohnung wohnte, bedeutete das noch lange nicht, dass sie nicht arbeiten musste. So langsam ging ihr das Geld, das die Ninja ihr gegeben haben, aus. Sie brauchte einen Job, und das schnell. Genau darum stand sie auf und ging mit einem Haufen frischer Klamotten ins Bad. Sie hatte ein Bewerbungsgespräch. Es hatte lange gedauert, um etwas zu finden, für das sie keine Jahre dauernde Ausbildung brauchte, das auch einigermaßen gut bezahlt war. Pizzalieferant. Es war zwar kein Traumjob, aber fürs Erste reichte es. Sobald sie also ihren Anzug angezogen und ihre Haare zurechtgemacht hatte, verließ sie ihre Wohnung.

Kaum war sie mit dem Fahrstuhl ins Erdgeschoss gefahren und aus dem Haus gegangen, kamen ihr die Plakate der Ninja nur so entgegengesprungen. Sie waren einfach überall. Vor dem Krankenhaus in der Nähe konnte sie schon die Menschenmenge sehen. Die Ninja waren scheinbar dort. Freya versuchte so gut es ging den Ninja auszuweichen, und anhand dieser Ansammlungen von Fans war das leichter als gedacht. Einige Straßen weiter war das vor kurzem eröffnete Pizzarestaurant. Es erinnerte Freya an die Anfangszeiten der Nudelrestaurants, als ihr Vater es noch geführt hatte. Nach seiner Verbannung auf die Insel hatte er das Restaurant nur noch von weiten versorgt. Freya hatte es nie hinterfragt, wie er diese ganzen Gerichte vorproduzieren konnte. Aber das hätte sie wohl. Im Pizzarestaurant war schon einiges los. Es war schon jetzt ziemlich angesagt. Darum wurden auch mehr Lieferanten eingestellt. Es gab eben auch mehr Kunden. An der Kasse erkundigte sich Freya wegen des Bewerbungsgespräches. Die junge Dame schaute Freya erst angeekelt an, bevor sie mit ihrem Daumen hinter sich auf die Tür zeigte. Freya bedankte sich freundlich und lief mit einem Augenrollen an ihr vorbei. Hinter der Tür war ein Flur mit weiteren Türen. Am Ende des Flurs stand groß "Büro" an der Tür. Freya lief also auf diese Tür zu und klopfte vorsichtig an. "Herein" hörte sie vom inneren des Raumes. Als Freya eintrat, saß vor ihr an einem Schreibtisch ein Mann, etwas älter als Freya. Er wirkte aufgebracht. In seiner Hand war ein altmodisches Kabeltelefon. Sobald das Gespräch beendet war, bat der Mann Freya, sich zu setzten.

"Also. Freya, richtig?" fragte er, während er ein wenig in seinem Computer rum guckte. Als er gefunden hatte, wonach er gesucht hatte, sah er Freya zum ersten Mal an. "Sie haben bei ihrer Bewerbung einige Felder ausgelassen. Wieso?" fragte er dann. "Ich rede nicht gerne über mich selbst." war Freyas Antwort. Was hätte sie denn auch über ihren Lebenslauf schreiben sollen? Dass sie mit einem Geist zusammen fast ganz Ninjago zerstört hätte, ihr Vater nach seiner Verbannung auf eine Insel auch noch in die mittlerweile zerstörte Verfluchte Welt verbannt wurde? Das würde sich in einer Bewerbung sicher gut machen. "Sie sind noch recht jung, haben sie vorher schon andere Jobs gehabt?" fragte er. "Ja, ich war Nachtwächterin in einem Museum." antwortete Freya. Der Gedanke an ihren Job dort weckte Erinnerungen. In dem Museum hatte sie Morro kennengelernt. Es war für sie der Beginn eines neuen Kapitels gewesen, das aber sehr schnell zu Ende gewesen war. "Nun gut. Sie machen auf mich einen korrekten Eindruck. Wir werden uns bei ihnen melden." erklärte der Mann. Freya nickte und stand aus dem ungemütlichen Bürosessel auf. Sie verließ das Büro und auch das Restaurant.

Die Menge vor dem Krankenhaus war mittlerweile wieder verschwunden. Entweder die Ninja hatten es nach draußen geschafft, oder die Menge nach drinnen. So oder so, von den Ninja war keine Spur. Langsam machte sich Freya auf den Weg zu ihrem Lieblingscafé. Es war in der Nähe ihrer Wohnung, und echt gemütlich, für eine Tasse Tee und ein Stück Kuchen. Freya musste erst ein mal über einen Zebrastreifen. Auf der Insel in der Mitte der Straßen wurde sie von jemandem angerempelt. "Hey! Pass auf, wo du hingehst." Sie drehte sich zu dem Kerl um. Sie sah direkt in die finsteren Augen einer seltsamen Gestalt. Er sah nicht gerade aus wie ein gewöhnlicher Passant, fast schon seltsamer als ihr Vater. Er trug ein grünes Oberteil mit einem roten Tuch um den Hals. Dazu eine ebenfalls rote Hose. Doch seine schlecht kombinierte Kleidung war nicht mal das Schlimmste. Seine langen schwarzen Haare waren mit einem roten Zopfband zu einem übertreiben hohem Pferdeschwanz zusammen gebunden. Es sah aus wie aufgeklebt. Er sah lächerlich aus. Provozierend, aber auch beleidigend fragte Freya den Fremden: "Was bist denn du für n' Vogel?"


Freya - Ninjago FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt