Veränderungen hinterlassen Spuren

47 3 6
                                    

Kapitel 9:   Veränderungen hinterlassen Spuren

Alexs Sicht


„Willst du so gehen?" Kritisch mustert mich mein bester Freund, nachdem er meine Wohnung nach 10 Minuten Verspätung betreten hatte. Ich fühle mich sogleich unwohler, als er das Offensichtliche so offensiv äußerte.

„Ja?", antworte ich und tu so als wüsste ich nicht, dass ich nur eine schlapprige Jogginghose trage.

„Mhm. Schon mal was von Jeans gehört?", schlägt Dan sarkastisch angehaucht vor und ich weiß zugleich, dass er sich nicht nur um meinen heutigen Kleidungsstil sorgt, sondern allgemein um meine Erscheinung. Die um ehrlich zu sein, nicht strahlend ist. Ich muss aussehen wie einmal in den Müll geworfen und dann wieder rausgepickt, um daraus doch wieder etwas Essbares zu „zaubern". Ich sollte ihm sagen, dass ich keine Lust habe auszugehen, dafür schwirren mir zu viele Gedanken und Stimmen im Kopf herum, die ich erst sortieren muss.

„Dan ich..."

                     „... Alex, ich weiß du siehst scheiße aus und fühlst dich wahrscheinlich auch so, aber, wenn ich dich frage was denn los mit dir ist, wirst du wieder abblocken und mit „Nichts" antworten. Deshalb wirst du heute endlich wieder über deinen Schatten springen und mitgehen. Weil dieses „Nichts" schlimmer geworden ist in den letzten 3 Wochen", endet er und sieht mich anklagend an.

„Komm schon Brüderchen." Versucht er mich nochmals zu überzeugen, doch seine Aussage verleiht mir nur einen Stich in der Brust. Sofort muss ich an Paul, meinen Bruder denken, er hatte mich immer Brüderchen genannt.

„Wir sind keine Brüder!", stelle ich kalt fest. Ich sollte über den Fehler meines Freundes hinwegsehen, es ist schon so lange her, er hat es bestimmt schon vergessen, dass Paul mich immer so nannte, aber ich kann das nicht so stehen lassen. Mein Bruder geht vor.

„Wir haben aber vor 10 Jahren auf unsere Brüderschaft getrunken", versucht er mir entgegen zu setzten.

„Das gilt nicht." Ich weiß selbst gerade nicht, was mit mir los ist, dass ich ihn so angehe.

„Alex komm schon. Ich will doch nur, dass du mir erzählst, was dich bedrückt. Jedenfalls nehme ich an, dass es dich unter Druck setzt, weil du nicht richtig wütend bist, sondern einfach nur abweisend.


Ich bekomme im Moment ein richtig schlechtes Gewissen.  Wie springe ich mit meinen besten Freund gerade um, dass er mich schon bitten muss, dass ich ihm etwas erzähle?

„Das kann ich dir nicht sagen-nicht so sagen. Können wir nicht im Auto darüber reden?" Versuche ich vorzuschlagen, jedoch weiß ich, dass er mich besser kennt.

„Damit du mir nicht in die Augen sehen musst?", will er wütend von mir wissen. Er ist enttäuscht von mir, ungläubig starrt er mich an. Ich schaue niedergeschlagen auf den Boden, um seinen Enttäuschung nicht auch noch imaginär vor mir zu sehen.

„Warte mal...Du hast deine Ex getroffen?!", ruft er bestürzt aus und ich bin so überrascht über seinen plötzlichen Sinneswandel, dass ich den Kopf hebe und mich frage wie er jetzt ausgerechnet auf diese Person kommt?

„Nein und ich hoffe das trifft auch lange Zeit noch zu." Antworte ich sofort, um jegliche Missverständnisse sofort aus dem Weg zu räumen.

„Schade...ich dachte, dass wäre der springende Punkt gewesen", erläutert er mir seine Gedanken. Ich muss Dan es doch erzählen, nicht alles, aber einen Teil, weil ich einen betrübten Dan nicht gerne sehe. Vor allem, wenn ich der Grund dafür bin.

„Was würdest du sagen, wenn eine junge Person dich aufgrund dessen verurteilt, weil du jener Person geholfen  und nichts im Gegenzug dafür verlangt hast?"  Stelle ich ihm eine der Fragen, die mich schon seit Stunden quälen.

„Ich nehme an, der Helfer bist du und du magst diese andere Person?", hakt er unvermittelt nach und ein kleines Funkeln blitzt in seinen Augen auf.

„Kommt darauf an, was du unter mögen verstehst." Und hoffe ihm somit das Fressen weggenommen zu haben.

„Aber du findest diese Person interessant, stimmt's?", will er provokant wissen und tritt näher an mich heran.

„Mhm."

„Also ja." Ein zufriedenes Lächeln ziert augenblicklich sein Gesicht und verließ es auch so schnell wieder. Dan wendet sich von mir ab und geht kurz nachdenklich herum, bis er sich wieder zu mir umdreht.


„Weißt du, warum ich dich damals bewunderte?", will er plötzlich wissen.

„Weil du vor der großen Katastrophe wusstest, was du wolltest. Du wusstest schon lange, dass du Lehrer werden möchtest. Du hast früh gemerkt, dass es dir Spaß macht anderen Leuten zu helfen. Ihnen Sachen zu erklären. Ich hingegen wusste nicht, was ich werden möchte, welchen Beruf ich ausüben sollte. Ich hatte hier viele Praktika gemacht und 1 Semester Psychologie belegt und es war nichts dabei, bei dem ich gesagt hatte: „Hey das macht mir Spaß! Das gefällt mir!" Erst als ich in Australien war, stellte ich fest, es bereitet mir auch Freunde anderen Menschen zu helfen, jedoch nicht in schulischen Sachen, sondern bei technischen. Und ich verdanke es dir, weil du mich ermutigt hast ein Auslandsjahr zu machen. Ohne dich wäre ich noch immer planlos oder würde einen Job machen, der mich nicht glücklich macht. Du hast mir etwas gegeben, was ich dir so niemals zurückgeben könnte. Diese Person hat schon gewissermaßen Recht, denn du warst mal anders. Du hast früher akzeptiert, dass jeder, der etwas von dir brauchte, dir eine Gegenleistung dafür gab. Du hast dich geändert, ich kann nicht sagen, ob positiv oder negativ, weil ich dich nicht verurteilen möchte."


Ich bin baff, mir fehlen die Worte nach seinen Monolog. Ich hatte mich wirklich verändert und trotzdem versucht mich Dan wieder nach oben zu ziehen, auch, wenn ich gerade unten sitze.

„Was du damit sagen willst: Jede Gabe von einem ist einzigartig und diese Einzigartigkeit, die jeder besitzt, kann man nicht zurückgeben? Meinst du das so?", frage ich nochmals nach.

„Ja genau, Alex und deswegen mach dir nicht so viel Kopf darüber, was diese jüngere Person gesagt hat, du solltest wieder mehr an dich denken und nicht nur an die Anderen. Und vor allem solltet wir jetzt aufbrechen", endet Dan und schiebt mich in mein Schlafzimmer, um mich zum Umziehen zu zwingen, was glaub ich gar nicht mehr nötig ist. Er hat mich überzeugt und ich möchte heute mich zusammenreißen und deshalb die aufdringlichen Gedanken im hintersten Winkel meines Zimmers einsperren.




So...nun kommen wieder Kapitel aus Alexs Sicht und es stellt sich wieder einmal die Frage, warum Alex so empfindlich reagiert, wenn er an seinen Bruder Paul denken muss....

Ich hoffe ihr seid alle noch dabei :*

Wie aus einer anderen WeltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt