12| Junkfood und Erzfeinde

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Florence + The Machine

Sam

Seufzend lehnte ich mich gegen die Autotür und verschränkte die Arme. Der Strom aus Schülern brach aus den Türen als die Klingel ertönte. Ich hatte eigentlich gehofft, dass ich so einen Ort nie wieder sehen musste. Mein Bauch zog sich schmerzhaft zusammen, sobald ich auch nur dieses ekelhafte Geräusch hörte. Unzählige Gesichter schoben sich an mir und dem Wagen vorbei, ihre Blicke praktisch auf mir klebend. Ich hörte das Tuscheln und das Kichern als wäre meine Existenz etwas Aufregendes. Aber ich nahm an, dass ein Mann im Anzug und Sonnenbrille sowie mit schwarzem Wagen, nicht gerade das liebevolle Bild eines Elternteils vermittelte.

Ich suchte die Menge nach dem braunen Haarschopf ab, aber sie schien mich zuerst zu finden: »Sam!« Ich sah nach rechts und entdeckte, wie sich Miss Darcy aus der Menge befreite und auf mich zulief. Grinsend und leicht außer Atem erreichte sie mich, »Was machst du denn hier?«

Ich stieß mich von den Dienstwagen ab und öffnete ihr die Beifahrertür. »Dein Vater schafft es leider nicht, deswegen hole ich dich ab.« Sie streifte ihren Rucksack ab, bevor sie sich auf den Sitz schwang, »Na dann.« Ich zögerte, bevor ich die Wagentür schloss, »Ich hoffe du bist nicht allzu enttäuscht. Dein Vater hat es-« Darcy hob die Augenbrauen, »Nein, es ist völlig inakzeptabel. Ich verlange meinen Vater. Sofort.« Ich blinzelte überrascht, während sie schamlos zu mir hinauf grinste, »Jetzt steig schon ein, bevor die Men In Black noch ihren Anzug zurück haben wollen.« Seufzend schloss ich die Tür und wandte mich zur Fahrerseite.

Ich wusste nicht, wie ich die Tatsache finden sollte, dass ich nun für zwei von der Sorte arbeitete.

•••

Auffordernd hielt sie mir die Tüte hin und ich klaute mir ein paar Pommes, bevor Darcy sich eine weitere Hand in den Mund schob. Ich hatte ihr etwas zum Essen besorgt und mich gleichzeitig bereits damit abgefunden, dass das Innere meines Wagens nie wieder so aussehen würde, wie ich ihn bekommen hatte. Darcy pustete sich ein paar Strähnen aus der Stirn, bevor sie mich ausgiebig musterte, »Weiß mein Vater, dass du mir Junkfood kaufst?« Ich hob fragend die Augenbrauen. Percy ernährte sich selbst nur Fertigfutter, deswegen bezweifelte ich, dass es ein Problem sein würde. Darcy zerrte an ihrer Schuluniform, »Er legt viel Wert auf gesunde Ernährung und so was.«, murmelte sie und zog fast schon enttäuscht ihre Stirn in Falten, während sie die Pommes musterte.

»Hm.«, brummte ich und sah zu ihr hinüber, »Weiß denn dein Vater, dass ich nie zugesagt habe, dir Spanisch beizubringen?«, konterte ich und ihre Wangen färbten sich in ein ertapptes Pink, bevor sie sich entrüstet aufrecht hinsetzte, »Das-! Das war ... Notwehr!« Ich lachte auf, »Notwehr?« Wer hatte ihr gedroht? Dora, the Explorer? »Dad meinte, du wärst nur nett zu mir, weil du für ihn arbeitetet. Das konnte ich nicht einfach auf mir sitzen lassen!« Ah, verstehe. Ich sah kurz zu ihr hinüber, »Und was, wenn ich wirklich nur nett zu dir bin, weil dein Vater meine Rechnungen bezahlt?«

Darcy lächelte teuflisch, »Aber das würde Dad ja nicht wissen, oder nicht? Außerdem glaube ich das nicht« Ich schüttelte lächelnd den Kopf, als sie ihre Arme verschränkte, als hätte sie mich durchschaut. »Na schön.«, ergab ich mich und erntete einen verwirrten Blick. »Ich denke, ich kann dir ein paar Phrasen beibringe-«
»Ich wusste es!«, rief sie und boxte mich in die Seite. Ich bereute es jetzt schon. »Nur die wichtigsten.«, ermahnte ich erzwungen ernst und sie nickte genauso ernst, »Nur die wichtigsten

•••

Percy

Es gab zwei Dinge, die man über meinem Bruder wissen musste: Er war der Beste. Und zwar immer und in allem. Wenn er es nicht von Beginn an war, dann sorgte er dafür, dass es so sein würde. Das zweite war, dass er, als er 10 war, sich so sehr über eine Ratte erschreckt hatte, dass er sich in die Hosen gemacht hat. Das letztere war nicht wirklich relevant, ich fand aber, dass man es über ihn wissen sollte.

»Damit ist das Meeting beendet.«, erlöste mich mein Vater und ich lehnte mich in meinem unbequemen Stuhl zurück. Ich hasste diese Termine, vor allem wenn ich deswegen mehrere Stunden meinem Erzfeind gegenüber sitzend musste. Gwaine lächelte hingegen charmant, als wären die letzten Stunden ein amüsantes Plaudern bei Gebäck und Tee gewesen. Wir verabschiedeten uns von Dad und ich wollte nichts sehnlicher als aus diesem Raum hinaus. Unauffällig spähte ich durch die Glasstür, suchte nach einem perfekt sitzenden Anzug und einem kühlen Blick. Doch bevor ich ihn entdecken konnte, legte sich eine schwere Hand auf meine Schulter.

»Ach Percy! Kann ich noch kurz mit dir reden?«, säuselte Gwaine. Ich verdrehte die Augen und drehte mich zu meinem Bruder um, »Ich würde lieber sterben.« Gwaine lehnte sich an den Konferenztisch, als hätte er das nicht gehört. »Nur kurz.« Genervt seufzend ließ ich die Tür wieder zu fallen und sah ihn abwartend an, »Falls du mir Urlaubsfotos zeigen willst, dann-«
»Ich war sehr beeindruckt von deiner Arbeit heute.« Er hob den Bericht in die Höhe und ich verstummte. Sams Bericht. Gwaine blätterte durch die Seiten und meine Muskeln verzogen sich schmerzhaft. Dad war begeistert von dem Entwurf für das Budget gewesen und hatte mir deswegen die Verantwortung für die Planung erteilt. Ich wusste, dass Gwaine mich sofort durchschaut hatte.

»Ich probe-lese deine Aufsätze nun schon seit ... der sechsten Klasse?«, er ließ den Bericht mit einem klatschen auf den Tisch fallen. »Ich kenne die Art wie du schreibst, Percy.«, raunte er und ich lächelte, breit, professionell - so wie immer. »Sag mir nicht, du hast einen Rechtschreibfehler gefunden?«, höhnte ich und Gwaine wandte schnaubend den Blick ab.

Er fuhr sich über den Bart und sah ganz beiläufig durch die Glastür hinter mich, »Hab' gehört du hast einen neuen Assistenten?« Ich holte tief Luft. Ich wusste, wer bereits hinter der Tür auf mich warten würde, ohne dass ich mich umdrehen musste. Ich stieß schnaubend die Luft aus, während er sich vom Tisch abstieß, wusste nicht was ich erwidern sollte. »Als Dad sagte, er würde dafür sorgen, dass du diesen Job endlich ernst nimmst, dachte ich nicht, dass das möglich wäre.« Er verschränkte die Arme, lächelte versonnen. »Aber jetzt sieh dich an! Du wirst langsam richtig vorzeigbar!« Arsch.

Ich knirschte mit den Zähnen, »Was willst du?« Der Blick meines Bruders wanderte erneut nach draußen und ich bereute, dass ich gefragt hatte. »Ich will diesen Job.«, kalte graue Augen schnellten wieder zu mir, »Ich bin der Erstgeborene. Und seien wir ehrlich, du hast sowieso schon genug zu tun, nicht?« Ich schnalzte mit der Zunge.

Es gab einen Grund, warum Dad sich so viel Mühe machte, mich auf die Reihe zu bringen: »Du willst unser Familienunternehmen verkaufen, Gwaine. Und das an niemand anderen, als die Firma deiner Verlobten!« Diese Firma war seit Generationen im Besitz der Moreau. Zwar waren die Rutledges schon seit Jahren unsere respektierten Konkurrenten und gelegentlichen Partner, aber unser gesamtes Erbe an sie zu verkaufen? Er wollte diese zwei Familien nicht nur mit einer Hochzeit zusammenführen. Und das alles, um ein noch größeres Imperium zu erschaffen. Sein eigenes. Denn dann würde ihm alles gehören. Alles. Kein Wunder, dass Dad davon nicht so begeistert war. »Und Erstgeborener? Shit, Gwaine! Wo sind wir? Im Mittelalter?«

Mein Bruder lächelte, als hätte er diese Antwort zwar erwartet, war aber dennoch enttäuscht. Er schritt auf mich zu, mit einem Gang der fast schon bedrohlich selbstbewusst war. Vor mir blieb er stehen, tätschelte mir provozierend die Wange als wären wir wieder 13: »Ich hab dich lieb, man. Aber ich werde dich sowas von fertig machen. Du hast keine Chance.« Ich rümpfte skeptisch die Nase, »Das werden wir ja sehen.«

Gwaine trat vor mir zurück, lehnte den Kopf schief, »Samuel Cortez.«, murmelte er, als wäre der Name ihm gerade wieder eingefallen. Meine Augen weiteten sich, während er sich schmunzelnd durch die aschblonden Haare fuhr, »So heißt er doch, oder nicht?«
»Gwaine-« Er vergrub fast schon beiläufig seine Hände in den Hosentaschen, blickte auf den Bericht, »Gutes Personal ist heutzutage echt schwer zu finden, meinst du nicht auch?«

Ich atmete tief ein, schob mich intuitiv in sein Blickfeld. »Ich hätte gern jemanden wie ihn in meinem Team.«, er lächelte und ich spürte wie meine Bewegungen unruhig wurden. Ich wusste, worauf das hinauslief und das gefiel mir nicht. Sein Blick bohrte sich in meinen, »Denkst du, er wäre interessiert?«

Mein Mund wurde trocken. Seine Frage grub sich seltsam unter meine Haut. Keine Ahnung, wäre er? Ich drehte mich um, entdeckte ihn zuvor. Er lehnte an einem leeren Schreibtisch neben Darcy, die sich auf die Platte geschwungen hatte und ihn mit baumelnden Beinen zu plapperte. Gwaine schob sich an mir vorbei und öffnete die Tür zum Büro.

»Fragen wir ihn doch einfach, was meinst du?« Ich versuchte seinen Anzug zu packen, doch ich erwischte ihn nicht.

»Gwaine-!«

Not your Secretary! [BxB]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt