Pilot -1-

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Gina starrte mich an. „Du hast mir überhaupt nichts zu sagen! Ich bin deine Mutter verdammt!" schrie sie wutentbrannt.

„Stiefmutter...wenn überhaupt" verbesserte ich sie.

Ihre Augen funkelten wütend. Sie drehte sich um und schnaufte wütend während sie die Treppen nach oben ging. Ich schaute ihr verächtlich nach.
Wer dachte sie eigentlich wer sie war?
Sie war mit meinem Vater nichtmal verheiratet.

Diese Streits war ich echt leid. Ich hatte keine Lust mehr auf dieses Leben in der Großstadt, keine Lust mehr auf Gina, oder meine echte Mutter die meinte mir einmal im Monat eine SMS zu senden würde reichen.

Nachdem sie und mein Vater mich mitgeschleppt hatten um ein vermeintlich besseres Leben als in den Outer Banks zu führen ging es uns wirklich gut. Alles schien perfekt, ich fand schnell Anschluss und das Haus war perfekt und wir waren eine glückliche Familie.

Bis wie aus dem nichts diese Streitereien anfingen. Kaum ein Tag verging bei denen nicht einer von beiden wütend das Haus verließ und schwor nicht wieder zu kommen. Drei Monate lang änderte sich nichts, bis meine Mutter beschloss auszuziehen.

Und das tat sie auch. Sie kam nicht wieder; kein einziges Mal. Es blieben nur mein Vater und ich.

Ich ging in mein Zimmer, holte meinen Koffer unter dem Bett hervor und begann einfach wild darauf los zu packen.

Ich wusste nicht wieso, ich tat es einfach. Ich wollte hier raus, nein ich musste.

In meinem Kopf spielte sich dieses Szenario schon tausendmal ab. Nur wusste ich jetzt dass es real sein würde. Ich würde wirklich abhauen; ein für allemal. Und ich wusste auch schon wohin. Ich setzte mich auf mein Bett, holte meinen Laptop hervor und schaute nach Flügen.

Orlando International Airport -> Kildare Island
24.06.2020 9:40 Abflug

Ich zögerte. Wollte ich das wirklich? Zurück auf die Outer Banks? Mein Herz machte einen Aussetzer, mein Bauch sagte mir es sei das Richtige. Doch in meinem Kopf arbeitete es.

Mehr als zwei Jahre hatte ich sie nicht mehr gesehen. Was wenn sie sauer waren? Oder sie mich nicht mehr erkennen würden. Oder ich sie nicht mehr erkenne.

Vielleicht leben sie auch gar nicht mehr dort. Doch ich musste dahin. Es gab keine andere Möglichkeit. Auch wenn sie vielleicht nicht mehr da waren.

Ich stand auf, ging zu meinem Schreibtisch und kramte in einer der untersten Schublade. Dann fiel mir ein Umschlag in die Hände. Ich drehte ihn um und erkannte seine fast unleserliche Schrift. -P4L- Ein Lächeln kam über meine Lippen. Ich öffnete den Briefumschlag und nahm den Inhalt heraus.

Fotos. Von uns. Unserem Leben. Unseren Parties und Lagerfeuern. Unsere gemeinsamen ruhigen Abende an denen wir um das Feuer am Château versammelt waren und tiefgründige Gespräche bis tief in die Nacht führten.

Aber auch Fotos von den lauten Abenden bei denen etwas zu viel Alkohol floss und wir selbst am nächsten Tag noch immer nicht nüchtern in der Schule saßen.

Von den unzähligen Tagen am Strand, die wir mit Surfen und in der Sonne liegen verbrachten.

Alles festgehalten aus meiner Perspektive. Ich starrte die Fotos an und lies mich auf den Boden gleiten.

Freudentränen traten aus meine Augen und fielen auf eines der Fotos. Ich wischte sie weg und hielt inne.
Oh wie sehr ich sie vermisste.

Mir wurde erst jetzt klar wie sehr ich das tun musste was ich vorhatte.
Ich stand auf, ging zu meinem Laptop und buchte den Flug.

Übermorgen würde der Flieger gehen. Ich würde hier nichts vermissen. Nicht dieses Haus, nicht meinen Vater und vor allem nicht Gina. Es war die einzig richtige Entscheidung die ich treffen sollte und es fühlte sich jetzt so verdammt richtig an.

Ich hatte nichts zu verlieren.

Washed up || JJ Maybank FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt