21-Die Suche nach Krimur

3.5K 290 39
                                    

Ich hatte das nicht gewollt. Ich hatte Caspar nicht verletzen wollen. Aber ich war so wütend gewesen und er hatte mich zuerst angegriffen.
Jetzt hassten sie mich alle, ihr Vertrauen jemals zurück zu gewinnen würde eine Sache der Unmöglichkeit werden.
„Sie werden die Verfolgung aufnehmen sobald ihr Anführer versorgt ist, also sollten wir uns schnell irgendwo verstecken."
Meinte Ace und liess den Blick gierig über das grüne Tal schweifen.
„Wunderschön...ich wünschte meinem Volk wäre dasselbe Leben vergönnt."
Ich hörte nur mit halbem Ohr zu und starrte auf Dorchas Hörner. Mein Drache hatte genau gemerkt, was mit mir los war. Deswegen übernahm er die Führung. Doch er war nicht der Meinung, dass ich etwas falsch gemacht hatte.
Er hätte mich verteidigt, wenn ich es nicht selbst getan hätte. Ich war mir nicht sicher, ob Drachen so etwas wie Schuldgefühle empfanden oder überhaupt wussten, was das war. Vielleicht fehlte ihnen dazu die Empathie der Menschen.
„Quinn! Du kennst dich hier doch aus. Wo kann man sich verstecken?"
Riss mich Ace mit genervter Stimme aus meinen Gedanken, in denen ich beinahe ertrunken wäre.
„Was? Keine Ahnung..."
Murmelte ich bloss und dachte wieder an Finn und Ida. Wenn ich im Berg der Drachen geblieben wäre, würde ich nun an Idas Stelle stehen. Und die Monate die verblieben bis Krimur auch das Tal der Drachen angreifen würde geniessen. Doch dann hätte ich die Leben all derer geopfert, denen ich jetzt schon hatte helfen können. Mein Persönliches Glück im Austausch gegen das vieler anderen. So sah mein Schicksal wohl aus. Aber noch hatte ich ein Ziel, dass nur mich persönlich anging. Rache für das was Krimur meiner Tante und meinen Eltern angetan hatte. Ich würde es sein, die ihn das alles bereuen lassen würde. Und dafür musste ich wohl einfach einen hohen Preis zahlen.
„Quinn? Hör verdammt nochmal auf dir Schuldgefühle einzubilden, das ist ja nicht mit anzusehen!"
Schnauzte Ace und fuhr mit der Hand aufgebracht durch die Luft.
Ich schluckte.
„Du verstehst das nicht Ace. Ich möchte doch nur akzeptiert und geliebt werden. Stattdessen verachten sie mich alle, das konnte ich doch spüren!"
Ace schnaubte und blickte dann zu den Wolken über uns und seufzte.
„Ich sage dir jetzt einmal was, was ich unter Qualen lernen musste."
Er blickte mir aus den eisblauen Augen entgegen und wirkte so ernst, wie ich ihn noch nie erlebt hatte. Der Silberne hielt sich nahe neben Dorcha, sie bewegten sich im selben Rythmus, als würden sie zu einem Wesen verschmelzen und durch die Luft segeln.
„Solche wie sie, normale Menschen, werden Leute wie uns nie akzeptieren. Egal wie sehr du dich um ihr Verständnis oder ihre Liebe bemühst."
„Wieso nicht?"
„Weil wir mächtig sind. Mächtiger als sie."
Ich schnaubte.
„Gewiss magst du ein mächtiger Drachenreiter sein, doch das sind die Marcaiche auch."
Er schüttelte den Kopf und suchte meinen Blick erneut.
„Das habe ich nicht gemeint. Ich rede von unserer inneren Stärke. Wir denken selbst, wir laufen nicht den festgesetzten Lehren hinterher. Wir wagen es, sie zu hinterfragen. Und die Menschen fürchten nunmal alles, was sie nicht kennen. Uns und unsere Art tu Handeln kennen sie nicht. Deswegen haben sie Angst vor dir und werden dich immer fürchten."
Ich senkte den Blick.
„Ich wünschte ich könnte ihnen erklären, dass ich das nicht für mich oder irgend eine Machtposition tue. Sondern für die Menschen, denen niemand anders hilft als du und ich."
„Das glaube ich dir sogar. Aber das wird nichts bringen. Ich habe es auch versucht. Also hör auf, dich anpassen zu wollen und geniesse, dass du besonders bist."
Er grinste mir aufmunternd zu und ich war erstaunt darüber, dass Ace auch nett sein konnte.
„Danke."
Murmelte ich und dann schwiegen wir eine Weile.
Ich musste die Worte erstmals sacken lassen.
Dann nickte ich langsam und deutete mit dem Kinn gegen Norden. „Ich weiss wo wir hin können. In mein altes Dorf. Dort kennen mich die Menschen. Und fürchten mich hoffentlich nicht."
Meinte ich und Ace nickte.
„Na gut, dann auf."

Es war ein seltsames Gefühl, die Häuser mit Dächern aus Stroh und Lehm von oben herab zu sehen. Aber die schmalen Wege die an Hühnerställen und Schweinegehegen vorbei führten, kannte ich noch in und auswendig. Die vielen abgebrannten Häuser standen noch immer da, das Gras an den verbrannten Stellen war nicht mehr nachgewachsen. Die Häuser waren nicht wieder aufgebaut worden.
Als die Schatten unserer Drachen über das Gras glitten, rannten die Bewohner aus ihren Häusern, erschrocken und in wildem Aufruhr. Sie sprangen aus ihren Häusern in Richtung Wald, um Schutz zu suchen, während Dorcha langsam die Flügel ausbreitete und die langen Beine ausstreckte.
Dann kam er auf dem Boden aug und ein Rütteln ging durch meinen Körper und den gesamten Erdboden.
Er legte die Flügel an und stützte sich nun auch auf die vorderen Beine, während er den grossen Kopf hin und her bewegte und die vor Angst zitternden Dorfbewohner aufmerksam beobachtete.
„Das...ist doch Quinn!"
Ertönten dann die ersten Rufe, als sie mich zu erkennen begannen.
Ace hob eine Braue, tat es mir aber gleich, als ich mich von Dorcha hinab gleiten liess und mich jetzt aug derselben Höhe befand wie dir anderen. Ich trug meine Lederkluft und sah damit anders as als die Marcaiche die sie kannten. Aber ich erkannte, dass sie keine Furcht mehr vor mir empfanden. Sie wussten dass ich beim letzten Angriff für sie gekämpft hatte.
„Wieso bist du zurück gekommen? Du hast die Marcaiche doch verlassen?"
Erhob eine Frau ihre Stimme nach kurzem Zögern.
„Das ist richtig. Und ich komme direkt aus Varkan."
Erschrockenes Geraune hing durch die Dorfbewohner, die schmutzige Kleidung anhatten. Es war wohl Zeit Pflanzen zu setzen, das hatte ich früher auch immer gerne getan.
„Und Varkan ist nicht mehr so wie früher, es Leben dort Bauern und Schmiede, die nichts als ein friedliches Leben wollen. Es gibt nur noch zwei Drachen und zwei Reiter dort. Ace", ich deutete auf den grossgewachsenen Jungen. „Ist einer davon. Wir haben Hinweise erhalten, dass Krimur sich irgendwo im Drachental versteckt hält."
Die Frau mit dem grau melierten Haar und der Erde im Gesicht trat vor.
„Wieso sollte er das tun? Deswegen bist du zurück gekommen? Woher sollen wir wissen dass du nicht lügst?"
„Weil sie die Erbin der Drachen ist. Sie ist mächtiger als ihr es euch vorstellen könnt. Sie hat es nicht nötig, zu lügen."
Merkte Ace grinsend an. Hilfreich wie immer.
„Achja. Das letzte Mal als wir von ihr gehört haben, war sie nicht imstande auch nur einen Zauber zu wirken. Hat sich das geändert?"
„Sie will verdammt nochmal nur dass ihr uns hier unterbringt damit wir Krimur, den grössten und grausamsten Diktator aller Zeiten finden können. Und ihr wollt Beweise?"
Ace bleckte die Zähne. Sowas wie Geduld oder Taktgefühl zeigte er nicht.
„Sie könnte euch alle mit einem Wischen ihrer Hand den Gar aus machen, kapiert ihr das nicht?"
Knurrte er und machte einen Schritt nach vorne.
Sofort traten Verängstigung und Verunsicherung in die Gesichter der Dorfbewohner. Das war nicht das, was ich hatte erreichen wollen.
„Ace stop. Sie dürfen durchaus einen Beweis für das erwarten, was sie gehört haben." Redete ich mit ruhiger Stimme, um die verunsicherten Dorfbewohner nicht noch mehr durcheinander zu bringen. Es war vollkommen logisch, dass sie mir nicht vertrauten. So wie ich jetzt aussah und wie gross und bedrohlich mein Drache war. "Was wollt ihr denn als Beweis haben?" Ein junger Burst, nicht älter als 12 trat hervor. Seine Mutter versuchte noch, ihn wieder zu sich zurück zu ziehen, doch mein Blick hatte ihn schon erfasst. "Ich hätte da eine Idee." Meinte er leise und blickte mich aber mutig an. "Dann sprich", wies ich ihn an und wartete gespannt darauf, was ihm wohl eingefallen war. Ich hatte meine Fähigkeiten kennen gelernt und ich war auch selbstsicherer geworden. Schliesslich hatte ich von Varkan und Ace eine menge gelernt. Und die Tatsache das sich ohne diese lästigen Zaubersprüche zaubern konnte, machte es um einiges leichter. Dann musste ich nicht all diese Sprüche auswendig lernen, sondern konnte mir das Ziel meines Zaubers einfach vor meinem inneren Auge vorstellen. "Wir warten seit Tagen auf regen, damit unsere Felder zu wachsen beginnen. Aber er kommt nicht. Hol uns den Regen her." Sagte er und reckte dabei das Kinn, während ich einen Schritt auf ihn zu machte. Ich war es mir nicht gewohnt, mit so viel Ehrfurcht angesehen zu werden, bei jeder Bewegung ich machte. Aber so ungern ich es auch zugab, es gefiel mir. es war mal eine schöne Abwechslung zu all der Herablassung, mit der mir im Berg der Drachen begegnet worden war. "das...hat er nicht ernst gemeint. Verzeiht ihm, er ist nur ein törichter Junge." Sagte seine Mutter mit gesenktem Blick und zerrte ihren Sohn wieder zurück zu sich. Schützend hinter eine mauer von anderen Einwohnern des Dorfes. Ich schüttelte den Kopf und bemühte mich um ein freundliches Lächeln. "Nein, ganz und gar nicht. das ist eine gute und mutige Idee." Meinte ich nachdenklich und drehte mich zu den weitläufigen Feldern um, die sich am Waldrand entlang erstreckten. Sofort wurde Getuschel hinter meinem Rücken laut. Die Leute glaubten wohl nicht, dass ich wirklich dazu imstande war. Doch das war ich sehr wohl. Ich fühle mich so stark und aufgeladen wie nie zuvor. Die Magie floss in meinen Adern und schien sich in jeder Zelle meines Körpers niedergelassen zu haben. Ich wusste einfach, dass ich es konnte. "Quinn, bist du dir sicher? das Herbeirufen einer solchen Naturgewalt ist ziemlich schwer. Sicher dass du nicht lieber..." "Nein." Unterbrach ich Ace entschieden, der mich von er Seite her zweifelnd betrachtete. Er zweifelte noch an mir, aber ich hatte nicht die geringsten Bedenken, dass ich es nicht hinkriegen würde. Ich atmete tief ein und hob die Arme in die Richtung des Himmels. Dann richtete ich den Blick direkt auf das tiefe Blau. Keine Wolke war am Himmel zu sehen, nur die Sonne strahlte heiss auf mich nieder. Dann liess ich der Magie freien Lauf, liess sie die Kontrolle in meinem Körper übernehmen und schickte sie raus, raus in den Himmel um meinen Willen zu verrichten. Und es dauerte keine Minute, bis sich leichte Wolkenfetzen am Himmel bildeten, wie aus dem Nichts. Hell und unschuldig, doch dann wurden es immer mehr von ihnen. Und langsam schlossen sie sich zusammen zu einer grauen Wolke, die immer dunkler wurde und schwerer. Dann begann sich der Himmel zu verdunkeln und die Sonne verschwand hinter einer wand aus dichten Wolken, die dem Himmel jegliches Blau raubten. Ich war selber erstaunt und absolut beeindruckt davon, was ich da gerade tat. Es fühlte sich so gut an, so einfach. Meine Augen glitzerten vor Freude, als es Donnerte und dann die ersten, schweren Regentropfen hinab auf die Erde fielen. Bald wurden es mehr und sie prasselten in Strömen auf uns hinab, sodass sie meine Kleidung und mein Haar durchnässten. Ich hatte die Arme noch immer augestreckt und lachte herzhaft, während die Dorfbewohner langsam und ungläubig aus ihrer Deckung hervor kamen. "Sie...hat es tatsächlich geschafft", oder "das ist doch ein Wunder", wurde genuschelt und verschaffte mir eine gewisse Genugtuung. "Nicht schlecht", meinte Ace nur, der wieder lautlos neben mir aufgetaucht war. Dorcha schüttelte unwillig seinen grossen Körper und trottete auf die Bäume zu, die aber alle nicht viel höher gewachsen waren als er, was ihn sehr deprimierte, da er jetzt keinen Schutz vor dem regen fand, der ihn so nervte. "Ich danke euch. Ihr habt wahrlich bewiesen, wer ihr seid. Eure Tante wäre sehr stolz auf euch gewesen", meinte die ältere Frau und legte mir eine Hand auf die Schulter. Die Menschen, die noch zuvor im regen getanzt hatten und sich gegenseitig mit Matsch beschmissen hatten, unbekümmert vor sich hin gelacht hatten, wurden jetzt wieder leiser. "Ich denke ich spreche für das ganze Dorf wenn ich sage, dass wir euch gerne helfen. sagt uns bloss wie." Ich nickte erleichtert und blickte zu Ace hinüber. Er trat vor. "Wir suchen nach einem älteren Mann, vielleicht sogar einem greis. Einen, den ihr nicht schon kennt seit ihr ein Kind wart, einer der ab und zu merkwürdige Dinge tun, die ihm vielleicht den Alltag erleichtern. Wenn euch so einer auffällt, dann meldet uns das. Und bitte informiert bei eueren Handelsmärkten auch die Menschen aus anderen Dörfern, er könnte sich überall aufhalten", erklärte er mit lauter Stimme dem kleinen Zirkel an Leuten, die uns aufmerksam zuhörte. "Aber hätte er dann nicht einen Drachen bei sich?" Fragte jemand. "Das wissen wir nicht, ich wüsste nicht, wie er einen Drachen hier vor aller Augen verstecken könnte, aber es ist möglich." "Ist er aber5 dann nicht gefährlich?" Betretene Stille unter den Menschen vor mir. Ich runzelte die Stirn. Ich vergass, wie es war, absolut wehrlos gegenüber denen zu sein, die mit Magie gesegnet waren. "Natürlich ist er gefährlich. Aber wir beschützen euch. Wir sind zu zweit und wir sind stark, wie ihr vielleicht gerade eben gesehen habt. Solange ihr uns helft, müsst ihr ihn nicht fürchten." Ich blickte Ace erstaunt an, so freundlich hatte ich ihn lange nicht reden hören. Er war ja bekanntlich eher der schroffere Typ. "Wieso sind denn die Marcaiche nicht hier?" meldete sich der Junge von vorhin. Ich spielte mit meinen Finger und seufzte. "Die Marcaiche haben meinem Bericht nicht geglaubt. Sie glauben nicht, dass sich Krimur hier versteckt und sie wollen ihn auch nicht suchen." berichtete ich ehrlich. "Aber wenn nur die geringste Möglichkeit besteht, dass er doch irgendwo im Drachental ist, wieso beschützen sie uns nicht?" Zweifelnd blickte der Junge zu mir. Ich öffnete den Mund, ohne zu wissen, was sich darauf erwidern sollte. Ich verstand Caspar ja selbst nicht. Aber ich konnte ihnen auch nicht sagen, dass ich einem ihrer Beschützer das halbe Gesicht weg gebrannt hatte und wir uns ohne Erlaubnis der Marcaiche im Drachental aufhielten. "Ganz einfach. Weil sie feige geworden sind und schwach. Sie wollen sich lieber in ihrem Berg verstecken, als euch zu schützen." Spöttisch spuckte Ace auf den Boden. Unrecht hatte er meiner Meinung nah ja nicht, trotzdem hielt ich den Mund. Es waren harte Worte, die er fand und sie bestürzten die Dorfbewohner sehr. "Deswegen sind wir hier. Um den Job zu machen, den eure tollen Marcaiche nicht hinbekommen." Ace zuckte mit en Schultern. Er nahm kein Blatt vor den Mund, niemals. Das hatte er gerade wieder bewiesen. "es eicht jetzt." Meinte ich und stiess ihn mit dem Ellbogen an. "Wieso es ist ja die Wahrheit", meinte er und blickte mir verständnislos in die Augen. Ich seufzte. "Trotzdem. ich denke du hast sie für heute genug verunsichert."

Stolen Secrets: Erbin der Drachen *beendet*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt