13 - [Systemüberlastung]

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Die Klingel läutete zum Schulschluss. Sofort rannten alle mit ihren Sachen aus dem Raum, noch bevor Miss Olsen zu Ende gesprochen hatte.

Genervt verabschiedete Sie die paar Schüler, die noch immer auf ihren Plätzen saßen, ehe Sie selbst anfing ihre Tasche zu packen.

Meinen Blick wandte ich zu Brooklyn, die versuchte sich ihr Lachen zu verkneifen, bevor sie zu meinen Tisch gelaufen kam und mit ihren Fingern darauf umher tippte.

Zusammen mit ihr lief ich aus dem Gebäude heraus, doch schien sie in ihren Gedanken festgefahren zu sein.

Unaufmerksamkeit lief sie gerade aus, dabei trug sie nicht wie sonst ihr breites Lächeln, welches sonst so ansteckend war.

Neugierig sah ich zu ihr, als wir die letzte Treppenstufe nach unten liefen, trotzdem schien sie meinen starrenden Blick nicht zu bemerken.

Ich konnte meinen Hals austrocknen spüren, als ich auch nur darüber nachdachte, sie zu fragen, was sie so beschäftigte.

Trotzdem wollte ich es wissen.
,,Darf ich wissen, worüber du gerade nachdenkst?" Stotterte ich, doch drehte sie blitzschnell ihren Kopf zu mir und sah mich fragend an, ehe sie ihre Worte zu suchen begann
,,Warum hast du in der ersten Stunde gelogen?"

Verlegen mied ich ihren Blick und versuchte über den Zaun der Schule hinweg zu gucken.

,,Es ist einfach leichter, als die Wahrheit zu sagen" Zuckte ich mit den Schultern, aber Brooke schien sich damit nicht zufrieden zu geben.
,,Inwiefern?" Sie kreuzte ihre Arme vor ihrer Brust, bevor sie mich mit ihrer hochgezogenen Augenbraue ansah.

Ich musste mir ein gequältes Stöhnen verkneifen. Mir war nicht danach mich erklären zu müssen, aber Brooklyn war sturköpfig und von Natur aus neugierig.

,,Kein einziger Lehrer hier an dieser Schule würde jemals verstehen, dass mich nur die Blicke der Schüler beziehungsweise zu viele Reize auf einmal überlasten können" Seufzte ich, doch sah mich Brooklyn noch immer fragend an, als wir uns langsam auf das Schultor zu bewegten.

,,Überlasten?" Leicht kniff sie ihre Augen zusammen, als sie ihre Worte noch einmal leise vor sich her murmelte, um selbst auf die Antwort zu kommen.
,,Mein System" Versuchte ich an Hand eines Beispiels zu erklären.
,,Wird überlastet und stürzt dadurch ab" Lachte ich, während sich ihr Blick langsam aufhellte.
,,Mein Gehirn wird also mit Reizen überflutet, so, dass es diese nicht mehr verarbeiten kann, bis mir mein Körper mir nicht mehr gehorcht"

Brookes Mund stand leicht offen, als sie vor verständnis zu nicken begann, bis sie sofort wieder ihren Kopf vor Verwirrung zu mir drehte.
,,Was hat das mit den Blicken der anderen zu tun?" Ich konnte die Fragezeichen förmlich über ihren Kopf schweben sehen, als wir den Schulhof verließen.

,,Das hat wieder was mit meiner Phobie zu tun" Beschämt sah ich zum Boden herunter, während ich mir nervös am Hinterkopf kratzte. Selbst für mich war das alles mittlerweile zu kompliziert.

Unüberlegt begann ich auf den quadratischen Steinplatten herumzutapsen, während ich unter gar keinen Umständen, auf die Linien treten wollte.

,,Summer" Hörte ich Brooke meinen Namen sagen, die mich mit einem leicht verträumten Lächeln ansah.

Ich konnte Hitze auf meinen Wangen spüren, als ich ihren Blick meiden musste, vor Scham.

Es war einfach eine Gewohnheit gewesen, die ich mir nicht abgewöhnen konnte.

,,Deine Mutter" Sprach sie ihren Satz weiter und zeigte die Straße entlang, wo meine Mutter vor ihrem Auto vorgefahren kam. Normalerweise stellte sie sich auf einen der Parkplätze.

Mein Blick wanderte allerdings sofort wieder zu Brooklyn, die mich noch immer mit einem Lächeln ansah. Sie wollte sich also nicht zu meinem herumtapsen äußern.

,,Du wirst abgeholt und ich darf mit Bus fahren" Wollte sie deprimiert seufzend, doch brach sie sofort in Gelächter aus
,,Dann fahr doch einfach bei uns mit" Ertönte es jedoch aus dem Auto, wo das Fenster geöffnet war.

Brooklyn meinte das offensichtlich als ein Witz, weshalb sich schnell ein verlegendes Lächeln auf ihre Lippen legte.

,,Ich möchte wirklich keine Umstände bereiten" Wollte sie sich rausreden, während sie ihre offenen Handflächen schüttelte.
,,Was für Umstände denn bitte?"

Sie konnte aus der Nummer nicht entkommen, weswegen sie sich ergab und sich auf die Rückbank bei der Fahrerseite setzte, während ich direkt gegenüber von ihr saß.

Still beobachtete ich sie, während meine Mutter mit dem Radio beschäftigt war.

Nervös spielte sie mit den Löchern ihrer blauen Jeans herum, um ab und zu mal aus dem Fenster zu sehen.

Die Bäume sausten nur so an uns vorbei, während die kalte Luft zu uns flog.

,,Und, wie war die Schule?" Fragte meine Mutter. Ich hasste Smalltalk, aber ihre Frage war an Brooklyn gerichtet, trotzdem machte es das ganze nicht weniger unangenehm.

Brooke schien es aber nichts auszumachen - im Gegenteil sogar, sie schien es wirklich Willkommen zu heißen.

,,Ziemlich normal eigentlich. Ich hatte zum ersten Mal in meinen Leben Lebensgestaltung. Ich wusste nicht, dass das ein Unterrichtsfach ist" Lachte sie zwar, konnte sich aber trotzdem ein genervtes zucken ihrer Augenbrauen nicht verkneifen, als sie über Mister Watterson begann zu sprechen.

,,Das der noch unterrichtet. Der hat doch gar keine Ahnung von den Problemen von heute" Grinste meine Mutter in den Rückspiegel, da sie schon zu ihrer Schulzeit Mister Watterson nicht ausstehen konnte.
,,Genau!"

Der Blick meiner Mutter glitt zu mir herüber, die mich erwartungsvoll ansah.
,,Und Summer, wie war dein Tag heute?" Ich verstand, dass sie mir die selbe Frage nur aus Höflichkeit stellte, doch musste sie wirklich nicht mit ihrer eigenen Tochter Smalltalk führen.

,,Nichts wirklich spannendes passiert" Zuckte ich einfach mit den Schultern und wollte schon aus dem Fenster schauen, doch konnte ich Brooke ihr starren in meinen Rücken brennen fühlen.

Ich ahnte schon, was sie wissen wollte, nur sprach sie es nicht laut aus, stattdessen behielt sie es für sich und sah an ihren Fingern herunter, da die Stille sie wohl wieder nervös zu machen schien.

,,Ist wirklich nichts passiert?" Fragte sie noch einmal nach, dabei klang ihre Stimme aber ganz anders. Unruhiger.

Sie machte das immer, nicht, weil sie mir nicht glaubte, sondern weil ich große Probleme als Kind hatte, Wörter wahrzunehmen.

Ich wusste, dass sie etwas sagte, doch konnte ich es nie verstehen, weshalb sie sich angewöhnte, alles für mich zu wiederholen.

Auch wenn sie es mittlerweile nur aus Besorgnis tat.

Butterfly SyndromeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt