Anfangen, aufzuhören. - Iridescent13

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Meine nackten Füße sinken langsam in den weichen Untergrund. Stechende Äste, nachgebende Moosflechten. Die Kälte unter mir wandert meinen Körper hinauf, immer höher, immer tiefer. Bis in die Knochen bin ich durchweicht vom Regen, der sich unbarmherzig einen Weg durch die schützenden Baumkonen über mir bahnt. Manchmal möchte ich wie Wasser sein. Einfach fließen mit dem Strom des Lebens. Es schaut nicht zurück, blickt nicht ängstlich nach vorn. Es konzentriert sich nicht auf Hindernisse, sondern nimmt den Weg, der sich ihm darlegt. Oder noch besser: es ebnet sich die Wege selbst. Es erschafft Rinnsale und vereint sich immerzu. Den Kopf in den Nacken legend, erlaube ich es dem Regen, sich mit meinen Tränen zu vereinen. Rinnsale. Ich muss anfangen, aufzuhören. Mit der Besessenheit darüber, was gestern war. Es war. Vorbei. Ich muss anfangen, aufzuhören. Mit der Selbsthypnose darüber, was morgen sein wird. Es ist noch nicht. Spekulation. Mein Masterpiece, meine Gewissheit, mein Wasser des Lebens. Es fließt im Jetzt. Nur hier, nur jetzt. Egal wann und wo, der Fluss des Lebens bleibt konstant in mir. Aus mir heraus und in mich herein fallen Ereignisse; die Umstände tanzen wie die Tropfen des Regens durch die Baumwipfel über mir. Ich bin das Wasser, ich bin konstant. Wir sind das Wasser, wir sind konstant. Vereint. Wir können uns die Wege selbst ebnen. Und ich muss damit anfangen, aufzuhören.

Aufzuhören damit, zu vergessen, was die Stille in mir schon weiß.

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