Kapitel 1

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„Ich hasse dieses Leben", zische ich und werfe die Tür meiner Wohnung ins Schloss.
Wütend reiße ich mir meine Uniform vom Leib und schmeiße sie in die Ecke - wo sie auch hingehört.
Ich hasse dieses Leben. Ich hasse diesen Job.

Angestellte in einem Supermarkt. Zehn Stunden arbeiten, mit einer Pause, nur damit ich geradeso meine Miete bezahlen kann.

Mit verschmierten Make-Up krame ich nach einer Schüssel und nach den Cornflakes aus dem Hängeschrank.

Orangensaft aufwischen, einem Kind bei der Suche nach seiner Mutter helfen, fünfzig Coupons bei einem Einkauf einlösen, Kunden zuhören und nicht frech antworten können — ich kann das alles nicht mehr. Ich werde bald jemanden eine reinhauen.

Mein Handy blinkt auf und ich nehme meinen Blick vom Fernseher.

Erinnerung:
Denk daran zeitig ins Bett zu gehen.
Arbeit morgen: 6:00 Uhr!

Ich lege mein Handy wieder auf den Tisch und schaue auf die große Küchenuhr.
00:56 Uhr zeigt sie und ich lege meinen Kopf genervt in den Nacken. Selbst wenn ich jetzt ins Bett gehe würde, wäre ich bis drei Uhr noch nicht eingeschlafen. Ich hasse es.
Nicht ein bisschen von meinen Leben kann ich haben. Ich habe keine Freizeit und somit auch kein Leben mehr. Mein Leben dreht sich nur noch um meinen schlecht bezahlten Job im Supermarkt am anderen Ende der Stadt. Um nichts anderes.

Genervt stelle ich die leere Schüssel in die Spüle, ziehe mir meine Uniform aus und schlurfe in mein kleines Badezimmer mit dem kalten Wasser.
Ein was gutes hat es, dass der Boiler kaputt ist - ich dusche nicht mehr so lange und habe somit geringere Ausgaben.
Mit rotem Gesicht und brennenden Körper öffne ich wieder die Tür vom Badezimmer und laufe über die Berge schmutziger Klamotten, die überall in der Wohnung herumliegen. Selbst fürs aufräumen oder putzen habe ich keine Zeit.
Am Wochenende arbeite ich von 06:00-21:00 Uhr und komme deswegen kaum zur Hausarbeit. Ich freue mich schon wenn ich geradeso was zu essen hinterbekomme, bevor ich erschöpft in mein Bett falle, um nur in weniger als sechs Stunden wieder aufzustehen.
Mein Blick schweift über meine Wohnung und über den Saustall, den ich hinterlassen habe.
Es ist alles so ... Scheiße.
Dieses neue Leben ist so ... Scheiße.
Mit einer Hand fische ich im Klamottenberg auf meiner Couch nach der Fernbedienung.

„Hiermit unterbrechen wir die Serie Violette Veilchen für eine wichtige Durchsage.
Der Gangster Argon Salvatore ist heute aus dem Hochsicherheitstracht ausgebrochen und befindet sich immer noch auf freiem Fuß.
Die Behörden sehen keine Gefahr, da sich das Gefängnis auf einer Insel befindet und er keine Fluchtmöglichkeiten besitzt.
Wir werden Sie natürlich weiterhin über die Umstände informieren.
Und nun wieder zurück zu Violetten Veilchen."

„Nein", lache ich und schaue auf den Bildschirm vor mir. „Nein", lache ich und werfe meinen Kopf in den Nacken.

„Nein!", schreie ich und werfe die Fernbedienung in den Fernseher. Das Glas zerspringt und breitet sich in meiner Wohnung aus.

OUR PAST WILL BE OUR DEATHWo Geschichten leben. Entdecke jetzt