Kekse und Sonne

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Valerie

„Kann ich einen Keks haben?", ich linste zu Milan. 

Er sah von seinem Buch auf, seufzte, griff jedoch in seine Tasche und zog wenig später einen Keks heraus. „Du bist verfressen", murmelte er. 

„Hey! Bin ich gar nicht!" 

„Erzähl das wem anders." Er machte eine wegwerfende Handbewegung. 

Ich nahm beleidigt den Keks entgegen und fing an ihn zu essen. Milan hatte sich währenddessen wieder seinem Buch zugewannt. Notre-Dame de Paris. Er studierte Romanistik und hatte seine Nase so oft es ging in Büchern vergraben. Ich sah mich um. Wir lagen auf im Schlosspark auf einer Picknickdecke und genossen die Sonne. Im Schatten, versteht sich. Mit meiner hellen Haut wollte ich nichts riskieren. Gedankenverloren sammelte ich Gänseblümchen aus der näheren Umgebung in der ich saß und versuchte mich an einem Kranz. Als Kind ging das irgendwie leichter. Egal. Ich schmiss den angefangenen Kranz zurück auf die Wiese. Dann schnappte ich mir auch mein Buch. Die theoretische Unwahrscheinlichkeit von Liebe. Ich liebte Geschichten über STEM. Ich seufzte. Warum konnte ich nicht im Labor einen heißen Typen kennen lernen? Das lag wahrscheinlich daran, dass die Professoren alle uralt waren und ich meine Kommilitonen zu gut kannte, als dass ich mit ihnen etwas anfangen wollen würde. Und ich würde nicht einfach einen fremden Typen küssen. Halt Stop. Hatte ich Joschka damals im Vollrausch geküsst? Bitte nicht! Ich legte mein Buch zur Seite und beobachtete Milan. Mit meiner Aufmerksamkeitsspanne gerade konnte ich mein Buch nicht weiter lesen. 

„Was ist los?", fragte mich Milan, ohne aufzusehen. 

„Nichts. Mir ist nur langweilig." 

Er legte sein Buch weg und setzte sich auf. Er holte sich einen Keks aus seiner Tasche und nachdem er meinen Blick sah, auch noch einen für mich. 

„Wolltest du mir nicht deine Chemiefreundin vorstellen?", fragte er und lehnte sich nach hinten, wobei er sich mit seinen Händen abstützte. 

„Nina? Jaa. Aber sie ist gerade noch im Urlaub. Danach mache ich euch sicher bekannt." Ich bewarf ihn mit etwas Gras. 

„Ey", rief er und schmiss etwas Gras zurück. 

„Was hältst du eigentlich von Kyra und diesem Jakob?", fragte er plötzlich ernster. 

Ich sah ihn überrascht an. „Was meinst du?" 

„Naja. Kyra und eine Beziehung? Wer ist dieser Jakob eigentlich?" 

„Also so weit ich weiß, sind die beiden noch nicht zusammen. Sie verbringen einfach nur sehr viel Zeit miteinander. Also sehr viel Zeit. Und gegen Jakob kann man echt nichts sagen. Die beiden scheinen happy zu sein." 

Milan sah nicht überzeugt aus. „Wenn wir eins wissen, ist es, dass Kyra sich nie bindet. Und wenn nicht für lange. Bin gespannt wie lange es hält." 

„Ich auch. Irgendwie vermisse ich sie. Immer wenn ich sie frage, ob wir was machen wollen, ist sie mit Jakob beschäftigt. Oder sie lädt mich zu Sachen ein, bei denen Joschka dabei ist." Ich zog eine Grimasse. 

„Der ist noch mal eine ganz andere Liga. Kann den nicht ab", erklärte Milan grimmig. 

Ich stupste sein Knie an. „Was ist das denn für eine schlechte Stimmung bei dir? Joschka ist zwar jetzt auch nicht unbedingt mein Fall, aber er ist harmlos." 

„Ich finde das einfach kacke, dass Kyra jetzt einfach mit irgendeinem Typen durchbrennt und dir seinen Kumpel aufhalst. Hat dieser Joschka keine anderen Hobbys?" 

Ich grinste. Das war tatsächlich eine gute Frage. „Ich glaube, du bist einfach eifersüchtig, kann das sein? Aber du hast mich doch noch. Ich habe für den restlichen Sommer noch so viel für uns geplant. Das wird super!" Wir sahen uns an und grinsten. 

„Das hoffe ich für dich! Du kannst mich nicht auch noch hängen lassen, Val!" 

„Auf gar keinen Fall. Du mich aber auch nicht, falls das mit dir und Nina klappt." Ich hielt ihm meine Hand hin. Er nahm sie und schüttelte sie. 

„Versprochen!", erklärte er feierlich.

***

Am Abend traf ich Kyra in der Küche. Sie war alleine. 

„Uhh. Was machst du dir?", fragte ich sie neugierig. 

„Couscous mit Tomaten und Feta", erklärte sie und zeigte mir ihr Gericht. Ich verzog das Gesicht. Couscous war ja gar nicht meins. 

„Wo ist Jakob abgeblieben?", fragte ich und fing an meinen Topf mit Wasser zu füllen. Bei mir gab es heute Nudeln mit Käse-Sahnesauce. 

„Im Gym. Er kommt nachher vorbei." 

„Also wird es heute Nacht wieder lauter?" 

Kyra streckte mir die Zunge raus. „Sorry, wir versuchen ja schon leiser zu sein." 

„Funktioniert aber nicht." 

„Morgen sind wir wieder bei Jakob versprochen. Aber ich habe mir jetzt überlegt, dass ich mir ein größeres Bett kaufen möchte. So eins wie du hast." 

„Hast du schon bei Ebay Kleinanzeigen geschaut? Meist gibt es ja gebrauchte Betten günstig abzugeben." 

„Nee. Habe mir eins bei Ikea bestellt. Hilfst du mir beim Aufbau, wenn es endlich geliefert wird?" Sie machte große Augen. Ich stöhnte auf. Ich hasste es, Möbel aufzubauen. Doch Kyra konnte ich nicht hängen lassen. 

„Klar helfe ich dir. Wann soll es denn kommen?" 

Sie gab mir ein Zeichen kurz zu warten, scrollte auf ihrem Handy und lass dann vor: „Am Donnerstag soll es ankommen." 

Ich nickte. Da ging ich Frühs zwar Tennis spielen mit Shirin, doch danach sollte ich Zeit haben.

 „Milan und ich haben dich heute übrigens im Park vermisst", erklärte ich, während ich meine Soße machte. Kyra hatte sich an den Tisch gesetzt und aß. 

„Oh. Ihr wart draußen? Ich war noch bei Jakob gewesen. Wir haben..." 

„...Sex gehabt?", beendete ich ihren Satz. 

Sie rollte mit den Augen. „Nach einem Bett online geschaut. Duh!" Sie warf ihre dunklen Haare nach hinten. 

„Oh sorry. Ersteres schien aber auch sehr passend zu sein." 

„Ja ja. Du machst mir hier Vorwürfe, aber erinnere dich an deine Beziehung zurück. Du und Tim hattet am Anfang bestimmt auch einen Haufen Sex gehabt." Ich dachte zurück. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten, da es bei mir stark wehgetan hatte, hatten wir tatsächlich oft miteinander geschlafen gehabt. Doch das war schnell wieder abgeflacht. Der Alltag war uns in die Quere gekommen. Und durch die Pille hatte ich meine Libido verloren gehabt. Daher hatte ich vor einem halben Jahr die Pille abgesetzt. Seitdem war zwar noch immer Flaute – weshalb ich stark die Vermutung hatte, dass es doch eher an ihm gelegen hatte- doch ich hoffte sehr, dass meine Libido bald zurück kam. 

„Wie oft habt ihr denn Sex am Tag?" 

Kyra überlegte, dann zählte sie mit ihren Fingern. „Vielleicht so fünf bis sechsmal am Tag?" 

Ich sah sie erschrocken an. Das war schon echt viel! „Und das tut nicht weh?" Bei mir hätte sich das da unten schon längst verabschiedet. 

„Gleitgel regelt", erklärte sie. 

Ich schüttelte nur den Kopf und wandte mich wieder meiner Sauce zu. 

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 04, 2023 ⏰

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