1 | Blind Date

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BRIELLE

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BRIELLE

„Mrs. Boyle?", rufe ich und klopfe noch einmal energisch gegen die Tür.

„Ja ja", erklingt es von dahinter und nur wenig später steht die kleine grauhaarige Frau vor mir. Ich halte ihr Einkäufe hoch und sie winkt mich mit ihrem Gehstock in die Wohnung.

Mrs. Boyle ist meine Nachbarin und so erbärmlich das klingen mag, auch meine einzige Freundin in dieser Stadt.

Vor zwei Monaten bin ich mit Mitte zwanzig von meiner kleinen Heimatstadt in North Carolina nach New York City gezogen, um meinen Traum von einer Kunstgalerie zu verwirklichen.

Oder überhaupt davon meine Kunst zu verkaufen. Ich wäre wirklich schon glücklich darüber, sie in der Galerie von jemand anderem zu sehen – sie irgendwo außerhalb meiner vier Wände zu sehen.

Niemand konnte meine Entscheidung nachvollziehen, weder meine Familie noch meine Freunde. Alle haben mir gesagt, ich würde nicht hierher passen und wenn man bedenkt, dass sich nach den ersten Monaten meine einzige wirkliche Bekanntschaft auf eine fast achtzigjährige, gebrechliche Frau beschränkt, hatten sie damit vielleicht sogar recht.

Die meiste Zeit verkrieche ich mich in meiner Wohnung, eine Staffelei vor mir und einen Pinsel in der Hand. Das ist es, was ich schon immer geliebt habe und in meinem alten Zuhause bin ich damit in eine Sackgasse gelaufen.

„Ich habe eine großartige Idee", verkündet mir Mrs. Boyle während ich ihre Einkäufe in dem vergilbten Kühlschrank verstaue.

„Okay", erwidere ich und drehe mich halb zu ihr um.

„Du solltest ausgehen!"

Ich lache auf. „Wenn Sie nicht vorhaben mit mir das Tanzbein zu schwingen, Mrs. Boyle, wird daraus wohl nichts."

„Aber doch nicht ich", winkt sie ab. „Ich kenne da einen netten jungen Mann, der ganz verzaubert von dir wäre. Allerdings bin ich unsicher, ob Tanzen das Richtige für ihn ist. Vielleicht solltet ihr mit einem Restaurantbesuch starten."

„Deshalb brauche ich ja Sie, damit Sie mit mir die Tanzfläche unsicher machen", sage ich schmunzelnd zu ihr und hoffe, dass damit das Thema mit dem netten jungen Mann erledigt ist.

Doch anstelle auf meine Antwort einzugehen, spricht sie einfach weiter: „Ihr würdet so ein hübsches Paar abgeben. Und du bist immer so allein, Brielle. Das gefällt mir nicht. Bist du nach New York gezogen, um nur in deiner Wohnung zu sitzen?"

„Ich sitze nicht nur in meiner Wohnung. Ich arbeite. Deshalb bin ich hierher gezogen", verteidige ich mich.

„Auch andere Menschen arbeiten. Aber sie machen auch irgendwann Feierabend und dann gehen sie aus", erwidert sie streng.

Ich unterlasse es, ihr zu erklären, dass es auch Menschen gibt, die gerne zuhause sind und die Ruhe genießen. Vielleicht unterlasse ich es auch, weil ich in Wahrheit wirklich etwas einsam bin.

So hell wie die NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt