6. Tempel

194 19 3
                                    




Enmu's Pov:

Keine zwei Minuten später, kahm die Frau wieder, packte mich am Arm, zog mich hoch, und zur Tür raus, mit den Worten: "Jetzt beweg dich endlich, du Fettarsch!" Zu meinem Pech war es der rechte Arm gewesen, den die Frau gepackt hatte. Mein Bruch, und überhaupt meine ganzen Verletzungen die ich noch von dem Ereignis mit dem Tot meiner Eltern trug, waren nicht richtig verheilt, und taten noch unmenschlich weh. Gerade der Bruch am Arm, am Bein, die Narbe an meinem Handrücken und die Narbe in meinem Gesicht, setzten mir besonders Schmerzen zu. Doch ich verzog, trotz des Schmerzes, keine Miene, und ließ mich mitziehen.

Die Straßen waren gut besucht, und jeder unterhielt sich freudig und angerregt. Es roch nach Gewürzen und leckerem Essen, und mir lief langsam das Wasser im Mund zusammen, denn das letzte Mal das ich etwas gegessen hatte, war auch schon wieder 2 oder 3 Tage her. Als die Leute mich jedoch erblickten, wurde es plötzlich ganz still. Jeder starrte uns nur an. Sie gingen alle einen paar Schritte zurück, während die Frau jetzt so stark meinen Arm umfasste, das sie mir mit ihren Fingernägeln schon ins Fleisch schnitt.

Ich biss vor Schmerz die Zähne zusammen, da ich jetzt wieder meinen Bruch im Arm spürte. Am liebsten hätte ich ihren Arm wegerissen, und ihr mit meiner Faust zwischen die Augen geschlagen, und-... warte, seit wann hatte ich diese Gedanken?

Beschämt, wegen mir selbst, schaute ich nur zu Boden, und versuchte die Blicke der Passanten zu ignorieren, die mich weiterhin anstarrte, als wäre ich irgendetwas ekliges. Nun ja, wenn ich so darüber nachdachte, war ich das wohl auch für sie. Obwohl ich nicht hinsah spürte ich die neugierigen, und angewiderten Blicke der Passanten überall an meinem ganzen Körper wie Nadelstiche. Obwohl, Nadeln waren untertrieben. Ich spürte sie wie Pfeile, die sich, einer nachdem anderen, in meine Haut bohrten und reinfraßen.

Ich hörte, wie die Leute anfingen zu lästern. Ich schnappte dabei ein paar ein paar Worte auf, wie: " ...ja, der ist es ... ja ... dieser ... Bastard ... die arme Frau ... Abschaum... auch noch hässlich ... so können wir  ihn einfacher an den Haaren ziehen ... oh nein, bald bin ich dran ... er hat es verdient ... angeblich ist er für den Tot seiner Eltern verantwortlich ... bestimmt hat er seine Eltern selbst getötet ... arme Frau ... Abschaum ... würde mich nicht wundern wenn die Eltern drum gebettelt hätten zu sterben ... " Sie gaben sich noch nicht einmal mühe die Stimme zu senken! Hielten sie es nicht für nötig, oder wollten sie sogar das ich anhörte wie sehr sie mich ohne Grund hassten?!

  Ich versuchte einfach nicht hinzuhören, obwohl es sehr schwierig für mich war. "Hey!", rief dann plötzlich ein frecher junger Mann, ungefähr 30, der wahrscheinlich leicht angetrunken war, der Frau zu. " Zieh doch dem Abschaum lieber an den Haaren! Da tuts ihm besonders weh! Wozu haben wir ihm sonst die Haare so geschnitten, das man ihm leichter an den Haaren ziehen kann?!" Ich hörte, wie jemand dem Mann ihn die Seite stach, woraufhin er schmerzvoll aufstöhnte. "Was denn!?" Fragte er. "Der hässliche Bastard hat's verdient!" Diese Worte taten überraschend doll weh. Wie ein Messer das man mir in den Kern meiner Seele stach. Die Frau antwortete nicht. Wahrscheinlich schämte sie sich ebenfalls für mich, aber längst nicht so viel wie ich mich für mich. Trotzdem spürte ich ihre Wut auf mich, als sie die Stärke mit der sie mein, bestimmt jetzt wieder gebrochenen Arm, umfasste, verdreifachte. Ich biss mir vor Schmerz jetzt so doll auf die Lippe, das sie anfing zu bluten.

"Diese Blicke... Diese Blicke... SIE SOLLEN AUFHÖREN!"

Das dachte ich die ganze Zeit des Weges. Mein Kopf hing schlaf herunter, und mein Blick war glasig und leer. Ich muss zugeben, ich war schon ein bisschen aufgeregt, als der Weg plötzlich steinern wurde. Langsam, und so das es die Frau nicht bemerkte, hob ich etwas den Kopf. Wir gingen auf einem steinernen weg, in so einer Art Garten. um den Weg waren kleine Teich mit weißen Lilien. Auch um die Teiche wuchsen viele weiße Lilien. Überhaupt war alles voller weißer Lilien, und alles wirkte irgendwie... friedlich. Plötzlich blieb die Frau stehen. Verwundert blieb ich ebenfalls stehen, und schaute nach vorne. wir standen vor einem großen, prachtvollen Haus. Es war groß und elegant, und bestand aus einem edlen, glatten Holz. Alles in allem: Wunderschön.

Die elegante, große, prachtvolle Schiebetür war ebenfalls mit weißen, wunderschönen Lilien geschmückt. Vor der Tür stand ein ungefähr 50 cm, großer Stein, der in der Sonne schimmerte. Auf diesem Stein war ordentlich eingeritzt: "Tempel". Mein Grad an Aufregung stieg ins unermessliche, als die Frau die Hand hob, um an die schwere Tür zu klopfen. Doch sie zögerte kurz. Plötzlich packte sie mich mit der Hand schnell am Haarschopf. Teils aus Überraschung, teils aus Schmerz, zog ich scharf die Luft ein, und unterdrückte einen kleinen Schrei.

"Hey, Abschaum!" Zischte sie, während mein Blick leer blieb. "Wehe du machst was! VERSTANDEN?" "...J-ja..." sagte ich mit leiser, erstickter Stimme, da es mir die Schmerzen, und der Schwindel, der wegen des langsam wieder aufkommenden Hungers wieder da war, nicht leicht machte. Zum Glück hielt mich die Frau fest. Sonst wäre ich wohlmöglich noch umgekippt. Ich schluckte hart, und sah weg, da diese Augen wie Messer waren, die in den Kern meiner Seele stachen. Die Tränen die von den Schmerzen aufkamen, blinzelte ich weg.

Sie traute sich allerdings wohl nicht mich hier laut anzuschreien, in diesem Garten des Tempels, der Garten der Stille und der Garten der einem sofort das Gefühl von innerem Frieden vermittelte, sobald man ihn betreten hatte. Vielleicht aus Anstand, vielleicht auch weil hinter der Tür Leute waren, und sie Sorge hatte, sie könnten sie hören. ich konnte es nicht wissen, da ich eigentlich nicht gläubig war. Zum Glück braucht ich meine Stimme nicht zu senken, da ich seit dem Vorfall, wenn ich überhaupt etwas sagte, durchgehend flüsterte. Endlich ließ sie mich los, und ich stäulperte ein paar Schritte zurück, da mein Schwindelgefühl nicht gerade schwach war. Zum Glück hatte meine Kopfhaut nicht wieder angefangen zu bluten. Sonst hätte sie mir sicher wieder eine geknallt, denn wenn sie sich nicht davor scheute mich in diesem friedlichen Garten an den Haaren zu packen, dann würde sie auch nicht zögern mich hier zu verprügeln. Endlich ließ sie mich auch am, nun bestimmt wieder gebrochenen Oberarm, los und hob ihre Hand. Sie klopfte zweimal.

Dann öffnete sie die Tür.

Enmu | Hintergrund GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt