1 - [Willkommen Nachbarn]

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Die Vögel zwitscherten. Ich konnte es genau hören, durcheinander sangen sie ihre Morgenlieder. Meine Hände wanderten unmittelbar zu meinen Ohren, doch konnten sie den Gesang nicht verstummen lassen.

Müde versuchte ich meine Augen zu öffnen, jedoch wurde ich sofort von den Sonnenstrahlen geblendet. Ein stechender Schmerz durchzog meine Augen, bevor ich mich wegdrehte. Meine Hände ließen von meinen Ohren ab, stattdessen rieb ich mit meinen Handrücken über meine schmerzenden Augen.

Ich hasste die Morgenstunde. Jeder Morgen bedeute ein Neubeginn. Etwas, auf das ich mich nie vorbereiten konnte, egal, wie sehr ich es versuchte.

Leicht taumelnd lief ich mit einer Hand über meinen Augen zum Fenster, um dieses zu zumachen.

Die Vögel verstummten, doch das Licht erleuchtete noch immer mein Zimmer, weshalb ich meine Gardinen zuzog.

Erleichtert atmete ich aus und sah mich in dem leicht gräulich aussehenden Raum um. Ohne Licht sah mein Zimmer wirklich trostlos aus. Es besaß nicht viel Farbe, da ich es irritierend fand, doch trotzdem empfand ich es irgendwie stimulierend.

Ich wollte schon zurück zu meinem Bett laufen, allerdings schreckte ich vor Schock auf, als ich ein plötzliches knallen vernahm.

Gezwungen sah ich aus dem Fenster, um ein riesigen Umzugswagen zu erkennen, welcher gerade beim ausräumen war.

Ich beobachtete das rote Auto dahinter, aus welchem sofort ein Mädchen mit schwarzen Locken gestürmt kam.

Sie sah sehr energisch aus. Ihre Locken hingen ihr wild herunter, als wäre sie erst aus dem Schlaf erwacht. Gleichzeitig verhielt sie sich aber so, als hätte sie viel zu viel Zucker gegessen.

Laut lachte sie und schaffte es sogar die sonst so gelassenen Vögel zu verschrecken, die auf dem Baum zwischen unseren Häusern saßen.

Ich lehnte meine Arme auf der Fensterbank ab und starrte das Auto mit zugekniffenen Augen an, aus welchem ihre Eltern stiegen.

Das Mädchen trug das selbe Lächeln auf den Lippen, wie ihre Eltern. Begeistert starrten sie zu dritt das Haus an, während die Männer der Umzugsfirma weitere Kisten ausräumten.

Die Eltern des Mädchen Schritten auf sie zu, während ihr Vater seine Arme um die Schulter seiner Frau legte und seiner Tochter auf die Schulter fasste, bevor er aus seiner Hosentasche einen Schlüssel hervorzog.

Sie wirkten so glücklich hier zu sein. Ich konnte es nicht wirklich nachvollziehen, schließlich war dieser Ort nichts besonderes.

Das einzige, was ich persönlich besonders nennen konnte, war der Strand hier. Blaues Wasser, welches nicht zugemüllt war. Und Ein Sandboden, bei dem man sich keine Gedanken machen musste, dass man in Glas treten würde.

Meine Augen waren so auf den Schlüssel fixiert, dass ich sie erst gar nicht bemerkte, als sie mir zuwank. Erst als ich ihre Stimme hörte wie sie mich begrüßte, reagiert ich darauf.

Ihr Blick war auf mir gerichtet, mit einem breiten Lächeln, welches andeutete, dass sie mich kennenlernen wollte, Schritt sie leicht nach vorn, um mich besser sehen zu können.

Panisch ließ ich mich unter das Fenster sinken. Sie hatte mich gesehen. Ich spürte mein Herz förmlich aus meiner Brust springen.

Ich wollte nicht gesehen werden, schon gar nicht wollte ich auf irgendeine Weise mit ihr interagieren. Das war nicht meine Absicht gewesen.

,,Ugh~" Seufzte ich und ließ meinen Kopf nach hinten an die kalte Heizung gleiten.

Mein geistiges Auge ließ den Moment Revue passieren, während meine Gedanken einen Schritt weiter dachten.

Ich konnte diese Bilder und Stimmen nicht aufhalten. Die Vorstellung, wie sie wütend auf mein verschwinden reagierte, wollte nicht aus meinen Kopf verblassen.

Was, wenn sie wirklich sauer war, mich hasste? Nie wieder mir einen Blick würdigen würde?

Obwohl, über das letztere könnte ich mich wirklich nicht beschweren, dann hätte ich nie wieder an diesen Moment denken müssen.

Dennoch jagten mir die ersten beiden Vorstellungen Angst ein. Ich besaß diesen Drang, von allen gemocht zu werden, trotzdesssen das mich die meisten nicht leiden konnten.

Tief atmete ich ein, bevor meine Hände nach oben zu den Gardinen griffen und versuchten sie zu zuziehen.

Ich kroch unter dem Fenster hervor, genau in dem Moment vernahm ich das klopfen an meiner Tür.

,,Ja?" Fragte ich. Langsam öffnete sich die Tür und meine Mutter stand im Rahmen.

,,Wusstest du, dass eine neue Familie ins Haus nebenan zieht?" Fragte sie mich schonend.

Regungslos blieb ich stehen und beobachtete, wie sie sich auf mein Bett setzte.

Ich wusste nicht, was sie dachte, aber mir gefiel ihr Lächeln nicht. Als würde sie sich jede Sekunde darauf vorbereiten, dass ich einfach dicht mache.

Das ich nicht mehr mit ihr sprechen und ihren Blick meiden würde, während ich einfach allein gelassen werden wollen würde.

Gut, ich sprach zwar nicht und wollte allein gelassen werden, aber noch sah ich ihr in die Augen.

Verzögert nickte ich auf ihre Frage, als ich mich daran erinnerte, dass ich darauf reagieren musste.

Lächelnd sah sie zu mir auf, doch ich erwiderte es nicht. Wartend starrte ich sie ohne zu blinzeln an.
,,Sie heißen Meyers und haben eine Tochter in deinem Alter, Summer"

Ich fragte mich vorher sie das wusste, schließlich hatte ich weder sie, noch Dad mit der Familie sprechen sehen.

,,Vielleicht möchtest du mal mit ihr reden?" Ihre Augen leuchteten etwas auf, doch verschwand dieses sofort wieder, als sie bemerkte, wie ich mein Gesicht verzog.

Sie wusste, dass ich es hasste mit fremden zu reden, oder Zeit mit ihnen zu verbringen. Sie wusste doch, dass es für mich anstrengend war, wenn ich mich verstellen musste.

Sie wusste es, und ich verstand nicht, warum sie es überhaupt vorgeschlagen hatte.

,,Es war ja nur eine Idee" Lachte sie beklemmt, bevor sie von meinem Bett ging und mich noch mal ansah.
,,Es gibt gleich Frühstück"

Ich verstand worauf sie hinaus wollte, doch war ich kein kleines Kind mehr, welches die Welt nicht verstand.

Mir war bewusst, dass das Haus nicht für immer leer stehen konnte und ja, mir gefiel es auch nicht, dass diese Familie jetzt dort einzog. Vor allem, da es in den letzten vier Jahren unbewohnt war, aber ändern konnte ich es nicht und das war mir über die Jahre auch bewusst geworden.

Ich konnte damit schon irgendwie umgehen, auch wenn das nun wirklich Zeit in Anspruch nehmen musste.

So lange ich die Familie aber weder sehen, noch hören musste, konnte ich es ausblenden.

Butterfly SyndromeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt