7 Die tote Seite

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Mein Herz rutschte mir bis in den untersten
Stock des ganzen Berges.
"Was? Aber ich will nicht weg..."
Das war die Wahrheit, ich wollte das jetzt schaffen, ich könnte niemals damit klar kommen dass ich versagt hatte.
Und das obwohl ich alle Voraussetzungen dazu hatte.
"Das hast du nicht zu Entscheiden, sei ruhig."
Grob sah mich Caspar an und ich öffnete den Mund.
Wut rauschte durch mich hindurch.
Wie konnte er so mit mir reden wenn ich nichts dafür konnte!
Doch bevor ich etwas sagen konnte, legte Gendryl eine Hand auf meine Schulter wie zur Beruhigung.
"Mach doch keine grosse Sache draus Caspar, vielleicht ist da wirklich was was unsere junge Quinn blockiert, wer weiss."
Ich war erleichtert dass wenigstens er mir glaubte, während der Pergamentschreiber aufgebracht und unruhig irgendwas nuschelte, worauf Beide aber keine Reaktionen gaben.
"Tue ich nicht Gendryl, aber wenn sie untauglich ist verschwenden wir nunmal unsere Zeit mit ihr..und du weisst wir haben keine."
Ich runzelte die Stirn, was sollte das denn bedeuten?
Egal, auf jeden Fall liess ich nicht so über mich sprechen wenn ich dabei war.
"Vielleicht habt ja auch ihr mich blockiert weil ihr mich einfach los sein wollt!"
Schrie ich ihn an, und kapierte erst als ich sein bleiches Gesicht sah, was ich ihm unterstellt hatte.
Aber möglich wäre es ja, so wie er sofort darauf angesprungen war.
"Das...ist eine Frechheit! Ich verlange..."
Brauste Caspar auf, ich sah ehrliche Empörung und Wut in den dunkeln Augen, passend zum strengen zurück gekämmten Haar.
"Quinn, entschuldige dich bei Meister Caspar."
Ernst sah mich der Gletschersee an und ich wusste dass ich endgültig verspielt hatte, wenn ich jetzt zu stolz war.
Aber es war echt schwer, vielleicht würden sie mich ja sowieso weg schicken, also musste ich mich ihm ja wohl nicht unterwerfen!
Ich blitzte ihn an und der alte dünne aber hoch gewachsene Mann blitzte zurück.
Als wäre nicht er der Erwachsene.
"Quinn.."
Mahnte mich Gendryl.
Und wenn er nicht der Einzige gewesen wäre den ich mochte, dann hätte ich das jetzt niemals gesagt.
"Entschuldigen Sie Meister Caspar."
Presste ich heraus und spürte wie pures Feuer an Wut meine Adern durchlief.
"Gut. Geh jetzt auf dein Zimmer Quinn, du wirst nicht weg geschickt werden," vielsagend sah er zu Caspar, der nur die Arme verschränkt hatte und eisig zu mir runter sah.
"Aber du musst auch in deiner Freizeit üben, denn in zwei Wochen musst du die Grundpfeiler der Magie beherrschen. Schaffst du das?"
Ich wusste dass es nicht ging. Dass da irgendetwas war dass mich nicht liess. Etwas von aussen.
Trotzdem nickte ich.
Ich war nicht bereit das hier aufzugeben.
"Ja Meister Gendryl."
Ich drehte mich um, ohne Caspar noch einmal anzusehen und senkte kurz den Kopf vor dem Pergamentschreiber, der sofort und ohne Bedenken wieder friedlich gestimmt war.
Dann verliess ich den Raum und ging schnurstracks zu meinem Schlafsaal.
Ich hatte keinen Appetit und kam
Sowieso zu spät zum Essen, da konnte ich mir die Liftfahrt auch ersparen und eben hungern.
Wütend knallte ich die Türe hinter mir zu und der Knall hallte von den Wänden wieder.
Wütend warf ich die Kugel, an welcher ich so kläglich gescheitert war, auf den Boden, wo es klickte und sie langsam weiter rollte bis das Fenster sie stoppte.
Ich schrie frustriert und leise auf, während ich mein Kissen auf das Bett schlug.
Mehrmals.
Es war zum Verzweifeln.
Es gab noch nie einen Reiter der nicht zaubern konnte, und ich hatte mich vor meinen ganzen Mitmenschen zum Affen gemacht.
Sogar die neunjährige Kira hatte es besser gemacht als ich und ich war fast doppelt so alt.
Das war einfach nur erbärmlich und entmutigend.
Ich fühlte diese Hilflosigkeit, denn es gab keine Möglichkeit es bis in zwei Wochen zu beherrschen, denn ich wusste dass da diese Fremde Kraft war die es unterdrückte.
Als ich genug getobt hatte, liess ich mich an die Wand neben dem grossen Fenster sinken.
Der kalte Stein an meinem Rücken liess mich schaudern, aber da ich noch meinen Mantel anhatte war es halb so schlimm.
Ich starrte hinaus auf das rote Land und atmete gegen die Scheibe.
Als sie beschlagen war sodass ich nichts mehr sah, wischte ich den Dampf ab und lehnte meinen Kopf wieder zurück.
"Wieso ich."
Murmelte ich. Wieso musste genau ich diese unnötigen Schwierigkeiten haben, konnte sich das Schicksal nicht mal Jemand anderen als mich aussuchen?
Ich sass geschlagene zwei Stunden am Fenster, und komischerweise hatte ich keine Angst da hinunter zu sehen, obwohl der Abgang sehr tief reichte, und die Felsen spitz waren.
Ich pustete die Luft aus vor Langeweile und Verzweiflung und meine Haare die mir im Gesicht gehangen hatten wurden zur Seite geweht.
Dann sass ich Einfach weiter da, dachte nach und sah auf das rote Land hinaus, auf dem sich nicht einmal etwas bewegte.
Es lag einfach weiter so da, tot und ohne jegliches Leben das noch übrig geblieben wäre.
"Was ist das bloss..."
Murmelte ich. Darüber hatte mir noch Niemand was erzählt, aber ich hatte verstanden dass es eine böse Seite war.
Also waren das vielleicht die Feinde, gegen die die Reiter ihr Leben lang kämpften, wie mir prophezeit wurde.
Nur sah ich keine Bedrohung in den leeren Landschaften.
Es bot kein Leben und so konnten auch keine Feinde entstehen.
Vielleicht war es einfach ein Mythos der Kindern vor dem Schlafengehen erzählt wurden damit sie brav ins Bett gingen.
Langsam verloren sich meine Gedanken im Reich der Lüfte und ich sah wie so oft wenn ich nicht weiter wusste in den Himmel.
Nur fehlten jetzt die Sterne, die mir sonst immer den Weg zu weisen schienen.
Dann wanderte mein Blick plötzlich zu der Kugel.
Braun und hölzern mit einigen Einbuchtungen drin vom Aufprall, lag sie beinahe provozierend da.
Ich sah sie eine Weile an, was konnte es nur sein was verhinderte dass ich Magie ausführte.
Ich musste wohl noch eine Niederlage wollen, denn ich streckte erneut die Hand aus.
Keine Ahnung wieso, aber ich wollte es einfach nicht akzeptieren.
Ich stellte mir vor wie die Verbindung zwischen Kugel und meiner Hand hergestellt wurde.
Wie ein unsichtbarer Strom an Energie sie fest hielt.
So wie heute Morgen.
Und dann schwebte sie.
Mir blieb vor Schreck fast die Spucke weg und ich zuckte zusammen, sodass sie wieder zu Boden fiel.
Das gabs doch nicht...gerade hatte es geklappt.
Ohne dass sich irgendwas eingemischt hatte.
Es hatte einfach geklappt.
Mit einem breiten Lächeln auf den Lippen rutschte ich auf den Knien näher an die Kugel heran.
"Ich wusste es doch..."
Murmelte ich und hob erneut die Hand.
Dieses Mal konzentrierte ich mich nur noch darauf was ich von der Kugel wollte.
Und tatsächlich hob sie vom Boden ab und vollführte mühelos, beinahe schon elegant jede Bewegung die ich wollte.
Baff und mit einem Glücksgefühl sah ich zu; während sich angenehme Wärme ausbreitete.
Selbst als ich meine Konzentration etwas lockerte schwankte sie nur kurz und blieb in der Luft.
"Der Wahnsinn..ich kann zaubern."
Flüsterte ich und sprang dann auf.
Die Kugel folgte mir und meinen Bewegungen.
"Ich kann es...ich hab es geschafft!"
Jubelte ich und hüpfte wie wild an der Stelle herum, an der ich gerade stand.
Wieso war Niemand da der das sehen konnte? Ich hätte allen und vor allem
Caspar beweisen können dass ich nicht untauglich war.
Ich rannte los und wollte gerade die Türe zum Zimmer öffnen, als ich erstarrte.
Da war sie wieder, diese fremde Macht die die Kugel nieder drückte, bis sie zu Boden fiel und meine Magie nicht mehr gegen diese Fremde ankam.
Entgeistert starrte ich es an.
Das war jetzt aber nicht deren verdammter Ernst.
Langsam kam mir eine Idee, als ich mich umwandte und zurück zum Fenster sah.
Ich hob die Kugel auf und lief zurück bis ich wieder vor dem Fenster stand.
Dann liess ich sie fallen.
Sie schwebte wieder, kurz bevor sie auf den Boden gekracht wäre.
"Das gibts doch nicht..."
Ich hob beide Brauen.
Ich entfernte mich wieder vom
Fenster, und als ich vor der Türe stand, fiel die Kugel wieder auf den Boden.
"Was zum..."
Das konnte dich nicht wahr sein.
dass ich einfach bei dem Fenster meine Magie anwenden konnte aber sobald ich wo anders im Gebäude war nicht?
Was war dass den für eine Logik?
Von dem hatte Meister Emmet nichts erwähnt
Und es kam mir mehr als unlogisch vor.
Das würde aber wenigstens zeigen dass ich nicht schuld war.
Und vor allem dass ich es konnte.
Ich war nicht so untauglich wie Caspar behauptete, sondern hatte durchaus das Können dazu!
Und es fühlte sich wirklich wahnsinnig und unglaublich an.
Dass ich sowas hinbekam, noch vor Tagen hätte ich das Niemals geglaubt.
Mir war schon klar dass ich eigentlich hier nicht zaubern durfte.
Aber wenn es nunmal nur hier ging, dann waren mir die Regeln ziemlich egal.
Denn ich konnte es und das war alles was zählte.
Nur war es etwas unpraktisch, wenn ich es dafür im Unterricht nicht hinbekam und alle denken würden ich würde lügen, wenn ich behauptete dass es doch ging.
Also würde ich es für mich behalten und versuchen mich so durch zu kämpfen.
Irgendwie.
Es war verzaubernd was ich tun konnte.
Ich konnte allein durch meinen Willen die Kissen
Hoch fliegen lassen, alle gleichzeitig.
Aber ich spürte auch desto mehr Magie ich anwendete, desto mehr schwand meine Energie.
Und da ich ohnehin nichts gegessen hatte, war das alles sehr unpraktisch.
Schliesslich sass ich ziemlich entkräftet auf meinem Bett; als Kira und Ida hinein stürmten.
"Da ist sie Ida!"
"Ah gut, Quinn wir haben schon nach dir gesucht! Überall."
Sie grinste breit und ich lächelte schwach zurück.
"Jap gefunden."
"Wir haben dir Belegte Brötchen mitgebracht!"
Ida fischte aus ihrer Tasche zwei Brötchen und mir lief das Wasser im Mund zusammen.
Sie hatte echt an mich gedacht..
Sie setzte sich auf meine Bettkante und spielte mit ihren langen Haaren, ich bemerkte erst jetzt die Sommersprossen auf ihrem Gesicht.
"Und? Was war los?"
erkundigte sie sich, während ich die Brötchen schnabulierte und gar nicht genug bekam.
Jetzt verstand ich was er damit gemeint hatte dass Magie die Energie schwächte.
Aber es brauchte nunmal für alles einen Preis.
"Ach, Caspar hat gewollt dass ich raus fliege, aber sie haben mich dann doch hier gelassen, Gendryl meinte ich bräuchte nur mehr Übung."
Es juckte mich in den Fingern ihr zu zeigen wie viel ich eigentlich konnte.
Aber dann hätte ich ihr erklären müssen wieso es nicht klappte wenn andere Menschen in anderen Zimmern dabei waren.
Und davon hatte ich ja selbst keine Ahnung.
"Sowas kann er doch nicht machen!"
Empörte sich Kira und hüpfte wieder auf ihrem Bett herum, natürlich mit ihrem Bären.
"Haben sie ja auch nicht gemacht."
Beruhigte ich sie und freute mich insgeheim dass ich ihr anscheinend so wichtig war.
Ida sag etwas traurig drein.
"Und ist sonst irgendwas spannendes passiert?"
Erkundigte ich mich zur Ablenkung.
Sie schüttelte den Kopf und grinste wieder.
Mann hatte das Mädchen vielleicht Nerven.
"Nein, beim Essen ist Finn beim Tisch stehen geblieben und hat gefragt wo du bist."
Ich schoss wie von der Mistgabel gestochen hoch.
"Du hast ihm aber nicht erzählt was passiert ist oder?"
Fragte ich beinahe mit schriller Stimme.
Es würde mich beinahe am Meisten aufregen, wenn Finn von mir denken würde dass ich eine Versagerin war.
Sie runzelte die Stirn,
"Nein...ich habe bloss gesagt dass du zu Caspar und so musstest, aber er hat nicht nachgefragt und ist dann zu seinen Kumpels gegangen."
Erleichtert atmete ich aus und lehnte mich wieder ins Kissen.
Gott sei Dank.
"Kommst du Morgen in den Unterricht?"
Fragte Ida und ich musste ehrlich sagen ich wusste es nicht.
Dort würde ich es ja ohnehin nicht mitkommen.
Aber es gab bestimmt keine guten Referenzen wenn ich es nicht hinbekam zu zaubern und zusätzlich nicht in den Unterricht kam.
Dann würde es noch so aussehen als bemühte ich mich gar Nicht.
Also seufzte ich erledigt und nickte.
"Ja, sieht wohl so aus."

Stolen Secrets: Erbin der Drachen *beendet*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt