18 -Die Toten im Flammenmeer

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Ich schritt zurück zu Dorcha, der unterdessen an dem anderen Drachen schnupperte. Ich kniff die Augen zusammen. Dorcha liess mich wissen, was ihm der andere Drache sagte. Keine Ahnung wie Drachen miteinander kommunizierten, aber sie taten es.
Der Drache, Adira war ihr Name, hatte Dorcha gesagt dass dieser Tote Mann unter ihrem Körper nicht ihr wahrer Reiter gewesen war. Sie hatten sie gezwungen, ihn zu akzeptieren, hatten ihr Ei zerbrochen sodass sie gezwungen war, zu schlüpfen.
Ich nickte verstehend.
Deshalb hatte sie auch sich selbst Geschützt und nicht ihren Reitern, bei ihrem Absturz.
Dorcha hätte nur daran gedacht, mir zu helfen. Doch da es nicht ihr Reiter war, verspürte sie auch keine Bindung zu ihm. Und hatte ihn sterben lassen.
Sie hatte ihren Reiter noch nicht gefunden, aber sie wollte Leben, das zeigte mir Dorcha deutlich.
Ich strich mir fahrig durch die Haare und betrachtete die Wunde am Hals.
Die konnte tödlich enden, dir Kratzer an ihrem Bauch nicht.
Keine Ahnung wieso ich diesen Drachen nicht sterben lassen wollte. Vielleicht weil sie nichts dafür konnte, wozu sie gezwungen worden war. Weil sie nur als Instrument missbraucht wurde. Was konnte ich ihr also schon vorwerfen. Ich stellte mich direkt neben ihren grossen, schweren Kopf, den sie müde auf dem schlammigen Untergrund hingelegt hatte. Das strahlende Rot wirkte trübe, vor lauter Dreck, der sie und die Rüstung bedeckte. "Ich heisse Quinn. Und ich würde dir gerne helfen, wenn du mich lässt, Adira." Sagte ich ernst und blickte in ihr grosses AUge, dass mich aufmerksam betrachtete. Ein schwaches Schnauben kam aus ihren grossen Nüstern und ich sah fragend zu Dorcha. Er teilte mir mit dass sie schon wusste, oder besser gesagt, spürte, wer ich war. Und dass sie der Erbin der Drachen lieber folgte, als so einem brutalen Mann. Selbst wenn sie ihren Reiter noch nicht gefunden hatte. Ich war etwas überwältigt. Ich hatte davon gesprochen, sie zu heilen. Nicht, sie mitzunehmen. Was sollte ich mit zwei Drachen? Ich war nur die Reiterin von einem Davon, stand es mir dann zu, Adira einfach mitzunehmen? Sie wer froh, nicht alleine bleiben zu müssen. Und ich sei die Erbin, sie fühlte sich automatisch wohl bei mir. Ich schluckte. Das hatten die Drachen im Berg der Drachen ganz anders gesehen. Vielleicht hatten sie aber auch bloss Angst vor Dorcha, weil sie gespürt hatten, dass er um den Berg herum geschlichen war. Ich trat näher an ihren langen, geschwungenen Hals. Er reichte mir beinahe bis zu den Schultern, so breit war er. Ich betrachtete die Stelle, an der Dorcha sie verletzt hatte. Es tat ihm nicht leid, aber er war auch nicht wütend auf sie. Merkwürdig, wie Drachen zu fühlen pflegten. Ich betrachtete die verletzte Stelle. Dier Schuppen waren teilweise ganz abgerissen, oder von den starken Zehnen zerbrochen. Aus der zickzackförmigen Wunde trat immer wieder ein Schwall Blut aus, dann bebte der Hals. "Okay. Ich kann das, ich habe s gelernt." Murmelte ich ,als würde ich mich selbst ermutigen müssen.
Dann hob ich meine Hände, nebeneinander haltend, über die Wunde und konzentrierte mich.
Ich stellte mir vor meinem Inneren Auge vor, wie meine Energie die verletzte Haut heilte, das Gewebe darunter erneuerte und die Blutgefässe reparierte. Ich stellte mir vor wie die starken, schönen Schuppen über die Gesunde Haut wuchsen und wie Adira zu neuem Leben erstrahlte. Ich stellte mir es so bildlich fest, um den gedanken Festzuhalten.
Die Realität zu zwingen, sich nach meinem Willen zu verformen.
Als ich die Augen öffnete strahlte weissblau strahlende Energie auf die Wunde, sie schoss geradewegs aus meinen kribbelnden Handflächen und bedeckte die Wunde komplett. Adira war wie erstarrt, aus ihren Nüstern hörte ich nur noch leise, unterdrückte Schnaufer.
Ich spürte, wie mit der Magie auch meine Energie aus mir raus strömte. Ich begann zu schwitzen und schwerer zu atmen, dann wurden meine Beine müde, als wäre ich gerade durch einen ganzen Wald gerannt.
Als der Energiestrom versiegte, taumelte ich nach jinten und musste von Dorchas Schnauze aufgefangen und stabilisiert werden.
„Danke, mein grosser." murmelte ich und blinzelte einige Male, um nicht mehr so verschwommen zu sehen.
Als sich mein Blickfeld wieder geklärt hatte, erkannte ich zu meinem eigenen Erstaunen, dass die verletzte, völlig zerfleischte Stelle am Hals des roten Drachen, verschwunden war. Völlig geheilt. Freude machte sich in mir breit, vor allem dann als Adira den langen Hals schüttelte und mit einem röhren aufstand.
Sie war ein wenig kleiner als Dorcha, aber dennoch ein gut ausgewachsener Drache, der keinen dieser Mängel aufwies, die ich im Berg der Drachen erkannt hatte.
„Ich habs geschafft!" jubelte ich leise und klatschte mir in die Hände.
Adira schüttelte einmal ihren ganzen Körper, sodass die Rüstung daran kräftig schepperte. Dann senkte sie den grossen, Giftschlangen-förmigen Kopf auf meine Höhe und pustete mir einmal warme Luft ins Gesicht. Ich musste lächeln, als Dorcha mich wissen liess, dass sie sich so bedankte. Und dass sie mir helfen wollte, weil es sich einfach richtig anfühlte. Das war wohl ihr Instinkt, der dem Erben der Drachen automatisch vertraute. Eine gefährliche Macht, wenn man sie missbrauchte.
Das würde ich aber nicht tun. Niemals.
„Wir sollten jetzt wirklich verschwinden."
Murmelte ich besorgt mit einem Blick zum Himmel. Es war noch nichts zu sehen, dabei hatte ich schon mit Krimurs Drachenarmee gerechnet.
Dumme Idee, sich hier länger als nötig aufzuhalten.
Adira stellte sich mit schweren Schritten an meine Seite. Jetzt stand ich also da, zu beiden meiner Seiten ein Drache, der sich über mir erhob. Schwarz und Rot. Sicherer hätte man sich eigentlich nicht fühlen können.
Dann blinzelte ich verwirrt.
„Was zum..."
Flüsterte ich. Ich hatte zuvor nicht auf die mich umgebende Landschaft geachtet, weil ich viel zu sehr mit dem Toten Reiter und Adira beschäftigt gewesen war.
Jetzt aber, konnte ich auf dem kargen, aufgeweichten Boden einige nasse und nicht so strahlend grüne Büsche ausmachen. Und dahinter bewegte sich etwas.
„Komm raus! Sofort, wer du auch sein magst!"
Schrie ich und Dorcha senkte bereits knurrend den Kopf.
Eine Weile passierte nichts, dann kroch eine Frau hinter dem Gebüsch hervor, gefolgt von einem kleinen Jungen und einem älteren Mann.
„B...bitte eure Majestät, bitte tötet uns nicht."
Stotterte sie mit vor sich gestreckten Händen. In ihrem vernarbten und mit Dreck beschmutztem Gesicht, zeichnete sich eine panische Angst ab.
Ich starrte sie nur geschockt an.
Sie trug nichts als ein unförmiges Gewand aus einem braunen, Kartoffelsack ähnlichen Material. Ihre Arme waren überall aufgeschürft und ihre Beine so dünn wie Stecken. Sie waren alle völlig abgemagert. Sie trugen dasselbe und sahen aus, als würden sie beim
Kleinsten Windstoss in sich zusammenbrechen.
Der kleine Junge, er war höchstens 12 Jahre Alt, drückte sich an die Hüfte der Frau.
Er starrte mich mit grossen, verängstigten braunen Augen an. Sein Haar war voller Schlamm und klebte ihm verfilzt am Kopf.
„Was...wer hat euch das angetan?"
Fragte ich und beunruhigt blickten sie sich um.
Dorcha antwortete an ihrer Stelle. Er erfuhr es von Adira. Ich konnte es kaum glauben.
So also sahen die Menschlichen Arbeitsklaven in Krimur aus. So also musste die Bevölkerung unter Krimurs Regime leben. Es gab tausende solcher Menschen. Sie schufen Waffen und Rüstungen und neue Burgen, solange bis sie tot umfielen. Viele von ihnen waren aus Darfan, dem dritten und zerstörten Reich, verschleppt worden. Das konnte doch nicht wahr sein
„Bitte...helft uns."
Flehte die Frau und ich schluckte.
„Es tut mir leid, ich muss hier schnell weg, ich kann euch nicht helfen. Ich bin alleine hier!"
Sie begann zu weinen, Tränen zogen helle spuren über ihre schmutzige Wange und sie liess sich auf die Knie fallen. Ich sah die Verzweiflung auf ihrem Gesicht. „Bitte, bitte nehmt uns mit. Wir überleben das nicht..."
Ihre Stimme war schrill und es zerbrach mir das Herz, wie der Junge tapfer die Wange seiner Mutter streichelte und sie zu beruhigen versuchte.
Der alte Mann stand nur da, mit zitternden Beinen wie Espenholz.
Scheisse, was konnte ich nur tun?
Dorcha und Adira stampften unruhig auf den Boden, es waren wohl Drachen im Anflug. Aber sehen konnte ich noch keine Gestalt am Himmel über mir. Schwere Gewitterwolken hatten sich gebildet, und den Himmel beinahe schwarz gefärbt. Erste Regentropfen prasselten auf die Erde nieder und liessen meine Füsse tiefer im Schlamm versinken.
„Bitte, ich flehe euch an, nehmt wenigstens meinen Sohn mit! Rettet meinen Sohn!"
Die Frau war auf mich zu gekrochen, sie vergass in ihrer Verzweiflung selbst die Angst vor meinen Drachen, die neben mir standen. Sie versuchte, mein Bein fest zu halten und wand sich auf dem Boden, als würde ihr Leben davon abhängen.
„Rette mein Kind. Gib ihm ein Leben, dass er verdient hat. Ich flehe euch an."
Flüsterte sie und sah mir dabei direkt in die Augen.jedes Haar auf meiner Haut stellte sich auf. Es war die Liebe einer Mutter, die alles tin würde, um ihr Kind zu beschützen.
Ich schluckte und nickte dann. „Okay. Ich werde ihm helfen und ihn nach Varkan bringen. Ich werde ihn beschützen."
Meinte ich und Dankbarkeit und Trauer trat in ihre verweinten Augen.
„Misha, komm her, komm her mein Junge."
Meinte sie und winkte ihn mit ihrer knochigen Hand herbei.
Der Junge rannte durch den Schlamm auf sie zu. Der alte Mann war verschwunden, zurück ins Dorf gehinkt wahrscheinlich.
„Mama ich will nicht weg von dir..."
Meinte er und wischte sich über die nassen Augen.
Sie schüttelt nur den Kopf und bedeckte seine Wange mir küssen.
„Du musst, Misha. Ich liebe dich so sehr mein Junge. Ich liebe dich, das darfst du nie vergessen. Aber du musst mit der Drachenreiterin mit! Sie gibt dir ein neues Leben, wo du Essen und Kleidung hast. Und wo du einen Beruf lernen kannst, ist das nicht toll?"
Sie lächelte gequält, doch es war der Blick einer Mutter, die gerade ihr Kind verlor. Auf die ein oder andere Weise. Es war ein schrecklicher Anblick, wie der Junge da stand, seine Mutter zum letzten Mal umarmte. Zu sehen wie sie sich ihr eigenes Herz brach, um ihrem Sohn das Leben zu retten.
Ich bewunderte das.
Und ich wollte sie auch mitnehmen.
Da ertönte vom Himmel ein lautes Brüllen. Als wären sie darauf abgerichtet, zuckten die beiden zusammen und zogen die Köpfe ein.
Ich blickte gegen Himmel und erkannte fünf Drachen, die in Formation schnell näher kamen.
„Verflucht."
Murmelte ich und blickte zu Dorcha.
„Wir müssen gehen, jetzt sofort!"
Sagte ich zu der Frau und sie nickte schluckend.
„Ich danke dir..."
„Quinn."
„Ich danke dir Quinn. Bitte beschütze ihn, er ist alles was ich je hatte."
Ich unterdrückte die Tränen und nickte.
„Ich verspreche es."
Flüsterte ich und sie schob ihren Jungen zu mir hinüber, der mit traurigen Blicken zu mir hoch linste.
Ohne Worte hob ich ihn hoch und halt ihm, mit seinen zitternden Beinen und Armen an Dorcha hoch zu klettern, der missmutig ausschnaufte. Er mochte das gar nicht. Doch nur weil mein Drache diese Menschlichkeit nicht verstand, hiess es nicht, dass ich es nicht tat.
Der kleine Junge setzte sich in den Sattel und blickte zu seiner Mutter, deren Gesicht von Leid und gleichzeitig auch Glück zerfressen war.
Ich folgte ihm, und schwang mich hinter ihm in den Sattel.
„Halt dich fest, Misha." Meinte ich und Dorcha setzte sich mit einigen Schritten in Bewegung. Mit vor schreck starren Gliedern sass der Junge da, und ich musste ihn festhalten, damit er nicht wie ein Stein vom grossen Drachen fiel.
Adira schwang sich in die Luft und Dorcha begann ebenfalls mit sen Flügeln zu schlagen.
Wir hoben vom Boden ab und stiegen immer weiter Rauf, als ich plötzlich etwas am Boden erblickte.
Eine Horde Menschen, die von weit her auf uns zu rannten. Alles Arbeitssklaven, alle schmutzig und verzweifelt. Sie winkten, schrien um Hilfe.
Ich war wie gelähmt. Es war eine riesige Masse an panischen Leuten, und ich war ihr einziger Weg raus. Ich war das Leben, dem sie hinterherjagten. Doch ich konnte sie nicht alle retten.
Die Hilferufe klangen in meinen Ohren und zerschnitten sie wie Scherben.
Ich sah zu den Reitern, die bereits gefährlich nahe waren.
„Scheisse."
Fluchte ich und gab Dorcha den Befehl.
Er drehte ab und Adira tat es ihm gleich, mit ausgestreckten Flügeln segelten sie tief über den Köpfen der Menschen hinweg, die Hilfesuchend ihre Arme in die Luft streckten.
„Jetzt! Nehmt so viele ihr könnt!"
Schrie ich gegen den Wind an und die beiden Drachen streckten ihre scharfen Klauen aus.
Wie Rasenmäher zogen sie sich durch die Menge, und schnappten sich dutzende von Menschen, bevor sich die klauen schlossen.
Ich wusste nicht, wen sie durch die Luft trugen, aber es waren alles Menschen, die zwischen den Klauen hinaus hingen und jetzt weit über dem Boden schwebten.
Dann drehten wir erneut ab, auch wenn es mir das Herz zerbrach, so viele Menschen zurück zu lassen.
Ich konnte die Geretteten in den Klauen der beiden grossen Drachen rufen hören, doch die grösste Menge hatten wir zurück gelassen.
Die Reiter waren unterdessen beinahe bei uns.
„Schnell, wir müssen über die Grenze!"
Rief ich in Gedanken und mit meiner Stimme.
Mit einem Ruck schoss Dorcha vor, Adira setzte ihm nach und ich duckte mich über Misha, um ihn etwas von dem beissenden Wind und den schweren Regentropfen abzuschirmen.
Wie der Blitz schossen die beiden Drachen mit Kräftigen Flügelschlägen und zwei Dutzend Menschen in ihren Klauen über die Grenze.
Dort hielten sie abrupt und drehten sich zur Seite. Dorcha flog auf der Stelle, sank mit jedem Flügelschlag auf und ab, während ich durch sie Grenze auf die andere Seite blickte.
Die Reiter und Drachen schrien vor Wut, das Gebrüll war ohrenbetäubend.
Sie hielten knapp vor der Grenze an, der vorderste von ihnen blickte zu mir, durch seinen Helm hindurch. Ich erwiderte den Blick. Kurz geschah nichts, wir auf dieser Seite und die fünf Drachenreiter auf der anderen Seite.
Dann erklang ein greller Pfiff und ich dachte schon, dass sie mich jetzt angreifen würden.
Doch sie taten etwas viel schlimmeres. Etwas von dem sie wohl wussten, dass es tausend mal schlimmer war.
Sie drehten langsam ab, flogen in einer geraden Reihe langsam nebeneinander her, und liessen sich immer tiefer sinken.
Meine Augen weiteten sich, als ich kapierte, was sie im Begriff waren zu tun.
„Schau weg," machte ich nur und versuchte, Mishas Kopf zur Seite zu drehen. Doch er drückte meinen Arm mit erstaunlicher Kraft weg.
Dann öffneten die feindlichen Drachen das Maul. Die Menschen erkannten ihr Vorhaben, stoben auseinander und rannten sich gegenseitig um, im Versuch zu entkommen. Doch wi sollten sie riesigen Ungetümen mit Flügeln schon entkommen. Flammen stoben durch die Luft und ergossen sich wie ein Wasserfall über die Menschen. Sie wurden reihenweise verschluckt von den Flammen, die so laut loderten, dass sie beinahe die Schreie der sterbenden Menschen übertönten. Aber nur beinahe.
Wie gelähmt sass ich da und starrte das Flammenmeer an, und beobachtete, wie die Menschen darin ertranken. Und nichts mehr von Ihnen übrig blieb.
Mir war klar was das für eine Botschaft war. Das war die Konsequenz für mein Handeln, die Strafe dafür, dass ich mir ihre Arbeiter geholt hatte. Sie würden sie also eher töten, als mir zu überlassen. Klare Botschaft.
Ich zitterte leicht, auch wenn wir mehrere Hundert Meter entfernt waren, konnte ich es noch immer sehen. Und riechen. Mir drehte sich beinahe der Magen um und ich sah wieder meine Tante vor mir.
Ihren toten, angekohlten Körper.
Dann erst bemerkte ich das weinende Kind vor mir.
Misha zitterte am ganzen Körper und Wand sich, als hätte er Schmerzen. Tränen liefen ihm über die Wangen und die Hände hatte er ausgestreckt. Als wolle er jeden Moment vom Drachen runter springen.
„Mama! Mama! Nein!"
Schrie er und der Schmerz in seiner jungen, unschuldigen Stimme brachte mich fast um.
Ich schlang beide Arme um ihn und drückte ihn fest an mich. Er schrie und schlug um sich, traf mich an der Schulter. Doch er war so schwach, dass es nicht mal weh tat.
„Ich passe auf dich auf, Misha. Deine Mama liebt dich sehr. Aber sie ist eingeschlafen, verstehst du? Weil sie so müde war. Du musst sie jetzt schlafen lassen, okay?"
Fragte ich und beherrschte mich, dem Jungen in die Augen zu sehen, ohne selbst los zu heulen.
Er blickte mich nur aus roten Augen an, seine Augen wirkten als wären sie zerbrochen und zersplittert wie eine Glasscheibe. Gebrochen.
„Ich will zu Mama..."
Ich strich ihm den Matsch von der Wange und versuchte ein beruhigendes, warmes Lächeln.
„Deine Mama wollte dass es dir besser geht als dort, wo ihr wart. Sie is jetzt auch an einem besseren Ort. Noch viel schöner als dort, wo ich dich hinbringe."
Er schluckte und blinzelte zweimal.
„Ja? Hat sie dort auch genug essen?"
Meine Unterlippe zitterte und ich atmete tief ein, um die Kontrolle zu behalten.
Dorcha und Adira hatten sich unterdessen abgewandt flogen langsam, unter der schweren Last der geretteten Menschen, in Richtung Varkan Stadt zurück.
„Ja Misha, dort hat sie so viel essen wie sie Will."
„Und Kleidung? Und ein Bett?"
Ich nickte und kniff mir in die Handfläche.
„Oh ja. Sie hat mir gesagt dass sie sich darauf freue."
Er schniefte.
„Wieso hat sie mich denn nicht mitgenommen?"
Ich lächelte traurig.
„Weil sie müde ist, und dort wo sie ist kann man sich ausruhen. Und faulenzen. Aber du, du musst noch die ganze Welt entdecken. Vielleicht Ritter werden."
Er nickte nur und dann kuschelte er sich einfach, zusammengekauert wie ein Paket, an mich heran und vergrub den Kopf an meiner Bluse.
Ich blickte hinunter auf den schlotternden, kleinen Jungen und eine Träne löste sich aus meinem Augenwinkel. Scheisse.

Als Dorcha und Adira neben der Stadt, auf einem der Weiten Felder landeten une die Menschen aus ihrem Griff befreiten, herrschte zuerst Unsicherheit.
Die Bevölkerung wusste nicht, wie sie wegen dem neuen Drachen reagieren sollten und erst recht nicht, was mit den halb verhungerten und völlig entkräfteten Menschen zu tun war. Erst als Ace und Varkan sich dazu gesellt hatten, und beschlossen die Menschen bei sich aufzunehmen, kam Schwung in die Masse. Suppe wurde verteilt und viele warme Decken, und Wassereimer um sich zu waschen. Viele Menschen kannten sich dazu bereit, einige der Flüchtlinge bei sich aufzunehmen, und Varkan sicherte finanzielle Unterstützung für diese Haushälte zu. Es klappte alles reibungslos. Ich staunte, wie hilfsbereit das Volk war und wie sie die Menschen behandelten, als wären sie eine Familie.
Ich hatte Varkan eine Erklärung geschuldet, wieso ich den roten Drachen hierher gebracht hatte, doch es war kein Problem gewesen, sie hier zu behalten. Denn schliesslich waren es dank ihr nun schon vier Drachen, die Varkan beschützen konnten. Ich bekam bloss Ärger dafür, dass ich ohne Erlaubnis die Grenze überquert hatte. Obwohl mich Ace ja davon abhalten wollte, wie er betonte. Doch es war mir ziemlich egal. Ich schilderte, was mit den Arbeitsklaven passiert war. Wie grausam diese Diktatur war und wie wir doch mehr von ihnen befreien könnten, doch ich stiess auf Stein. Niemand von ihnen wollte auf mich hören. Zu gefährlich, sich tiefer nach Krimur hinein zu wagen.
Schlussendlich liessen sie mich wütend zurück, Misha neben mir, der sich noch immer an mein Bein klammerte und sich von mir nicht weg bewegt hatte.
Ich seufzte. Ich hatte keine Lust darauf, Baby zu Sitten, aber ich hatte seiner Mutter ein besseres Leben für ihn versprochen. Und das würde ich auch halten.

Stolen Secrets: Erbin der Drachen *beendet*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt