16 - [Sternenhimmel]

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,,Wieso hast du Angst vor der Dunkelheit?" Fragte ich in die noch immer hell leuchtende Stille, nur um diese Gedanken abschütteln zu können.

Ich konnte ihr lachen hören, welches ganz unerwartet erklang.
,,Wieso möchtest du das wissen?" Ich musste sie nicht ansehen, um ihre hochgezogene Augenbraue vor meinen geistigen Auge sehen zu können.
,,Neugier, außerdem war ein Themenwechsel erforderlich"

Ihr Lachen wurde lauter, dabei sah ich ihr endlich in ihre Augen, welche sie zukniff.
,,Das kam etwas unerwartet" Gab sie zu.

Wartend sah ich in ihre braunen Augen, welche von unzähligen goldene Splittern geziert wurden.

Ich konnte meinen Blick nicht abwenden, auch wenn ich das vielleicht hätte tun sollen. Mir war bewusst, dass ich starrte und das es viele unwohl fühlen ließ. Aber es fühlte sich einfach an, als wären alle meine Gelenke versteinert. Ich konnte mich nicht bewegen.

,,Das ist eine ziemlich langweilige Geschichte" Zuckte sie mit den Schulter und hielt trotzdem meinen starrenden Blick stand.
,,Mir egal"

Lächelnd zog sie doch ihre Augen von mir und löste ihren Griff um meine Hand. Ich konnte die Kälte spüren, welche sich in diesen eigentlich waren Raum, in meine Handfläche ausbreitete.

Sie stand aus ihren Schneidersitz auf, dabei konnte ich ihre Knochen leicht knacken hören, als wären wir viel zu lange in dieser Position gewesen.

Brooklyn stellte sich mit einem Lächeln vor mir, bevor sie einige Schritte rückwärts lief und sich auf ihre Fenstersitzbank setzte, ehe sie mich auch schon zu sich herüber winkte.

,,Ich war ziemlich oft allein zu Hause. Meine Mutter hatte oft Spätschichten im Krankenhaus und mein Vater war auf einer seiner Geschäftsreisen, wann immer wir nicht umzogen" Brooke war zwar am lachen, trotzdem konnte sie die Enttäuschung auf ihren Lippen nicht verstecken.

,,Es war einfach gruselig in einem Apartment zu wohnen, wo ständig irgendwelche Paare miteinander diskutierten, oder man die Dielen im oberen Stock knarren hören konnte"

Ich verstand was sie meinte, auf irgendeine Art und Weise. Weder in der völligen Stille, noch in der lauten Unruhe konnte ich meine Augen  schließen. Für ein Kind musste das umso schwerer gewesen sein.

,,Und jedes Mal wenn wir umzogen, begann das Spiel von neu. Eine neue gruselige Umgebung, die selben Geräusche und die verstörenden Schatten an meinen Wänden"

Kein Wunder, dass wirklich jede Stelle in ihren so Zimmer hell leuchtete.

,,Und was ist mit den ganzen Astronomiebüchern?" Fragte ich, dabei fiel ihr Blick aus dem Fenster, genau auf die unzähligen Sterne.
,,Sie spendeten mir Trost in der Nacht. Ich war überzeugt davon, dass es nicht die richtige Dunkelheit war, da ich sie noch sehen konnte" Lachte sie, mit diesen nostalgischen Blick, als würde sie sich an all die Momente erinnern, in denen sie sich vor Angst unter ihrer Bettdecke versteckte.

,,Ich hab diese Bücher aber nie gelesen. Naja, ich hab es versucht, aber sie waren viel zu kompliziert geschrieben, also schaute ich mir lieber die Bilder an. Mach ich jetzt auch noch so"

Ihre Wangen hatten ein schamvolles rot angenommen, dabei verstand ich nicht warum.
,,Ich nehme an, du hast keine Angst vor der Dunkelheit?" Oh, jetzt verstand ich.

Brooklyn wollte sich mit mir vergleichen. Die Bestätigung suchen, dass ihre Angst völlig dumm war.

Deswegen auch diesen Ausdruck, dass meiden meines Blickes und dieses rot auf ihren Wangen.

,,Welche Antwort erwartest du von mir, Brooke?"
,,Die Wahrheit" Meinte sie etwas perplex, als würde sie nur noch mehr ihre Frage bereuen.

Ich hätte mit ihr diskutieren können, doch das hätte sie wahrscheinlich nur unwohl fühlen lassen.

Seufzend sah ich zusammen mit ihr aus dem Fenster und sah zu den winzigen Punkten im Himmel herauf, die heute irgendwie heller strahlten als sonst.
,,Ich liebe die Dunkelheit" Es war eine kurze Antwort, ich musste mich schließlich nicht erklären, aber Brooklyns Blick sagte etwas anderes.

Mit Neugier sah sie mich an und wartete, dass ich ihr jedes noch so kleine Detail erzählen würde.

,,Ich fühle mich sicher. Kein Licht, dass mich blendet. Niemand der mich sehen oder sogar beobachten könnte. Und in der Nacht muss ich mir keine Gedanken, um irgendwelche lauten Geräusche machen"

,,Du kannst keine lauten Geräusche ab, aber die Stille hasst du auch. Wie funktioniert das?" Hörte ich ihr verwirrtes Lachen, als ich meinen Blick von den Sternen nahm und sie mit gekreuzten Armen an der Wand gelehnt sah.

Ich ließ meinen Kopf an die Wand fallen und versuchte es irgendwie zu erklären, schließlich verstand ich es oftmals selbst nicht.

Die Stille in meinen Zimmer war unerträglich, gleichzeitig genoss ich aber die Ruhe in einem Klassenzimmer.

Die Lautstärke der an uns vorbeifahrenden Autos war Ohrenbetäuben, aber die stürmen Wellen am Strand waren so lieblich zu lauschen.

,,Ich hasse die Stille und die lauten Geräusche, die ich nicht unter Kontrolle habe" Versuchte ich es zu erklären, denn anders hätte ich es Brooklyn wahrscheinlich nie erklären können.

Noch immer trug sie dieses fragende Grinsen auf den Lippen, welches nach weiteren Antworten lüsterte.
,,Wie schläfst du dann bitteschön?"

Die Fragezeichen rannten förmlich einen Marathon auf ihren Kopf, welchen sie nicht zu gewinnen schienen.

,,In dem ich meinen Fernseher die Nacht laufen lasse und die Lautstärke nie hören als auf zehn stelle" Ich konnte ihre nächste Frage schon ahnen, als sie ihren Mund leicht öffnete und ihren Finger leicht meldend hoch hob.
,,Der Fernseher geht von allein aus"

Sofort verschwand ihr Finger wieder nach unten und ein Lachen bildete sich auf ihren Lippen, welches ihre Schultern rauf und runter fielen ließ.

Ich hatte genug von ihren Fragen stattdessen wollte ich meine stellen.
,,Wo hast du schon alles gewohnt?"

Ihr Grinsen verzog sich zu einer geraden Linie, welches nicht begeistert von meiner Frage war.

,,Hier und da"
,,Wo genau?"

Brooke lehnte ihren Kopf zur Seite und begann mich mit einer hochgezogenen Augenbraue anzusehen, während sie ihre Arme kreuzte, dabei kehrte ihr schmollendes Grinsen wieder auf ihre Lippen.

,,Hauptsächlich in den Städten, wie Edinburgh, Manchester, London" Zuckte sie mit den Schultern.
,,Und das war jetzt so schwer mir zu verraten?" Lachte ich, wobei sie nur ihr Gesicht vor Scham verziehen konnte.
,,Ich glaube einfach, dass sich alle mehr vorgestellt haben. Das ich auf jeden Kontinent gelebt habe und solche Sachen eben"

Ich konnte das tiefe sinken ihrer Brust beobachten. Als wären es nicht die Erwartungen der anderen gewesen, sondern ihre eigenen, die sie nicht erfüllen konnte.

Butterfly SyndromeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt