Für Kuja - LivetMedOrd

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In einem einsamen, ruhigen Obstladen mit dem Namen „ Exotische Früchte aus aller Welt" an einer gemütlichen Straße in der Stadt, saß ein junges Mädchen. Sie hatte mandelfarbige Locken, die ihr bis zur Schulter hingen, hellrosane Lippen und blasse Haut. Nur um die Wangen war sie leicht errötet. Sie saß in ihrem einfachen Weißkleid auf einem Stuhl und trommelte mit den halblangen, braunen Stiefeln auf den Boden. Sie starrte mild auf die Birnen vor sich und schien auf etwas zu warten. Heute sollte sie auf den Laden aufpassen, der Laden gehörte ihrer Mutter. Im Hintergrund rauschte dunkles Raunen, wie wenn es weit entfernt war, und umhüllte somit die tickende Stille hier drinnen. Ein Glockenläuten schnitt plötzlich durch den Raum. Neugierig stellte sie sich auf und ging mit geradem Rücken zur Kasse. „ Guten Morgen", flötete sie automatisch. Ein Junge in ihrem Alter antwortete mit einem Nicken und schaute mit großen Augen durch den Laden. Das Mädchen räusperte sich. „ Womit kann ich Ihnen helfen?" Der fremde Junge schluckte. Als sich ihre Blicke trafen, sah sie wie erfreut er in ihre blassgrünen, schmalen Augen blickte. Er hatte große, kastanienfarbige. Leicht braune Haut und hübsche Lippen, sein Haar war genauso braun wie die Augen und stand zerstreut von der Kopfhaut ab. „ Ich hätte gerne- was ist das?" Er zeigte auf die Zwetschgen. „ Zwetschgen.", antwortete sie stirnrunzelnd. Der Junge schien die Luft einzusaugen, Dann nahm er zwei Mohrrüben, während er in seiner Hosentasche nachfühlte. Er legte nach langem Überlegen die Mohrrüben und ein Korb Zwetschgen auf den Tisch. Sie sagte wie viel es kostete und er legte mit einem erleichterten Laut den Schein in ihre Hand. Sie sagte wie viel es kostete und er legte mit einem erleichterten Laut den Schein in ihre Hand. Sie nahm ihn und gab ihn drei Münzen als Wechsel zurück. „ Das ist eine zu viel.", stellte der Junge fest. „ Nimm es." Sie schob die Münze, die er ihr eben zurückgegeben hatte in seine weiche Hand. „ Nein." Sie musste mit Kraft die Münze wieder wegdrücken. Sie lachte. „ Nimm das Geld!" „ Das ist aber eine Münze zu viel.", sagte er nochmals, lächelnd. Doch schließlich nahm er sie. Er fragte: „ Arbeitetest du immer hier?" „ Nein.", antwortete sie leise, „ Ich helfe nur meiner Mutter im Laden." „ Wie oft?" „ Immer montags." Sie lächelten sich an. „ Dann. Auf Wiedersehen!" Er ging rückwärts durch die Tür. Das Mädchen winkte, immer noch tief in seine Augen blickend, bis er aus Sehweite verschwand. Sie setzte sich auf dem Stuhl, und bemerkte, wie sehr sie sich wünschte ihn nächsten Montag wiederzusehen.Genau sieben Tage danach, um dieselbe Uhrzeit, stand das Mädchen im Laden vor dem Spiegel und bürstete zum vierten Mal an diesen Tag ihre Haare. Sie zupfte ihr Kleid zu Recht, und genau so hatte sie den ganzen Tag gemacht. Als es klingelte, und ein neuer Kunde hereintrat, liess sie verschreckt die Bürste auf den steinharten Kachelboden fallen. Und jedes Mal dachte sie dasselbe: „ Das ist er." Doch nun war der Junge noch immer nicht gekommen, vielleicht würde sie ihn nie wieder sehen. Während sie dastand, klingelte die Türglocke noch einmal. Mit einem Krachen viel die Bürste zu Boden. Sie prüfte ihr Spiegelbild. Der Junge war den ganzen Tag nicht gekommen, aber es war jetzt nicht zu spät, man konnte nie wissen. Sie ging zur Tür, doch trat vor dem Türschlitz nervös zurück und guckte hindurch. Das war der Junge der vor einer Woche auch da gewesen war. Sie hopste zurück zum Spiegel und zupfte an allen Seiten ihres Kleides. Sie versuchte ein Lächeln auf ihre Lippen zu kleben, obwohl eins schon da war, fuhr sich mit den Fingerspitzen durch die Haare. Da stand er, er sah aus wie wenn er eine lange Zeit gewartet hatte. „ Guten Tag!", sang sie. Eine Erleichterung schmolz in den Augen des Jungens hinein, als er sie anstrahlte. „ Hallo." Wartend stellte sich das Mädchen neben der Schüssel mit Schwarzkirschen, bereit ihm zu helfen. Die Luft in dem Laden war kühl und mildsüß. Der Junge schien auch bei diesem Mal den Obstladen bewundernd zu durchschauen. „ Kannst du etwas empfehlen?", murmelte er schließlich. „ Tja, das kommt darauf an! Wofür?"Er schien zu überlegen. Mit einem Seufzer sagte er: „ Ich weiss nicht." Das Mädchen schüttelte den Kopf. „ Kartoffeln sind sehr gesund... Und hier auch sehr preiswert. Oder wenn du lieber Obst bevorzugst, süßes Obst, dann sind Kirschen, Pfirsiche, rote Äpfel oder Pflaumen zu empfehlen. Tomaten schmecken auch sehr lecker. Ich mag eigentlich jedes Obst und Gemüse. Musst du wissen, was du haben möchtest." Er schien ihr nicht wirklich zuzuhören, sondern über etwas nachzudenken. Er kratzte sich an sein weiches Kinn. Wie ein Kindchen zeigte er auf eine Frucht. „ Und das? Was ist das?" Sie antwortete lachend. „ Das da? Das sind Trauben. Möchtest du eine probieren?" Der Junge grinste verlegen. Er nickte. Sie pflückte eine ab und steckte sie ihm in den Mund. Er kaute langsam. Als er aufgekaut hatte, blickte er mit seinen wunderschönen Augen in ihre. „ Verrätst du mir deinen Namen?"Die Wangen des Mädchens brannten. Sie lächelte. „ Gerne. Ich heisse Maracuja.", sie hoffte vom ganzen Herzen, dass er nicht wusste dass Maracuja eine Frucht war, „ Aber ich werde Cuja genannt." „ Cuja.", wiederholte der Junge verträumt, „ ich heiße Lorenz." „ Lorenz.", flüsterte sie. Lorenz stampfte auf dem Boden. Er sprach: „ Ich glaube, ich kaufe dieses Mal nichts. Vielleicht beim nächsten Mal." Cuja zuckte mit den Achseln. „ Das tut mir leid für dich, dass du nichts gefunden hast. Auf Wiedersehen." Lorenz schluckte bedrückt. Ohne ein Wort ging er zur Tür hindurch. Als sie gerade zugefallen war, steckte er den Kopf wieder herein. „ Cuja?", flüsterte er. Sie nickte. „ Leckere Trauben." Cuja lächelte. Er nickte auch, und ging wieder heraus. Jetzt würde er gehen. Doch ein zweites Mal öffnete sich die Tür. Lorenz sagte: „ Cuja?" Ohne eine Antwort zu erwarten. Er stöhnte nervös. „ Ich dachte, du würdest vielleicht gerne mit mir kommen. Also vielleicht am Mittwoch. Oder so. Wenn du willst, kann ich dir zeigen wo ich wohne, wenn du willst. Willst du?" Seine Ohren erröteten sich. Cuja starrte auf seine großen Füße mit den zerrissenen Lederschuhen. Sie spürte wie ihr ganzer Körper sich anspannte und am liebsten hätte sie geschrien, vor Freude. „ Ja, sehr gerne. Ja, am Mittwoch, gerne. Ja." Lorenz machte einen Sprung. Er lachte: „ Soll ich um vier Uhr am Nachmittag vor der Ladentür warten?" Ihre Augen wanderten auf seine schmutzige Armbanduhr, die sie bisher noch nicht bemerkt hatte, und sie nickte verträumt, aber deutlich. Als sie aufschaute, wie aus einem Traum erwacht, war er nicht mehr da. *

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