18 | Rückkehr

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BRIELLE

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BRIELLE

Nach unzähligen rastlosen Stunden, einer schlaflosen Nacht und weiteren rastlosen Stunden weiß ich noch immer nicht, was ich genau zu ihm sagen soll.

Es ist nicht nur, dass ich noch nie in so einer Situation war, sondern auch, dass es mir noch nie so wichtig war.

Ich bin sogar so neben der Spur, dass ich eine eigentlich total einfache Zeichnung, die ich als Auftrag bekommen habe, so versaue, dass ich sie nach der Hälfte in den Müll werfen muss. Danach entscheide ich, dass heute kein guter Tag zum Arbeiten ist und ich ihn in dieser Hinsicht als verloren abstempeln muss – zumindest hoffe ich, dass es nur in dieser Hinsicht ist. 

Bei der anderen Sache wüsste ich nicht, wie ich das verkraften soll.

***

Als es am frühen Abend endlich klingelt, renne ich nahezu zur Tür und reiße sie auf.

Wren steht vor mir und lächelt mich unsicher an.

Auch, wenn das definitiv nicht zu meinem nichtvorhandenen Plan gehört, falle ich ihm um den Hals und fange dann auch noch, zu allem Übel, an zu heulen.

Ich weiß nicht einmal, warum ich heule. Vielleicht tue ich es für ihn und seine Geschichte. Vielleicht tue ich es auch für mich, weil ich diejenige bin, die es nicht erträgt, wie sein Leben aussieht. Vielleicht sind es auch Tränen der Erleichterung, weil er endlich hier ist. Zumindest bei der Art, wie ich mich an ihn kralle, könnte man auf die Idee kommen, dass ich diejenige bin, die Trost braucht.

Sanft streicht er mir über den Rücken und sagt mit seiner beruhigenden Stimme: „Brielle, es ist alles gut. Wein nicht – zumindest nicht wegen mir."

Ganz sicher wollte er das nicht damit erreichen, aber ich fange direkt noch stärker an zu heulen. Die Stelle seines Hoodies, an die ich mein Gesicht presse, ist schon komplett durchnässt. Ich verhalte mich furchtbar und es ist schon das zweite Mal innerhalb von einer Woche, dass ich als halber Wasserfall in seinen Armen hänge.

Ich wollte mit ihm reden, aber wenn ich so weitermache, werde ich nicht eine Sache davon herausbekommen.

Das ist auch der Grund, dass ich es schaffe, mich von ihm zu lösen, tief durchatme und mir die Tränen aus dem Gesicht wische.

Unsicher stammle ich hervor: „Vielleicht ... uh können wir uns setzen?"

Er nickt und folgt mir zu meinem Sofa.

Als ich ihn wieder ansehe, bemühe ich mich mit aller Kraft, nicht auf seine Verletzung zu achten. Die lässt direkt wieder Wut in mir aufkommen, aber Wut ist definitiv keine geeignete Emotion für dieses Gespräch.

„Ich hätte nicht so mit dir sprechen sollen, Wren. Es tut mir-"

„Brielle", unterbricht er mich und Reue steht in seinen Augen. „Mir tut es leid. Du hast dir Sorgen gemacht und das ist vollkommen in Ordnung. Ich hätte nicht einfach abhauen dürfen und ich hätte dir davor nicht aus dem Weg gehen sollen."

Zaghaft lächle ich ihn an. „Auch, wenn du es nicht hören willst, mir tut es trotzdem leid."

„Okay", erwidert er flüsternd und seine Mundwinkel zucken ebenfalls leicht.

„Wirst du keine Probleme bekommen, dass du hier bist?", frage ich ihn besorgt. Allein die Vorstellung, dass ihm wieder etwas angetan werden könnte, nur weil er bei mir ist, lässt mich verkrampfen.

Er schüttelt den Kopf. „Nein. Nachdem ich die letzten Tage weg war, weiß sie, dass sie es überstrapaziert hat und verhält sich ruhig."

Bei der Gewissheit, dass er wirklich wieder bei ihr war, zieht sich meine Brust schmerzhaft zusammen. Vielleicht habe ich unterbewusst doch noch gehofft, dass er irgendwo anders hin ist. Sie hätte genauso gut vollkommen eskalieren können über die Tatsache, dass er mehrere Tage weg war.

Da fallen mir Mrs. Boyles Worte wieder ein, als sie gesagt hat, dass seine Mutter ihn damit manipuliert, dass sie ihm das Gefühl gibt, dass er sie nicht verlassen darf. Ganz sicher hat sie das auch dieses Mal wieder getan.

Er legt den Kopf leicht schief, als würde er versuchen, zu verstehen, was ich denke. Schließlich sagt er: „Mrs. Boyle hat mir gesagt, dass sie dir einiges erzählt hat."

Ein „oh" ist erst einmal alles, was ich zustande bringe. Ich hatte eher Sorge, dass mir mal etwas rausrutscht, was ich eigentlich gar nicht wissen dürfte. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass sie es ihm sagt.

Ich räuspere mich, um den Knoten in meinem Hals wegzubekommen. „Bist du ... bist du sauer?", frage ich ihn unsicher.

„Nein."

„Sie hat es gut gemeint."

„Ich weiß."

„Okay ... äh gut, meine ich."

„Ich habe ihr gesagt, dass es in Ordnung ist", erwidert er.

Verblüfft sehe ich ihn an. „Wie meinst du das?"

„Sie hat mich vorher gefragt, ob sie es dir erzählen darf, wenn sie denkt, dass es nötig ist."

Mir klappt der Mund auf. Vielleicht hätte es mir schon vorher seltsam vorkommen sollen, dass Mrs. Boyle plötzlich so offen über Wrens Leben spricht, wo sie doch davor absolut verschlossen war.

Wren zuckt auf mein Schweigen etwas unbehaglich mit den Schultern. „Ich hätte es dir auch erzählt, wenn du gefragt hättest."

Ein breites Lächeln erscheint auf meinem Gesicht und Wärme legt sich um mich. Unsere Blicke treffen sich und diese schwarzen Augen, die jetzt nicht mehr halb von seinen Haaren verdeckt werden, sehen mich offen an. Ich weiß nicht, wie ich einmal denken konnte, dass sie Dunkelheit widerspiegeln, denn für mich strahlen sie heller als der sonnigste Tag.

Mein Ausdruck wird wieder ernst, als ich zu ihm sage: „Ich werde dich nicht mehr versuchen, zu irgendetwas zu drängen, was du nicht willst. Aber ich bin da. Egal, ob wir einer Meinung sind oder nicht."

„Ich will deine Meinung hören, Brielle. Du sollst sie nicht zurückhalten, nur weil du denkst, ich mag sie nicht."

Schief lächle ich ihn wieder an. „Wenn ich das tue, will ich aber auch, dass du weißt, dass du trotzdem immer zu mir kommen kannst. Lass mich dich unterstützen und du kannst immer herkommen, wenn du mal einen Ruheplatz brauchst."

Es ist mir unklar, was ich Falsches gesagt habe, aber er sieht zweifelnd aus.

Trocken sagt er zu mir: „Ich bin mir sicher, das wird Holden lieben, wenn ich dauernd bei seiner Freundin auf der Couch sitze."

Ein Schatten legt sich dabei über sein Gesicht und er unterbricht unseren Blickkontakt, in dem er in den Raum sieht.

Mein Herz klopft hart in meiner Brust, wie es das, irgendwie permanent nur noch in seiner Anwesenheit zu tun scheint.

Bei der ganzen Unterhaltung mit Mrs. Boyle gab es eine Sache, bei der sie sich getäuscht hat. Ich muss nichts realisieren, denn ich weiß es bereits.

„Wir sind nicht mehr zusammen."

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So hell wie die NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt