Kapitel 2

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Vor einer riesigen gealterten Flügeltür aus Holz blieb das Mädchen stehen.
»Hier geht es zu den Schlaffluren und zur Mensa! Eigentlich zu allem - mit ein paar Umwegen!«, sagte sie und zog die Tür mit Mühe auf.
Die Tür quitschte entrüstet und fiel direkt hinter uns wieder ins Schloss.
Sie musste wohl dringend geölt werden.
Zögernd trat ich ins Innere.
Die Decke war nicht so hoch wie ich es mir in Schlössern vorgestellt hatte, aber dennoch deutlich höher als meine Zimmerdecke.
»Das hier ist die Eingangshalle. Oder auch Foyer gennant!«, erklärte das Mädchen.
Dann zeigte sie auf die Treppe. »Dort hoch geht es zu den Schlaffluren, einen Aufzug gibt es nicht!«, sie kicherte.
»Nach einem harten Spring- oder Dressurtraining kann das echt anstrengend werden...«
Nachvollziehbar, dachte ich.
Aber sehr symphatisch von meiner Tante, keinen Aufzug bauen zu lassen.
Das ist schließlich was für alte Menschen, hatte sie bei einem ihrer Besuche ein mal gesagt.
»Auch, wenn jetzt alles etwas groß wirkt- man fühlt sich im Nu zu Hause«, unterbrach das Mädchen meine Gedankengänge. »Die Tür unter der Treppe führt zum Sekretäriat! Und hier die Tür..!«, sie ging quer durch die Halle zu einer kleineren Holztür, deren Holz alt und morsch zu sein schien. »...hier geht es in den Innenhof!« Sie drückte die Klinke herunter.
Der Innenhof war groß und verschlug mir für einen winzigen Moment die Sprache.
Bänke standen unter einer riesigen Kastanie, ein Springbrunnen plätscherte laut vor sich hin und rechts wucherten die Rosen noch extremer als am Rest des gesamten Schlosses.
Wo das Mädchen Recht hatte, hatte sie Recht. Die Schule machte es einem wirklich leicht sie zu mögen und sich wohl zu fühlen.
Das Mädchen ging weiter zu der Tür am anderem Ende des Innenhofs die anscheinend wieder ins Gebäude führte.
»Hier befindet sich das kleine Café und die Mensa!«, sagte sie.
»Von der Mensa aus kann man auch wieder zur Eingangshalle laufen. Neben dem Café befindet sich noch eine Treppe, die zu den Schlafmöglichkeiten der Mädchen führt! Die Mädchen und Jungenflure sind getrennt«
»Vicky!«, rief plötzlich eine weitere Stimme. Eines der Mädchen, dass vorhin im Innenhof gesessen hatte war aufgesprungen und rannte zu dem Mädchen, dass anscheinend Vicky hieß.
Erst ietzt viel mir auf, dass sie sich nicht mal vorgestellt hatte. Schon etwas unhöflich.
»Hi Helen!«, sagte Vicky überrascht.
»Hier sind anscheinend neue Gäste!«, rief sie dann.
Ging es noch lauter?
»Hallo, ich bin Helen! Soll ich euch zu Jenny bringen?«, fragte sie.
Eigentlich wussten wir jetzt, wo sie ihr Büro hatte aber meine Mum war natürlich anderer Meinung.
Immer einen guten ersten Eindruck machen.
Ich verdehte die Augen.
»Ja gerne!«, sagte meine Mum wie erwartet freundlich zu Helen.
»Ich denke ihr wisst schon, wo das Büro ist. Kennt man die Schule wirkt sie dann doch relativ klein!«, sagte sie lachend und winkte uns herbei.
»Wir gehen lieber wieder durch den Innenhof...!«, sagte sie, als sie eine weitere Stimme unterbrach dich ich nur all zu gut kannte.
»Helen! Neue Gäste? Ach nein! Taylor! Herzlich- Wilkommen!«, sagte sie und strahlte mich an.
»Hallo Jenny!«, sagte Mum.
»Oh super, dass ihr mich gefunden habt, ich war gerade nicht in meinem Büro sondern habe den Youngster transportfähig gemacht. Helen holst du bitte Jolin und Lilly?«, Helen nickte und lief davon. Ihre schwarzen Haare wehten hinter ihr her.
»Okay, so Taylor, komm doch mit deiner Mum bitte in mein Büro! Den Kaufvertrag habe ich auch schon vorbereitet«, wir verließen den Innenhof wieder und Jenny führte uns zu ihrem
Büro.
»Erst ein mal hoffe ich, dass du die Reise gut überstanden hast!«, sagte Jenny.
Immer diese überflüssigen Fragen, naja, war wohl Gastfreundschaft unter der Familie.
»So, du würdest in das Zimmer 23 ziehen! Jolin und Lilly werden dir gleich die Pferde zeigen. Sehr nette Mädchen, die zwei! Ich kann das jetzt gerade leider nicht übernehmen, da ich deiner Mutter beim verladen helfe«, sie zwinkerte mir zu. »Du wirst dich sicher prima mit den Zweien verstehen! Nachher gehen wir beide in Ruhe mit Onkel Philipp durch die Ställe, und schauen mal, welche Pferde so für dich in Frage kommen«, meinte sie und lächelte Mum an. »Da du kein eigenes Reitpferd hast bekommst du eins unserer Schulpferde fürs Springen zum reiten. Für die Dressurstunden werden dir verschiedene Pferde zugeteilt. Aber ein eigenes wäre insbesondere für die Prüfungen sehr sinnvoll. Ein paar unserer besten Reiter haben auch Berittverträge, da ist Philipp dann aber für zuständig. Wenn wir uns alle etwas besser kennen, können wir auch darüber nachdenken, ob du eins unserer Privatpferde reitest«
»Okay, dass ist sehr nett von euch. Wann wären denn die erste Trainingsstunden?«
»Für dich würde der Alltag Morgen beginnen sprich eine Stunde Dressur oder Springen am Tag, das wechselt sich ab. Dazwischen hast du immer Zeit allein zu üben. Unsere Geländestrecke für die Vielseitigkeit ist erst noch tabu für dich. Die normalen Reitwege darfst du natürlich benutzen. Deinen Stundenplan kriegst du wie die anderen Schüler auch nach den Ferien, wenn die Schule offiziell wieder losgeht. Das hört sich wohlmöglich alles ein bisschen viel an, aber du wirst dich bestimmt rasch an unseren
Alltag gewöhnen, das verspreche ich dir! Hast du sonst noch Fragen?«
»Du kannst dich auch jeder Zeit bei Jenny melden, ja? Vielleicht unternehmt ihr ja auch mal was zusammen«, Mum lachte weil sie vermutlich wusste, dass mir der Kopf qualmte.
»Ich komme dich ja nächste Woche besuchen«
»Super, ich denke das wäre es dann erst mal. Dann bringen wir mal das Gepäck nach oben!«, Jenny hielt mir die Tür offen.
Dann übergab sie meiner Mum einen Stapel voller Papiere.
Vermutlich waren darunter der Equidenpass und lauter Körungen des Youngsters verzeichnet.
Während Mum und Jenny durch den Innenhof verschwanden sollte ich auf diese Mädchen warten von denen Jenny geredet hatte. Warum diese und nicht die mit denen ich auf einem Zimmer wohnen sollte mir den Hof zeigen sollten war mir schleierhaft.
Aber solang sie nicht Arrogant waren war mir das egal.
Ich hatte Jenny gegenüber nicht erwähnt, dass ich das ganze Warten alle Mal satt war, ebenso wie die ganzen Regeln und das hundertfachen Erklärungen der Reitstunden- all das hatte auch im Vertrag und auf der Homepage gestanden.
Das einzige was ich jetzt wollte war alleine sein, vielleicht auch reiten. Super, dass ich kein Pferd hatte. Mum hatte ich es bisher nicht gesagt aber insgeheim hoffte ich, dass ich hier ein Pferd finden würde, das zu mir passte. Vielleicht meinte es das Schicksal in Bezug auf die Pferde ja auch einmal gut mit mir. 

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